Der Honiggarten

Verbotene Liebe unterm Bienenstock


FilmClicks:
Liebe auf den ersten Blick: Lydia & Jean (Holliday Grainger & Anna Paquin) © Polyfilm
GESAMTEINDRUCK: „Der Honiggarten“ ist eine atmosphärisch-sinnliche Fünfziger-Jahre-Romanze, die mit zwei großartigen Hauptdarstellerinnen aufwartet, leider aber immer wieder über ihre Drehbuchschwächen stolpert.
 
DIE STORY: Eine Kleinstadt in Schottland, 1952: Lydia (Holliday Grainger) muss nach der Trennung von ihrem Mann den gemeinsamen Sohn Charlie (Gregor Selkirk) alleine durchbringen. Doch als dieser eines Tages in der örtlichen Arztpraxis landet, ändert sich ihr Leben schlagartig. Denn Lydia verliebt sich Hals über Kopf in die Hausärztin Jean Markham (Anna Paquin), die gleichzeitig auch - und das gefällt vor allem Charlie - begeisterte Bienenzüchterin ist. Die Gefühle zwischen den Frauen werden immer stärker, sehr zum Missfallen der konservativen Dorfgemeinschaft.
 
Lydia muss sich vor ihrem Ex Robert (Emun Elliott) in Acht nehmen © Polyfilm

DIE STARS: Das Hauptdarstellerduo hätte „Honiggarten“-Regisseurin Annabell Jankel nicht besser casten können: Es knistert auf den ersten Blick.
Holliday Grainger, die die rebellische Alleinerzieherin spielt, ist Britin und aus der TV-Historienserie „Die Borgias – Sex. Macht. Mord. Amen“ bekannt. Dazu war sie in „Bel Ami“ (2012), „Anna Karenina“ (2012) und „Jane Eyre (2011) zu sehen.
Ihre kanadisch-neuseeländische Filmfreundin ist keine geringere als die zweitjüngste Oscar-Preisträgerin aller Zeiten: Mit dem Drama „Das Piano“ sicherte sich Anna Paquin 1993 mit elf (!) Jahren die Auszeichnung als beste Nebendarstellerin. Später machte sie mit den „X-Men“-Filmen und der Vampirserie „True Blood“ Karriere.

Die Story wird aus der Sicht des kleinen Charlie (Gregor Selkirk) erzählt © Polyfilm

DIE KRITIK: In der Fabrik arbeiten, den Sohn umsorgen, bloß mit niemandem anecken: Im Leben von Lydia (Holliday Grainger) geht alles seinen vorhersehbaren Gang. Schlimm genug, dass ihr Mann sie nach Kriegsende hat sitzen lassen, setzt sie nun alles daran, zumindest den Rest der heilen Fassade zu wahren. Denn in der schottischen Provinz der 1950er Jahre wird jeder Fehltritt ganz genau registriert.
Bloß nicht aus der Reihe tanzen, lautet die Devise. Doch als Jean (Anna Paquin) in Lydias Leben schneit, eine ehrgeizige Ärztin, die ins Dorf zurückgekehrt ist, um die Praxis ihres Vaters zu übernehmen, ist plötzlich alles anders. Lydias Sohn Charlie bringt die beiden unverhofft zusammen, als er sich über der gemeinsamen Faszination für Bienen mit ihr anfreundet. Die Frauen kommen sich mit jedem Tag ein Stückchen näher. Als Lydia wenig später ihren Job verliert und sich die Familienwohnung nicht mehr leisten kann, zieht sie mit Charlie kurzerhand bei Jean ein.
Man muss kein Hellseher sein, um die Folgen zu erahnen: Das halbe Dorf geht gegen die frisch Verliebten auf die Barrikaden. Die Nachbarn tuscheln, die spitzzüngige Schwägerin stichelt. Lydias Noch-Ehemann Robert (Emun Elliott), ein gefühlskalter Klotz, will sie auf den „rechten Weg“ zurückbringen, indem er sie vergewaltigt. Lydia und Jean selbst kämpfen trotz widrigster Umstände für ihre Beziehung . Die junge Liebe, den Hass, die Aggression, all das sehen wir stets aus der Sicht des kleinen Charlie, der den Zuschauer durch den ganzen Film begleitet.
Genau in diesem dramaturgischen Kniff liegt der Reiz, aber auch das größte Problem von „Der Honiggarten“. Die aufkeimenden Gefühle von Jean und Lydia nehmen wir durch die gefilterte Brille eines Volksschülers war, der verstört zu seinem Vater flüchtet, als er die beiden Frauen im Bett erwischt. Szenen, die Gewalt, auch sexueller Natur, andeuten, sowie ein einschneidendes Erlebnis in Lydias Vergangenheit (von dem Charlie eigentlich nicht wissen konnte), lässt die Regisseurin ohne jede weitere Erklärung stehen, schlicht weil der Bub sie nicht deuten kann.
Und so verkommt „Der Honiggarten“ gegen Ende hin immer mehr zu einer ziemlich klischeebeladenen, oberflächlichen Filmromanze, die dem genialen Hauptdarstellerinnen-Duo in keiner Weise gerecht wird. Denn Grainger und Paquin spielen sich die Seele aus dem Leib, lieben und leiden so authentisch, dass man ihnen im Kinosessel unweigerlich die Daumen drücken muss. Das große Finale trieft vor Kitsch, lässt aber trotzdem Fragen offen - nicht nur bei den Hauptfiguren.

IDEAL FÜR: Fans von Filmromanzen und (vor allem) von den beiden Hauptdarstellerinnen.






Trailer
LÄNGE: 106 min
PRODUKTION: Großbritannien 2018
KINOSTART Ö: 06.09.2019
REGIE:  Annabel Jankel
GENRE: Drama|Romanze
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Holliday Grainger: Lydia Weekes
Anna Paquin: Dr. Jean Markham
Gregor Selkirk: Charlie Weekes
Emun Elliott: Robert Weekes