Michael Ostrowski über „Ich war noch niemals in New York“


„Ein großartiger Musical-Sänger bin ich nicht“

14.10.2019
Interview:  Peter Beddies

Michael Ostrowski: „Udo Jürgens konnte Lieder singen wie kaum ein anderer“ © Universal

Von „Nacktschnecken“ über „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“ bis „Die Werkstürmer“: Wenn es im österreichischen Film um Komödien mit Pfiff geht, ist Michael Ostrowski sehr häufig die erste Wahl. Im deutschen Schwank „Ich war noch niemals in New York“,  der auf dem gleichnamigen Musical mit den Hits von Udo Jürgens basiert, probiert sich der Steirer, der in Wien lebt, nun auch als Sänger aus. Eine mutige Entscheidung. Denn, so bekennt Ostrowski im Interview: Im Gesang sei er „totaler Amateur“.


Michael Ostrowski (M.) mit dem Ensemble von „Ich war noch niemals in New York“ © Universal

FilmClicks: Die Lieder von Udo Jürgens scheint jeder zu kennen. Mit welchen Songs von ihm sind Sie aufgewachsen?

Michael Ostrowski: Da fallen mir Trickfilme ein. Zum Beispiel „Vielen Dank für die Blumen“ von „Tom und Jerry“. Oder die Titelmelodie zu „Es war einmal der Mensch“ mit der geflüsterten Zeile „Was ist Zeit?!“ Der hat unglaubliche Lieder, die jedes Kind singen konnte und kann.
 
Lieder wie „Merci, Cherie“.
Ja bitte! Damit hat er – weit vor Conchita – den Eurovision Song Contest gewonnen. Das muss 1966 gewesen sein. Seit dieser Zeit ist er in Österreich ein Nationalheiliger. „Merci, Cherie“ ist ein großes Lied. Und wie gut der Hundling das gesungen hat! Udo Jürgens konnte Lieder singen wie kaum ein anderer. Im Film singe ich zum Beispiel mit meinem Schweizer Kollegen Pasquale Aleardi „Griechischer Wein“. Da denkt man sich zuerst, dass man das schon irgendwie hinbekommt. Aber dann steht man im Studio und merkt, dass es so einfach eben nicht ist.
 
In „Ich war noch niemals in New York“ dürfen Sie ein wenig österreichische Mundart-Färbung einbringen…
…aha, ich durfte!
 
Ist das falsch?
Nein, ist schon richtig. Wir hatten darüber gesprochen, ob das möglich wäre. Und unser Regisseur Philipp Stölzl fand das sehr gut. Aber auch sonst ist der Film voller Überraschungen. Ob nun Katharina Thalbach, Heike Makatsch, Uwe Ochsenknecht oder Moritz Bleibtreu: Ich habe diese Kollegen noch nie so gesehen wie in diesem Film.

Filmszene: Michael Ostrowski als Stylist von Heike Makatsch © Universal

Sie spielen Fred, einen schwulen Friseur, der auf dem Kreuzfahrtschiff nach New York auf seine große Liebe, gespielt von Pasquale Aleardi, trifft.
Ja, das war sehr einfach zu spielen. Zuerst denkt man sich: „Was soll man da machen?“ Aber dann beginnen die Liebesszenen und dann war es für mich sehr einfach. Davor, wo ich als Friseur von Heike Makatsch umherirre, habe ich mir viel mehr einen Kopf gemacht. Danach nicht mehr.
 
Der Film hätte noch mehr Drama auch nicht vertragen.
Stimmt. Es ist ja alles komplett überdreht und kommt in schreienden Farben daher. Da kommen unsere Gefühle sehr einfach und direkt daher. Ich hatte mir schon Gedanken gemacht, wie man dieses Klischee „schwuler Maskenbildner“ spielt. Es stimmt ja, dass viele Männer in diesem Fach schwul sind. Spiele ich da also ein Klischee nach, habe ich mich gefragt. Aber es hat sich alles relativiert, in dem Moment, wenn es um Beziehungen geht, die man spielt. Dann ist alles Wurscht! Dann spielt man die Liebe und die ist immer gleich. Eigentlich eine wunderschöne Botschaft (lacht).  

Gut gelaunt bei der Berlinale: Michael Ostrowski mit Heike Makatsch © Katharina Sartena

Sie hatten schon die Szenen mit Heike Makatsch angesprochen, die vor der Abfahrt des Schiffs nach New York spielen. Da geben Sie dem Affen aber richtig Zucker: Sie wirken tuntig – wenn man das so sagen darf – ohne Ende.
Es ist doch nichts Schlimmes dabei, etwas Tuntenhaftes zu haben! Ich habe mich mit Freunden getroffen, die schwul sind. Und es gibt so unterschiedliche. Kann man eine Tunte spielen? Aber klar! Man kann alles spielen. Man muss nur als Mensch authentisch sein.  
 
Es gibt Menschen, die Naturtalente sind, wenn es ums Singen und Tanzen geht. Sind Sie auch eines dieser Talente?
Ich habe das immer aus Spaß an der Freude gemacht. Ein großartiger Musical-Sänger bin ich nicht. Das liegt mir nicht sonderlich. Ich habe aber immer gesungen, seit ich 15 bin. Ich bin totaler Amateur. Aber für den Film war das völlig Okay. Es hat jeder seinen Stil eingebracht. Die Ehrlichkeit im Spiel ist doch viel wichtiger. Und wenn ich singe, kann ich auch Emotionen transportieren, wenn ich leise singe. Ich muss nicht schmettern.

„Griechischer Wein“: Ostrowski mit Filmpartner Pasquale Aleardi © Universal

Es gab also keine schlaflosen Nächte vor den Dreharbeiten?
Nein. Wir haben die Musiknummern vorher im Studio eingesungen. Vor den Dreharbeiten gab es reichlich Proben. Beim Drehen hatten wir dann noch die Gelegenheit, ein bisschen zu improvisieren. Alles war gut!
 
Udo Jürgens wurde in Österreich geboren. Er ist in der Schweiz gestorben. Er war überall in Europa bekannt. Auch die Deutschen sagen gern: „Unser Udo“. Sieht man das als Ungerechtigkeit in Österreich?
Nein. Ich finde, der Udo Jürgens ist ein super Beispiel dafür, dass man als Österreicher ins Ausland gehen muss, um wahrgenommen zu werden. Das hat er im besten Sinne gemacht. Und man kannte ihn nicht nur in Deutschland. Als Songwriter war er bis nach Amerika sehr bekannt. Er hat Hunderte Songs für andere Leute geschrieben. Aber woher er kam, das war ihm – glaube ich – ziemlich wurscht. Er ist immer wieder gern nach Kärnten gekommen und hat sich dort aber auch nichts geschissen und hat den dortigen Politikern seine Meinung gesagt. Das finde ich super.
 
Sie haben ihn selbst kennengelernt, oder?
Ja, er hat mich nach einem Konzert zu sich in die Garderobe eingeladen. Ich bin dann hingegangen und da waren der Bundeskanzler und die gesamte Truppe. Ja wirklich. Jeder wollte ihm seine Aufwartung machen.     
 
Also kannte er auch Ihre Arbeiten?
Ja. Er kam zu mir bei der Romy-Gala, als er die Ehren-Romy bekommen hat. Und da fragt er mich: „Darf ich Du sagen?“ Und ich so darauf: „Ja bitte, gern“ (lacht). Er war so uneitel! Und dann hat gesagt: „Wir müssen gute Sachen gemeinsam machen“. Das ist kein Scherz! Und ich dachte mir so: „Das hätte er jetzt nicht sagen müssen“. Das hat er aber gesagt. Das war ihm wichtig. Dann kam das Konzert mit dem Besuch in der Garderobe. Ein Jahr später ist er dann gestorben und auch deshalb finde ich es sehr schön, jetzt bei diesem Projekt mitzumachen.  
 
Gibt es irgendetwas an Udo Jürgens, das typisch Österreich ist?
Ha, interessante Frage. Wie sage ich das am besten? Ich finde, was die Österreicher immer wieder ganz gut können, dass sie den Schlager auf einer gewissen Ebene gut machen. Es gibt auch von Peter Alexander ein paar echt gute Nummern. So diesen österreichischen Charme mit hineinzubringen. Aber ich finde, Udo hat das einfach universell gemacht. Was mir nach dem Dreh aufgefallen ist – egal wo ich war, überall lief Udo. Ob auf Hochzeiten oder vom DJ aufgelegt. Der ist nicht von gestern. Der ist verankert bei uns.
 
Zum Schluss noch die wesentliche Frage: Wie oft sieht man Sie auf einem Kreuzfahrtschiff?
Ein einziges Mal habe ich das gemacht. Das war für die Band Wanda. Die hatten eine Bussi-Kreuzfahrt und ich habe dort moderiert. Die Fahrt ging von Barcelona bis nach Bologna, wo es dann ein Abschlusskonzert gab. Das war großartig!
 
Und wenn Sie den Satz vollenden müssten: „Ich war noch niemals…
…im Weltall. Der Blick von da oben auf die Welt ist bestimmt grandios!      

Dieses Interview erschien in gedruckter Form auch im FilmClicks-Partner-Filmmagazin Celluloid.