Diagonale

Drehbuch-Preise: 48.600 Euro für die Erfinder der Filme

21.03.2014
von  Gunther Baumann
Graz: Gruppenbild der AutorInnen, die mit den Drehbuchpreisen ausgezeichnet wurden © Diagonale/Pelekanos
Es sind die bestdotierten Drehbuchpreise in ganz Europa. Bei der Diagonale in Graz wurden am Freitag insgesamt 48.600 Euro an die Autoren von acht Produktionen oder Projekten ausgeschüttet, die im Kino bzw. im TV ihre hohe Qualität bereits dokumentiert haben – oder die darauf warten, als fertiger Film Furore zu machen. Die Zeremonie holte jenen Film-Beruf ins Rampenlicht, der, so Preisträger Götz Spielmann, „immense Demut braucht“. Denn zwar sei das Skript „die Essenz des Films“, doch jeder Autor arbeite daran, dass „das Drehbuch im Film aufgeht und unsichtbar wird.“
Ehrung. Die Ehrung der Film-Autoren hat bei der Diagonale lange Tradition. Seit 25 Jahren wird von der Stadt Graz der Carl-Mayer-Drehbuchpreis verliehen (benannt nach dem aus Graz stammenden Schöpfer des Klassikers „Das Cabinet des Dr. Caligari“, seit 22 Jahren gibt es den vom Bund dotierten Thomas-Pluch-Drehbuchpreis (benannt nach dem Autor von ORF-Erfolgen wie „Das Dorf an der Grenze“). Heuer kam auch der von der Wiener Dor Film gestiftete Dor-Film-Preis für Drehbuchentwicklung hinzu.
 
Die Gewinner: Der Thomas-Pluch-Hauptpreis (12.000 Euro) wurde in diesem Jahr  zweigeteilt. Er ging an Götz Spielmann für sein Familiendrama „Oktober November“ sowie an Agnes Pluch (die Tochter des Preis-Namensgebers) und Nikolaus Leytner für das fürs Fernsehen produzierte Alzheimer-Drama „Die Auslöschung“ mit Klaus Maria Brandauer und Martina Gedeck. Autorin/Regisseurin Sudabeh Mortezei nahm für ihren Erstlings-Spielfilm „Macondo“ (lief im Wettbewerb der Berlinale) den mit 7.000 Euro dotierten Thomas-Pluch-Spezialpreis entgegen.
 
Die Reaktionen: Sudabeh Mortezai fand ihre Auszeichnung „super – das ist mein erstes Spielfilm-Drehbuch!“ Nikolaus Leytner erklärte, mit einem Film wie „Die Auslöschung“ hätten er und Agnes Pluch „Kino im Fernsehen“ im Sinn gehabt. Götz Spielmann, Autor und Regisseur von „Oktober November“, setzte zu allgemeineren Betrachtungen an.
 
Kühnheit. „Das Drehbuch ist das einzig Originäre an einem Film“, sagte er. „Zu Schreiben, ist die kühnste Arbeit an einem Film. Denn das Drehbuch macht aus einem Nichts ein Etwas. Alle anderen Beteiligten machen dann aus einem Etwas ein Etwas“: Gäbe es das Buch nicht, so gäbe es auch keinen Film.

Drehbuchpreis: Götz Spielmann (mit Barbara Fränzen, Bundeskanzleramt) © Gunther Baumann

Die Demut, die der Beruf des Film-Autors erfordert, hängt ja nun auch damit zusammen, dass später dann die Schauspieler und Regisseure im Mittelpunkt stehen. Wobei Spielmann, der  sowohl schreibt als auch inszeniert, die Rolle des Regisseurs oft für überschätzt hält: „Quentin Tarantino ist kein besonderer Regisseur, aber ein ganz großer Autor. Das gleiche gilt für einen Bergman oder einen Fellini.“
 
Zurück zur Preisverleihung. Beim Pluch-Preis gab es noch eine weitere Kategorie, jenen für kurze oder mittellange Kino-Spielfilme. Vanessa Gräfingholt und Clara Trischler sowie Jakob Pretterhofer (Mitarbeit) durften sich für ihr Skript zur Tupperparty-Komödie „Tuppern“ über 3.000 Euro freuen.
 
Ähnlich wie der Pluch-Hauptpreis wurde der Carl-Mayer-Drehbuchpreis aufgeteilt. Für drei Treatments, also noch unverwirklichte Projekte, gab es jeweils 7.200 Euro. Die GewinnerInnen: Tina Leisch („Vom Anblick der Waffen versprach ich mir Hände“), Wolfgang Muhr („Mehr als allein“) und Rainer Weidlinger („Reise nach Mond“). Gabriele Kögl erhielt für „Tabuzonen“ zwar keinen Scheck, aber eine lobende Erwähnung.
 
Auch der Dor-Film-Preis für Drehbuchentwicklung geht an ein Filmprojekt, das noch vor der Realisierung steht. Die belgische Wahl-Wienerin Nathalie Borgers, die 2001 mit der Doku „Kronen-Zeitung, Tag für Tag ein Boulevardstück“ Furore machte, erhielt die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung für ihr Buch „Blanche, Rose & Dara“.
 
Situation der Szene. Vor der Preisvergabe machte  Eva Spreitzhofer, Drehbuchverbands-Obfrau und Autorin  (sie entwickelte den ORF-Hit „Schnell ermittelt“), kritische Anmerkungen zur Situation der Szene.
 
2014 sei ein bemerkenswertes Jahr. Einerseits: „26 österreichische Produktionen waren zur Berlinale eingeladen, 16 beim Festival Saarbrücken. Der ,Tatort‘-Thriller ,Angezählt‘ von Martin Ambrosch (Buch) und Sabine Derflinger (Regie) erhielt den Grimme-Preis“.   Andererseits: „Der ORF will seine Aufträge bei den österreichischen Filmschaffenden  um ein Drittel kürzen. Die Ankündigung von Minister Josef Ostermayer, eine Festplattenabgabe einzuführen, löste einen Shitstorm aus. Unsere Ansprüche werden für unangemessen erklärt, obwohl die Festplattenabgabe vom Handel schon längst eingehoben wird – ohne sie weiterzugeben.“ Spreitzhofers Fazit: „Der Hass gegen die bescheidenen Interessen der Künstler ist blankes Ressentiment.“