Dennis Gansel über seinen Film „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“


„Wir haben dem Roman vertraut"

30.03.2018
Interview:  Peter Beddies

Am Set: Regisseur Dennis Gansel (re.) mit Henning Baum (Lukas) und Solomon Gordon (Jim Knopf) © Warner Bros.

Im Grunde, verrät Regisseur Dennis Gansel, sei er gar kein besonderer Fan von Kinderfilmen. Doch mit „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ hat der Berliner nun einen der größten Kinderbuch-Bestseller der letzten Jahrzehnte ins Kino gebracht – so aufwendig produziert, dass das Budget auf 25 Millionen Euro kletterte. FilmClicks hat in Berlin mit Gansel („Die Welle“) über das Projekt „Jim Knopf“ gesprochen. 


FilmClicks: Herr Gansel, man sagt so schön: Gut Ding will Weile haben. Das trifft auf Ihre „Jim Knopf“-Verfilmung perfekt zu, oder?
Dennis Gansel: Auf jeden Fall. Ich habe mit diesem Projekt vor mehr als 15 Jahren angefangen.
 
Können Sie Sich noch genau erinnern, wie alles begann?
Naja, ich saß damals mit meinem WG-Mitbewohner, dem Produzenten Christian Becker, leicht frustriert am Küchentisch. Frustriert, weil wir nicht die Filme machen konnten, die wir machen wollten. Mir schwebte tolles deutsches Genrekino vor. Und wo landete ich mit meinem ersten Film „Das Phantom“? Bei Pro7. Und dann kam Christian Becker und sagte zu mir: „Lass uns doch ,Jim Knopf‘ machen!“ Meine erste Reaktion war: „Vergiss es. Drachen und andere Märchengestalten – das kauft uns doch keiner ab.“ Im Nachhinein muss ich übrigens sagen, dass es gut war, dass es so lange gedauert hat. Denn die Tricktechnik war damals, wir reden von 2001, noch nicht so weit wie heute. Da wäre der Film wahrscheinlich doppelt so teuer geworden.

Produzent Chrisitan Becker: Film-Idee am WG-Küchentisch © Warner

Dabei heißt es doch eh über Ihren „Jim Knopf“, das sei der teuerste deutsche Film aller Zeiten.
Damit muss man ein wenig vorsichtig umgehen. Es kommt immer darauf an, welche Filme man da mitzählt. Ist „Das Parfüm“ zum Beispiel ein deutscher Film oder nicht? Ich würde immer sagen, dass „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ einer der teuersten deutschen Filme ist. 25 Millionen Euro waren es am Ende. Was natürlich wirklich knackig für einen deutschen Film ist. Aber wir haben sehr viele Millionen in die Effekte und die Bauten gesteckt.
 
Statt viele Szenen vor einem Blue Screen oder Green Screen zu drehen, haben Sie in den Filmstudios von Babelsberg eine ganze Stadt erreichten lassen…
...ja, die chinesische Kaiserstadt. Wir wollten sie erst in Kapstadt, wo wir ja auch gedreht haben, bauen lassen. Zum Glück haben wir es nicht getan. Denn dort wäre nach dem Dreh alles zerhäckselt worden. So kann man sich die Kaiserstadt in Babelsberg anschauen. Was seit dem letzten Sommer wohl schon über 300.000 Menschen getan haben.

Publikums-Attraktion in Babelsberg: Die Kulisse der Kaiserstadt © Warner

Wenn man in Babelsberg dreht, spürt man dann noch den Hauch der legendären Filme, die dort in der Vergangenheit entstanden?
Also ich auf jeden Fall. Ich bin ja zum Beispiel ein Riesen-Fan von Fritz Lang. Was hat der gemacht? Die Doppelnull für den Spionagefilm erfunden. Und den Science Fiction. Wir Deutschen haben auch den Vampirfilm erfunden. Alles zum ersten Mal in Babelsberg gedreht. Und heute können wir Deutschen scheinbar nur noch Komödie. Warum eigentlich? Ich habe mich auf jeden Fall in Babelsberg sehr wohlgefühlt.
 
Wenn wir über „Jim Knopf“ sprechen: Was war bei Ihnen zuerst da – die Begeisterung für das Buch von Michael Ende oder die Version der Augsburger Puppenkiste?
Unser Produzent Christian Becker ist ein totaler Fan der Puppenkiste der allerersten Stunde. Während ich ein absoluter Fan des Hörspiels bin. Ich dachte immer, da hätte mal jemand aus der Geschichte von Michael Ende ein Hörspiel gemacht. Bis ich eines Tages mitbekam, dass das Michael Ende selber war. Er hatte aus seinem eigenen Buch ein Hörspiel gemacht.
 
Beim Film fällt auf,  dass Sie sehr dicht am Roman bleiben.
Das war uns total wichtig. Es gibt einige Lieblingsbücher von mir, da bin ich mit den Verfilmungen sehr unzufrieden. Und warum? Weil man versucht hat, etwas zu verbessern, was man nicht verbessern kann. Wir hatten auch zuerst mit der Idee gespielt, den Anfang anders zu machen. Es sollte eine Emma-Action-Sequenz geben. Aber dann haben wir gemerkt, dass das alles Quatsch ist. Wir haben dem Roman vertraut.
 
Wer den Film sieht, wird am Anfang etwas stutzen. Denn es kommt der goldene Schriftzug und die Kamera geht durch Wolken hindurch nach unten. Das sieht sehr nach den Anfängen bei „Harry Potter“ aus. Eine Referenz?
Ja, das würde ich auf jeden Fall sagen. Ich bin ja eigentlich kein Fan von Kinderfilmen. Ich war das früher, aber heute nicht mehr. Warum auch? Ich bin 44. Mein Kind ist noch zu klein, um das zu gucken. Aber „Harry Potter“ habe ich gelesen und auch die Filme gesehen und mir gesagt: „Okay, wenn das Kinderfilme sind, dann bin ich Fan von Kinderfilmen!“.
 
Es sind Filme, die das Publikum ernst nehmen.
Genau. Und Filme, bei denen mehr als eine Generation ihren Spaß hat. Da ist die „Harry Potter“-Reihe ganz weit vorn. Der dritte Teil ist der beste. Aber alle anderen sind auch top.
 
Wieso ist „Jim Knopf“ nicht – so  wie etwa „Die unendliche Geschichte – als internationale Produktion entstanden?
Also, den Gedanken hat es immer wieder mal gegeben. Wir hatten uns vor ein paar Jahren mal gesagt, dass wir einen internationalen Star brauchen. Da bin ich dann zu Shirley MacLaine geflogen und habe sie Frau Mahlzahn, den Drachen, sprechen lassen. Aber irgendwann wurde uns klar, dass dieser Stoff als deutscher Film umgesetzt werden muss. „Jim Knopf“ ist im Ausland auch nicht so bekannt wie zum Beispiel „Die unendliche Geschichte“.
 
Glauben Sie, dass Michael Ende der Film gefallen würde?
Das ist sehr schwer zu sagen.  Michael Ende ist mit den Verfilmungen seiner Bücher, besonders mit der „Unendlichen Geschichte“, sehr unzufrieden gewesen. Wir haben jetzt, wie schon erwähnt, nicht so viel an der Original-Vorlage geändert. Ich glaube schon, dass ihm dieser Film gefallen würde.

Premierenstimmung: „Ich kann mir einen weiteren Film vorstellen“ © Warner

Michael Ende schrieb in den Sechzigern nach dem Erfolg von „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ noch eine Fortsetzung, „Jim Knopf und die Wilde 13“. Wann wird daraus ein Film?
Wenn „Jim Knopf und Lukas“ ein Erfolg wird, dann könnte ich mir gut vorstellen, noch einen weiteren Film – also den über „Die wilde 13“ – zu machen. Wir haben auch schon über erste Drehbuch-Entwürfe gesprochen. Aber nun sollen die Menschen erst einmal Spaß an diesem Film haben.



Kritik
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