Der Leuchtturm

Was bleibt, wenn man sich selbst verliert


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„Der Leuchtturm“: Willem Dafoe und Robert Pattinson vor ihrem Arbeitsplatz © Universal
GESAMTEINDRUCK: Das Gruseldrama „Der Leuchtturm“ ist verstörendes, rauschhaft schönes und sich angenehm im Kopf verhakendes Kino.
 
DIE STORY: „Der Leuchtturm“ steht auf einer gottverlassenen kleinen Insel im US-Staat Maine. Zwei Männer tun hier Dienst. Der Seemann Thomas Wake (Willem Dafoe) bekommt in den 1880er Jahren Hilfe von Ephraim Winslow (Robert Pattinson). Der war bisher Holzfäller. Während Wake über das Leuchtfeuer wacht, muss Winslow niedere Arbeiten erledigen. Außerdem bekommt er Regeln auferlegt. So darf er unter keinen Umständen eine der lästigen Möwen töten. Als Winslow das dennoch tut und als er eine kleine Meerjungfrau-Figur findet, beginnt er sich zu verändern. Er hat ständig Visionen. Es scheint, als würde die Natur ihn vertreiben wollen. Oder hat sich Wake gegen ihn verschworen?

Willem Dafoe ist Thomas Wake, der Chef im Leuchtturm © Universal

DIE STARS: Zwei Männer allein auf einer Insel: Da muss man sich schon ordentlich was einfallen lassen, um seine Zuschauer nicht zu langweilen. Regisseur Robert Eggers inszeniert seine Stars Willem Defoe und Robert Pattinson als Entsprechungen der sie umgebenden rauen Landschaft.
Von Willem Dafoe kennt man das: Der kann toben und wüten, im nächsten Moment lammfromm sein. Man nimmt es ihm stets ab. Aber Robert Pattinson, der in der ersten Szene derart ausgemergelt und furchtbar ausseht, als käme er gerade von einem vierwöchigen Urlaub in einer Opium-Höhle, gibt hier eigentlich den Ton an. Zuerst scheu und kuschend, wird er immer stärker, bis er dominiert in diesem Kampf auf Leben und Tod. Hier sind zwei Männer da unterwegs, wo die wilden Kerle wohnen. Nur dass es überall grimmig aussieht, dass niemand Hoffnung hegt und dass selbst Phantasiebilder, die sonst gern von besseren Zeiten zeugen, den Tod versprechen.

Robert Pattinson ist Ephraim Winslow, der Newcomer © Universal

DIE KRITIK: „The Lighthouse“, so der Originaltitel, mag nicht der beste Film des Jahres sein, aber er ist der mit Abstand verstörendste. Regisseur Robert Eggers, schon für sein Debüt „The Witch“ gefeiert, liebt das gute, alte Gruselkino. Im Fall von „The Lighthouse“ natürlich in Schwarz-Weiß und nicht auf den billigen Effekt bedacht. Auch das Format überrascht und überzeugt. Denn Eggers hat in einem fast quadratischen Format gedreht. Das kennt man noch von alten Stummfilmen. Das gibt den Bildern von einer steinigen Insel ohne Bäume eine Enge, die man selten im Kino zu sehen bekommt.
Auf einer winzigen Insel im Nirgendwo sollen also einige Wochen lang Willem Dafoe und Robert Pattinson, die hier herrlich harmonieren, als Leuchtturmwärter Dienst tun. Dafoe spielt den alten herrschsüchtigen Seebären, der immerzu von früher erzählt, während draußen die Gischt meterhoch um den Turm tobt. Pattinson darf den jungen Spund geben, der aber nach und nach aufbegehrt. 
Als nach den vier Wochen ein Sturm aufzieht, müssen die beiden länger bleiben. Die Nahrung wird knapp. Dafür gibt es aber noch reichlich Schnaps. Die Männer zoffen sich, dann liegen sie sich wieder in den Armen. Aber der Jüngere versteht nicht, warum der Ältere nur allein auf den Turm darf. Und wieso versieht er seinen Dienst manchmal nackt? Sind da nicht eigenartige Wesen auf dem Turm zu sehen? Langsam schleicht sich der Wahnsinn in ihr Leben.
Für all jene, die den schnellen Schrecken suchen, ist dieser Film nicht das Richtige. Denn Eggers feiert hier seine Kinogötter. Die vor allem Andrej Tarkowski und Bela Tarr heißen. Das heißt, es wird in aller Ruhe ein Netz gesponnen. Der Horror deutet sich meist nur an. Und ist doch  allgegenwärtig.
Eine Auflösung des Schreckens gibt es auch. Aber eine in der Art, die man sich selbst im Kopf zurechtbasteln muss. „Der Leuchtturm“ ist ein Film über das, was noch bleibt, wenn man sich selbst verliert.
 
IDEAL FÜR: Alle, die gern Schrecken im Kino sehen, der sich langsam entfaltet.






Trailer
LÄNGE: 110 min
PRODUKTION: USA 2019
KINOSTART Ö: 28.11.2019
REGIE:  Robert Eggers
GENRE: Drama|Horror
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Willem Dafoe: Thomas Wake
Robert Pattinson: Ephraim Winslow