Volker Schlöndorff über seinen Film „Rückkehr nach Montauk“


Erinnerungen an die Liebe

12.05.2017
Interview:  Matthias Greuling

Volker Schlöndorff: „In ,Rückkehr nach Montauk' steckt viel Perönliches“ © Filmladen

Volker Schlöndorff, 78, gehört zu den ganz Großen des deutschen Films. Nicht erst seit seinem Oscar für „Die Blechtrommel“ (1979, nach dem Roman von Günter Grass) gilt er als Meister der Literaturverfilmung. Sein neuestes Werk ist ebenfalls eine Adaption, wenngleich Schlöndorff diesmal auch seine eigene Vergangenheit mit hinein verwebt. „Rückkehr nach Montauk“ basiert auf Max Frischs „Montauk“, einer essayistisch erzählten Liebesgeschichte, in der es unter anderem um die Beziehung zwischen Frisch und seiner Literaten-Kollegin Ingeborg Bachmann geht. Schlöndorff füllt das Setting mit seiner eigenen Erinnerung an eine verflossene Liebe.


FilmClicks: Herr Schlöndorff, inwieweit ist „Rückkehr nach Montauk“ eine autobiografische Geschichte?
Volker Schlöndorff: In diesem Film steckt sehr viel Persönliches. Ich kam Mitte der 1980er Jahre nach New York, um mit Dustin Hoffman den „Tod eines Handlungsreisenden“ zu drehen, und ich habe mich dabei verliebt. So etwas passiert ja hin und wieder. Das war eine ganz tolle Frau, aber ich war zu dieser Zeit mit (der Regisseurin, Anm.) Margarethe von Trotta verheiratet. Soweit die Fakten. Das hat dazu geführt, dass wir uns nach langem Ach und Krach getrennt haben, aber es hat nicht dazu gereicht, mit der anderen zusammen zu leben. Dann steht man am Ende da und hat beide verloren. Ich hätte diese Geschichte in mir begraben gelassen, wenn ich nicht die Gelegenheit bekommen hätte, „Montauk“ von Max Frisch zu verfilmen. Ich war eigentlich der Meinung, dass das Buch unverfilmbar ist, das habe ich seinerzeit mit Frisch auch diskutiert, denn das sind Essays und Reflektionen. Und eine Geschichte über einen älteren Mann und eine junge Frau wollte ich sowieso nicht machen. Aber ich dachte, ich könnte ja eine eigene Geschichte schreiben, die sich an Frischs Motiven orientiert.

„Rückkehr nach Montauk“: Nina Hoss und Stellan Skarsgard auf Long Island © Filmladen

Wieviel ist von Max Frischs Vorlage übrig geblieben?
Der Drehort New York ist von Max Frisch übernommen, der ist ja mal hingezogen, genau wie ich. Ich bin dort hängengeblieben, weil ich diese Stadt so unglaublich toll fand. Wer Metropole sagt, denkt automatisch an New York. Das Hektische, all die Menschen, die Autos, die Hochhäuser. Montauk auf Long Island ist als Ort genau das Gegenteil von New York: Es ist flach, leer, es gibt nur einen Leuchtturm, keine Hochhäuser. Da ist die Stille und die Leere. Und es gibt dort ein faszinierendes Licht, das alle Maler anlockt – von Andy Warhol bis Julian Schnabel. Ich dachte zunächst, ich könnte Montauk auf Sylt nachstellen, aber es ist dann doch etwas anderes, ganz abgesehen vom Licht. Das hat mit dieser Amerika-Sehnsucht zu tun, die mich und meine Generation geprägt hat.
 
Es ist unüblich für Sie, eine literarische Vorlage mit eigenen Erlebnissen zu füllen. Wie skrupellos sind Sie dabei vorgegangen?
Sehr skrupellos! Denn ich wollte nicht einfach die Geschichte von Max Frisch und Ingeborg Bachmann erzählen. Der Nachlassverwalter von Max Frisch empfand mein Drehbuch als eigenständiges Werk, es gab also wenig Berührungspunkte. Aber natürlich haben wir Frisch den Film gewidmet.
 
In New York: Schlöndorff, Isi Laborde, Nina Hoss, Stellan Skarsgard © Filmladen

Der Film hat trotz seiner visuellen Eleganz etwas von einer Beiläufigkeit, er sieht sehr spontan aus. Lag das daran, dass Sie nur mit einem sehr kleinen Team gedreht haben?
Das mag sein, denn wir mussten aufgrund des knappen Budgets sehr wendig bleiben. Wir haben auch auf großes Aufsehen verzichtet. Wenn das Filmteam klein ist, nicht mehr als sieben, acht Leute, und man schnell genug arbeitet, dann ist man fertig, bevor es jemand mitbekommt. Es war ein bisschen wie zu Zeiten der Nouvelle Vague in Paris, da hat man auch einfach drauflos gedreht, ohne groß zu fragen, und der Kameramann saß in einem Rollstuhl und wurde für Fahrtaufnahmen einfach geschoben.
 
Weil Sie das Budget angesprochen haben: Einer Ihrer Geldgeber war Til Schweiger. Wie kam es dazu?
Ja, bei der Berlinale 2016 standen wir noch ohne vollständiges Budget da, es fehlten uns 400.000 Euro. Ich hatte das Budget schon stark eingedampft auf das allernötigste, nur 25 Drehtage veranschlagt, keiner bekam Gage, alle haben zugestimmt, und trotzdem fehlte das Geld noch. Wir wollten den für April geplanten Dreh bereits absagen. Da wollte es der Zufall, dass ich bei einem Abendessen neben Til Schweiger saß, und er mir sofort zusagte, das Geld aufzutreiben. Das war unglaublich. Til hätte das Geld auch in ein eigenes Projekt investieren können, aber er wählte meinen Film. Ob das ein gutes Investment war, weiß ich nicht (lacht).

Noch dazu, wo Schweiger ja ganz andere Filme dreht als Sie.
Ja, aber er ist ein besessener Filmemacher. Er schreibt und produziert und spielt und nachts schneidet er die Filme – alles, was geht, macht er selbst. Ein echter Besessener eben. Seine Filme sind viel erfolgreicher als meine, zum Beispiel bei den Besucherzahlen. Einige Finanziers, die nur halb so viel wie Til Schweiger gaben, meinten, sein Investment schade dem Ansehen des Films, aber darauf habe ich eine klare Antwort: Hättet ihr eben mehr Geld gegeben!



Kritik
Rückkehr nach Montauk
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