Filmfest Venedig 2021

„Dune“: Abenteuer und Augenweide

05.09.2021
von  Peter Beddies
Am Set von „Dune“: Regisseur Denis Villeneuve mit Javier Bardem © Warner Bros.
Das Filmfest Venedig (1. – 11. September), das in seinem Programm auch 2021 mit hochkarätigen Oscar-Kandidaten prunkt, hat einen ersten großen Höhepunkt. Regie-As Denis Villeneuve begeistert mit der Neuverfilmung von Frank Herberts legendärem SciFi-Romanzyklus „Dune“ (Kinostart: 16. September). Villeneuves Vorgänger David Lynch war an diesem Großprojekt 1984 krachend gescheitert.
Machtkämpfe in einer fernen Zukunft: Josh Brolin und Oscar Isaac in „Dune“ © Warner Bros.

Dune

 
Genre: Science Fiction
Regie: Denis Villeneuve
Stars: Timothée Chalamet, Rebecca Ferguson, Oscar Isaac, Javier Bardem, Zendaya, Stellan Skarsgard, Josh Brolin
Venedig-Premiere:  Außerhalb des Wettbewerbs
 
Richtig schlechte Filme hat er eigentlich nie gemacht, dieser David Lynch („Der Elefantenmensch“, „Mulholland Drive“). Nur mit seiner Version des Sci-Fi-Klassikers „Dune“ war niemand so recht zufrieden. Weder er noch das Publikum. Der Film aus dem Jahr 1984 war ein katastrophaler Flop. Der visionäre Regisseur durfte seine Ideen um den Planeten Dune und die vielen Machtspiele dort nicht so umsetzen, wie er das wollte. Der Film wurde gekürzt, um mehr Geld damit verdienen zu können. All das endete im Chaos.
 
Der Franko-Kanadier Denis Villeneuve hingegen (der mit „Arrival“ und „Blade Runner 2049“ bewiesen hat, dass er eine ganz eigene Handschrift hat, was die Erschaffung von Kinowelten angeht) durfte sich nun 155 Filmminuten lang austoben. Und will es auch noch weiter tun. Denn gleich im ersten Bild erscheint der Titel: „Dune - Teil 1“. Das heißt, Villeneuve macht sein Versprechen wahr, seinen eigenen Kosmos „Star Wars für Erwachsene“ schaffen zu wollen.
 
Einer der großen Fehler bei David Lynch (dessen „Dune“ nicht wirklich gut gealtert ist) war, dass er die Zuschauer in die futuristische Welt jenseits des Jahres 10.000 einfach so geworfen hat. Und dass er sofort begann, von einem Handelskrieg um die kostbare Substanz namens  Spice zu erzählen, ohne den Zuschauern erst einmal zu erklären, worum es bei der Saga geht. Villeneuve macht das wesentlich besser. Er beginnt bei Punkt Null. So dass auch alle Menschen, die noch nie etwas von Frank Herberts „Dune“-Büchern gehört haben (der Auftakt kam 1966 heraus), die Story verstehen.  
 
Sehr anschaulich (der ganze Film ist eine Augenweide, wenn auch eine sehr dunkle) erzählt Villeneuve von einer zukünftigen Welt, in der das Material Spice notwendig ist, um durch Raum und Zeit zu reisen. Dieses Spice wird auf dem Planeten Arrakis, auch genannt Dune, abgebaut. Bisher hatte das Adelshaus Harkonnen die Rechte, Spice abzubauen und zu vertreiben. Der Imperator (in der Tat erinnert schon in der Anlage der Geschichte viel an „Star Wars“) hat nun angeordnet, dass das Haus Atreides dieses überaus profitable Geschäft übernehmen soll. Als die neuen Herrscher auf dem Wüsten-Planeten ankommen, merken sie schnell, dass man ihnen eine Falle gestellt hat und dass es ums blanke Überleben geht. 
 
Denis Villeneuve macht nach der Einführung rasch klar, dass er gewillt ist, die Zuschauer akustisch gnadenlos zu überfordern. Der Sound – ganz sicher ein Anwärter für einen Oscar – ist im Breitwand-Format gehalten. Es dröhnt unentwegt, die Bässe pumpen, Hans Zimmers wuchtiger Schlagwerk-Soundtrack tut das Übrige dazu, bis die Kinosessel zu wackeln scheinen. Dieser neue „Dune“ packt die Zuschauer, schüttelt sie ordentlich durch und spuckt sie dann wieder aus.
 
Die Schauspieler machen ihre Sache in diesem Auftakt der Saga sehr ordentlich. Timothée Chalamet als Paul Atreides, der zum Heilsbringer reifen soll, hat jede Menge Charme. Stellan Skarsgard als fieser und fetter Harkonnen-Baron hatte offenbar sehr viel Lust an dieser Rolle. Rebecca Ferguson als Pauls Mutter gibt überzeugend die magische Kämpferin. Während Zendaya als junge Rebellen-Frau aus der Wüste – Paul verliebt sich schon in seinen Träumen in sie – nur wenige Szenen bekam. Im zweiten Teil, das hat Denis Villeneuve schon versprochen, soll mehr von ihr zu sehen sein.
 
Frank Herbert hatte mit seinem „Dune“-Zyklus vor vielen Jahrzehnten das ganz große Rad gedreht. Es ging um den Kampf Technik gegen Menschen - Computer wurden verboten und stattdessen magische hochentwickelte Menschen gezüchtet. Dann um Raubbau an der Natur, um die Freiheit der Menschen und so weiter und so fort. Wie viel davon Villeneuve in seine künftigen „Dune“-Filme packt - eine ganze Reihe würde sich anhand des üppigen Materials anbieten - muss man sehen. Der Auftakt ist grandios geraten. Bleibt zu hoffen, dass die Menschen wieder bereit sind, ins Kino zu gehen und sich auf der größtmöglichen Leinwand verzaubern zu lassen.
 
Kinostart: 16. September 2021
Publikums-Chancen: Sehr hoch
Gesamteindruck: Überwältigungs-Kino, das einen wunderbar in eine alte neue Welt mitnimmt