7500

Terror-Alarm im Cockpit


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„7500“: Joseph Gordon-Levitt als Kopilot in einem Airbus A 319 auf seinem Schreckensflug © Luna Film
GESAMTEINDRUCK: „7500“ ist ein klaustrophobischer  und spannungsgeladener Thriller, in dem ein Pilot knallhart entscheiden muss, welche Alternativen ihm noch bleiben, als Terroristen seinen Airbus überfallen.
 
DIE STORY: Ein ganz normaler Abend in einem Flugzeug-Cockpit. Captain Michael Lutzmann (Carlo Kitzlinger) und sein Copilot Tobias Ellis (Joseph Gordon-Levitt) heben ab von Berlin nach Paris. In der Kabine hat Flugbegleiterin Gökce (Aylin Tezel) Dienst, die Lebensgefährtin des Copiloten. Dann das Chaos: Als eine Stewardess Kaffee ins Cockpit bringt, stürmt ein Terrorist (Murathan Muslu) herein, der den Captain ersticht. Copilot Ellis kann den Attentäter überwältigen. Doch dessen Komplizen hämmern wie wild an die Cockpittür…

Außer sich: Die Terroristen Kenan (Murathan Muslu, li.) und Vedat (Omid Memar) © Luna

DIE STARS: Der 34-jährige deutsche Filmemacher Patrick Vollrath – ein Wahl-Wiener, der an der Filmakademie bei Michael Haneke ein Regiestudium absolvierte – wurde 2016 mit dem Kurzfilm „Alles wird gut“ für den Oscar nominiert. Das öffnete ihm Türen in Amerika: Mit Joseph Gordon-Levitt konnte Vollrath für die Hauptrolle in „7500“ einen Hollywood-Star verpflichten. Gordon-Levitts letzte große Arbeit war die Titelrolle in Oliver Stones „Snowden“.
Carlo Kitzlinger, der den Airbus-Kapitän spielt, musste sich im Kino-Cockpit nicht erst eingewöhnen. Er flog als Captain viele Jahre für die Lufthansa, bis er in einer zweiten Karriere Schauspieler wurde. Aylin Tezel hat ein breites Spektrum zwischen Komödie („Coming In“) und Drama („Die Informantin“). Den „Tatort“-Fans ist sie als Mitglied des Dortmunder Ermittler-Teams bekannt.
Der Wiener Murathan Muslu schaffte 2014 mit „Risse im Beton“ (Regie: Umut Dag) den großen Durchbruch. Seither ist er unterwegs zu einer internationalen Karriere, die sich auch bei den Streaming-Portalen manifestiert: Muslu ist in „8 Tage“ (Sky) und in „Skylines“ (Netflix) zu sehen.

Morddrohung: Der Terrorist Daniel (Paul Wollin) will ins Cockpit © Luna

DIE KRITIK: „7500“ – das ist der Transponder-Code, mit dem Piloten die Flugsicherung alarmieren, wenn ihr Flugzeug zum Opfer einer Entführung wird. Autor/Regisseur Patrick Vollrath braucht also nur vier Ziffern, um das Thema seines ersten Spielfilms zu umreißen. Genauso kompakt kommt der ganze Film daher. „7500“ ist ein Thriller-Kammerspiel mit sehr wenigen Protagonisten und einem beengten Schauplatz, an dem sich fast alle Szenen abspielen: im Cockpit eines Airbus A319.
Der Thriller beginnt wie eines dieser Fernweh- und Wohlfühl-Videos, in denen man Piloten aus der Cockpit-Perspektive bei ihren Flügen begleiten kann. Die zwei Männer an den Steuerknüppeln (oder besser: an den Airbus-Sidesticks) strahlen jene Gelassenheit, Professionalität und Freude am Beruf aus, die für Piloten so typisch sind. Es macht Spaß, Carlo Kitzlinger und Joseph Gordon-Levitt als Cockpit-Crew über die Schulter zu schauen. Das Verlesen der Checklisten, der Funkverkehr und der Start: Alles kommt so authentisch über die Leinwand wie im wirklichen Flieger-Leben.
Da denkt man dann, jetzt wäre es doch nett, wenn der Airbus wie geplant seinen Routine-Flug nach Paris absolvieren könnte. Aber das geht in einem Thriller natürlich nicht. Es dauert nur wenige Minuten, bis es im Cockpit ernst wird.
Der Terrorist Kenan (Murathan Muslu) sowie seine Komplizen Vedat (Omid Memar) und Daniel (Paul Wollin) machen sich mit wirren Argumenten, doch mordlüsterner Entschlossenheit daran, das Kommando im Flieger zu übernehmen. Joseph Gordon-Levitt steht als überlebender Copilot Tobias Ellis plötzlich vor Entscheidungen, die kein Mensch jemals fällen möchte: Soll er die Cockpittür verschlossen halten (die Terroristen drohen in diesem Fall damit, die Insassen zu töten) und versuchen, den Jet notzulanden? Oder soll er aufmachen und damit das Flugzeug und alle Insassen in Gefahr bringen?
Regisseur Vollrath inszeniert das Drama als geradliniges Genre-Kino. Der psychologische Hintergrund der Figuren bleibt weitgehend ausgespart (immerhin erfährt man, dass Pilot Ellis und die gefährdete Flugbegleiterin Gökce nicht nur Lebensgefährten, sondern auch Eltern eines Sohnes sind). Was in diesem Film zählt, das ist das Hier und Jetzt: Was ist der nächste Schritt, um einen Ausweg zu suchen? Wie geht der Pilot mit den Entführern um? Und vor allem: Welche Chancen gibt es, den Flieger wieder heil auf den Boden zu bringen?
Vollrath beweist in diesem abgehobenen Entführungs-Kammerspiel ein sicheres Händchen dafür, auf kleinem Raum große dramatische Wirkung zu erzielen. Atemlos folgt man den Wortgefechten (und den Handgreiflichkeiten) zwischen Entführern und Flugzeugführer. In den Disputen geht es ganz praktisch um den Versuch, zu landen – aber auch um Familie, um Selbstwertgefühl oder Fremdsein. Und um groteske Situationen wie diese, wenn der Entführer im Cockpit dringend pinkeln muss, aber keinesfalls raus auf die Toilette gehen will.
Fazit: „7500“ ist ein starkes Stück Spannungskino, das den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute am Kinosessel festschraubt. Für Regisseur Patrick Vollrath könnte der auch handwerklich eindrucksvolle Film den nächsten Karriere-Schritt einleiten.
 
IDEAL FÜR: Thriller-Fans ohne (oder auch mit) Angst vorm Fliegen.






Trailer
LÄNGE: 93 min
PRODUKTION: Deutschland / Österreich 2019
KINOSTART Ö: 10.01.2020
REGIE:  Patrick Vollrath
GENRE: Drama|Thriller
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Joseph Gordon-Levitt: Tobias Ellis
Murathan Muslu: Kenan
Aylin Tezel: Gökze
Omid Memar: Vedat
Carlo Kitzlinger: Michael Lutzmann
Paul Wollin: Daniel

Interview
„Menschen in Extremsituationen“
Joseph Gordon-Levitt, der 2016 in der Titelrolle von Oliver Stones Whistleblower-Drama „Snowden“ brillierte, kehr mit dem Thriller „7500“ ins Kino zurück. Im Interview berichtet der US-Star, was ihn an dem Thriller des Wiener Regisseurs Patrick Vollrath reizte. Mehr...