Cyril Dion Über seine Doku „Tomorrow“ und Projekte für eine bessere Welt


„Nun geht es darum, zu handeln!“

02.06.2016
Interview:  Gunther Baumann

Zu Besuch im Wiener Filmcasino: „Tomorrow“-Regisseur Cyril Dion © Polyfilm

„Dass auf der Erde viel schiefläuft, das wissen wir inzwischen alle. Nun geht es darum, zu handeln“, sagt der französische Umwelt-Aktivist und Filmemacher Cyril Dion. Das Resultat seines Handelns wurde zum Kino-Hit: Die Doku „Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“, die Dion gemeinsam mit Filmstar Mélanie Laurent („Inglourious Basterds“) drehte,  lockte im frankophonen Sprachraum bereits mehr als 1,3 Millionen Besucher an. Zur Österreich-Premiere von „Tomorrow“ kam Dion ins Wiener Filmcasino. Wir haben ihn zum FilmClicks-Interview getroffen.


FilmClicks: Viele Filme, die von der Zukunft der Erde handeln, malen ein sehr düsteres Bild. Sie haben für „Tomorrow - Die Welt ist voller Lösungen“ einen optimistischen Ansatz gewählt. Warum das?
Cyril Dion: Ich hatte einfach genug von den Katastrophen, denen ich in den Filmen immer wieder begegnete. Meiner Meinung ist es an der Zeit, das Thema aus einem neuen Blickwinkel zu beleuchten. Denn dass auf der Erde viel schiefläuft, das wissen wir inzwischen alle. Nun geht es darum, zu handeln. Als langjähriger Verantwortlicher einer NGO wurde ich immer wieder von Leuten gefragt, was sie konkret tun können, um den Zustand der Welt ein bisschen zu verbessern. Von solchen Initiativen und Projekten handelt unser Film.

Die „Tomorrow“-Regisseure: Mélanie Laurent und Cyril Dion © Polyfilm

Wie wichtig war die Beteiligung der prominenten Schauspielerin Mélanie Laurent für das Gelingen des Films?
Natürlich hätte ich „Tomorrow“ auch allein drehen können, aber das wäre ein anderer Film geworden. Ich begann im Dezember 2010, das Drehbuch zu schreiben. Ungefähr ein Jahr später lernte ich Mélanie Laurent kennen. Wir freundeten uns an, und Anfang 2013 schlug ich ihr vor, „Tomorrow“ zusammen zu machen. Sie brachte viel Poesie und Sensibilität in das Projekt und mir gefiel die Tatsache, dass sie, was Umweltfragen betrifft, keine Fachkenntnisse hatte. Das gab ihr den unbefangenen Blick der Zuschauer, die wir mit dem Film erreichen wollen. Sie war vier Monate lang beim Dreh dabei.
 
Woher kannten Sie all die Fachleute, Initiativen und Umweltprojekte, über die in „Tomorrow“ berichtet wird?
Das war mein Job - ich habe ja, wie schon erwähnt, eine NGO geleitet; ich gründete ein Magazin und eine Buchreihe, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Etliche der Experten, die im Film zu Wort kommen, haben zuvor bei mir ein Buch herausgebracht. Es ging also nicht darum, interessante Initiativen zu finden, sondern eher darum, jene auszuwählen, die in „Tomorrow“ vorkommen sollten.

„Tomorrow“ favorisiert in der Landwirtschaft kleine Projekte © Polyfilm

Sie preisen im Film viele kleine Landwirtschafts-Initiativen, deren Projekte Sie für zielführender halten als jene der Agrar-Industrie. Steht der Film also unter dem Motto small is beautiful?
Im Prinzip ja. Ein Grundgedanke des Films ist es, dass wir von einer Welt der großen Strukturen, die voll durchorganisiert ist, zu einer Gesellschaft gelangen sollten, die mehr von der Natur inspiriert ist. Das bedeutet: Es geht um viele kleine Ökosysteme, die miteinander verbunden sind wie die Zellen eines Körpers. Heute agieren wir so, als könnten wir die Probleme der Welt separat in Angriff nehmen, aber das funktioniert nicht. Das ist so, als würde man sich im Ökosystem unseres Körpers zum Beispiel nur um den Magen kümmern, aber wie es der Leber geht, das ist egal. Das funktioniert natürlich auch nicht. Es ist Zeit, dass wir begreifen, dass alle Dinge miteinander verknüpft sind.
 
Wie kann man die Menschen und Staaten dazu bringen, Dinge in großem Stil zu ändern?
Meiner Meinung gibt es zwei große Ursachen, die den Wandel in Bewegung setzen. Die eine sind Katastrophen, die einem keine andere Wahl lassen, als etwas zu verändern. Die andere sind Geschichten. Gute Geschichten können neue Sichtweisen und Wünsche auslösen. Auch das kann ein starker Antrieb zur Veränderung sein. Deswegen erzählen wir im Film lieber neue Geschichten, als vor Katastrophen zu warnen.
 
Offenbar sind viele Menschen neugierig auf die Geschichten Ihres Films. „Tomorrow“ wurde in Frankreich, Belgien und der Schweiz ein riesiger Kinohit, den schon mehr als 1,3 Millionen Menschen gesehen haben. Kam dieser Erfolg für Sie überraschend?
Wir haben natürlich darauf gehofft, dass viele Menschen den Film sehen wollen, und wir haben ihn deshalb so gestaltet, dass er nicht nur Umweltaktivisten anspricht. Ich glaube, es gibt einfach sehr viele Menschen, die auf Antworten, auf Lösungen und auf Hoffnung warten, was den Zustand und die Zukunft des Planeten betrifft. Und wir stellen im Film interessante Projekte vor, die zu diesen Gefühlen passen. Das brachte uns viel Mundpropaganda. So nach dem Motto: Weißt du was, nach diesem Film habe ich mich so richtig gut gefühlt. Das brauchen die Leute heute.



Kritik
Tomorrow - Die Welt ist voller Lösungen
Die Doku „Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“,  die in Frankreich zum großen Publikums-Hit wurde, untersucht eine Vielzahl von Initiativen und Projekten, die es zum Ziel haben, den Zustand des Planeten Erde zu verbessern. Mehr...