Dany Boon über seine Komödie „Die Sch’tis in Paris“


„Diesen Film widme ich meiner Mutter“

28.03.2018
Interview:  Peter Beddies

Hauptdarsteller, Autor und Regisseur: Dani Boon am Set von „Die Sch’tis in Paris“ © Filmladen

„Die Sch’tis in Paris“: Frankreichs Topstar Dany Boon hat eine Komödie in die Kinos gebracht, auf die seine Fans seit Jahren warteten. Wie schon bei seinem Welterfolg „Willkommen bei den Sch’tis“ wird die Leinwand von Menschen aus dem Norden Frankreichs bevölkert, die das Publikum mit ihrem originellen Dialekt, dem Sch’ti, erfreuen. Doch Dany Boon legte größten Wert darauf, dass der neue Film keine Fortsetzung des alten werden sollte. Wieso nicht? Das hat sich FilmClicks bei den Dreharbeiten im Norden von Paris, im Studio der Cité du Cinéma, erklären lassen.


FilmClicks: Monsieur Boon, gab es nach dem Sensationserfolg von „Willkommen bei den Sch’tis“ viele Leute, die sofort eine Fortsetzung von Ihnen forderten?
Dany Boon: Und ob es die gegeben hat. Schon Monate nach dem Kinostart kamen Leute zu mir und rechneten mir vor, dass man mit einer wie auch immer gemachten Fortsetzung – ohne jeden Einsatz von Werbung – locker die Hälfte des Geldes vom Original einspielen könnte. Ich wurde regelrecht bekniet.
 
Und wie haben Sie reagiert?
Ich habe einfach immer und immer wieder Nein gesagt. Irgendwann hat man dann nur noch den Kopf geschüttelt und mich nicht mehr gefragt.
 
Warum waren Sie so strikt gegen eine Fortsetzung?
Hm, da muss ich etwas weiter ausholen. Also, ich bin ja selbst ein Sch`ti aus dem Norden. Das Sch`ti-Sein hat mir im Prinzip meine Karriere ermöglicht. In Frankreich bin ich mit meinen Sch`ti-Bühnenprogrammen bekannt geworden. Ich war auch der erste, von dem eine DVD erschien, die mit französischen Untertiteln erschien. Denn die Menschen fanden den Sch`ti-Dialekt zwar sehr lustig, aber sie haben ihn nicht verstanden. Was ich mit all dem sagen will: Ich bin dem Sch`ti viel zu sehr verbunden, um mal schnell einen Euro damit zu machen. Also habe ich auf die passende Idee für eine neue Story gewartet.

Mutter und Sohn im Film: Line Renaud und Dany Boon © Filmladen

Und die kam wie?
Meine Mutter ist dafür verantwortlich. Deshalb widme ich ihr auch diesen Film. Sie wollte mich vor ein paar Jahren – sie wohnt immer noch im hohen Norden des Landes – in Paris besuchen. Zuerst fragte sie mich, ob sie einen Ausweis bräuchte. Worauf ich ihr sagte: „Nein Mutter, Paris liegt in Frankreich“. Und dann habe ich sie im berühmten Theater Olympia, in dem ich gerade ein Gastspiel hatte, dem Chef vorgestellt. Wie man das halt so macht. Mit dem war ich befreundet. Hab ihn also geduzt, als ich ihn meiner Mutter vorstellte. Sie war entsetzt.
 
Wieso das?
Ja, da habe ich auch ein Weilchen gebraucht, bis ich das verstand. Am Abend nahm meine Mutter mich zur Seite und meinte: „So habe ich Dich nicht erzogen – seinen Chef hat man zu Siezen und überhaupt, wo bleibt der Respekt ihm gegenüber?!“ Ich war erstmal sprachlos, bis ich dann wusste, was sie meint. Dass ich in der Ferne mittlerweile zu einiger Berühmtheit gelangt war, davon hatte meine Mutter schon gehört. Aber im Grunde genommen – und das gilt wohl für alle Eltern – sah sie mich immer noch als den kleinen 17jährigen Jungen, der ich mal war. Über diesen Konflikt und damit über die Frage, woher wir kommen und wer wir sind, darüber wollte ich sehr gern einen Film machen. Und so entstand „Die Sch’tis in Paris“.
 
Der zwangsläufig wieder in der Sch`ti-Welt spielen muss.
Das ist nun mal die Welt, aus der ich komme. Und deshalb nenne ich „Die Sch’tis in Paris“ auch gern meinen bisher persönlichsten Film.
 
Für den Sie sich einen berühmten Sch`ti als Verstärkung geholt haben.
Sie meinen Pierre Richard? Ja, es stimmt. Dieser Mann, der mich mit seinen Filmen so sehr beeinflusst hat in meiner Art der Komik, ist auch ein Sch`ti. Er war gleich begeistert, als ich ihm von der Idee erzählt habe, dass er meinen Vater spielen soll. Als er wirklich zusagte, habe ich seine Rolle dann noch ein bisschen größer gemacht, als sie davor war.

Prominenter Familienzuwachs: Pierre Richard spielt Dany Boons Vater © Filmladen

Hier im Studio in Saint Denis wirkt es beim Drehen so, als wären alle eine große Familie – mit Ihnen als Chef natürlich. Der berühmte Pierre Richard bekommt keine Sonderbehandlung.
Wollte er auch nicht. Aber wissen Sie, was mir passiert ist, als er hier zum ersten Mal auftauchte? Obwohl alle wussten, dass er seinen ersten Drehtag hatte, bin ich zu allen möglichen Leuten gelaufen und hab sie immer wieder gefragt: „Schon gesehen? Pierre Richard ist da!“. Oder: „Ist er es wirklich?“. Meine Crew muss mich für komplett verrückt gehalten haben. Aber für mich ist mit dieser Zusammenarbeit ein Traum in Erfüllung gegangen.
 
Vor gut zehn Jahren kannte kaum jemand außerhalb Frankreichs die Sch`tis. Mittlerweile sind sie weltberühmt.
Das können Sie wohl sagen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich mich beim ersten Sch`ti-Film in Berlin und München in normale Vorführungen geschlichen habe. Was war ich erleichtert, als die Menschen über die Komik gelacht haben, die ich mir ausgedacht hatte. Das war ein tolles Gefühl.
 
Damals hatten die Sch`tis als Provinzler nicht den besten Ruf. Wie ist das heute?
Es passiert mir immer wieder, dass Menschen auf mich zukommen und mir sagen: „Ich bin Sch`ti und stolz darauf“. Das sind Momente, die sich – auch nach all den Jahren – wunderbar anfühlen.
 
Ihre Figur Valentin in „Die Sch’tis in Paris“, ein erfolgreicher und arroganter Designer, verleugnet zu Beginn der Story seine Herkunft aus dem Norden. Hand aufs Herz: Haben Sie das je getan?
Nein, ich habe meine Herkunft immer öffentlich gemacht und mich entschieden, mit anderen Menschen gemeinsam auch darüber zu lachen. Das ist überhaupt für mich das Allerschönste. Wenn Menschen über das lachen können, was ich sage oder zeige, bis ich sehr glücklich.



Kritik
Die Sch'tis in Paris
Star-Komödiant Dany Boon kehrt mit „Die Sch’tis in Paris“ nach zehn Jahren Pause zu seinem größten Erfolg zurück. Mit einer neuen Story und neuen Figuren geht es einmal mehr um liebenswürdige Schrullis aus Nordfrankreich und ihren eigentümlichen Dialekt. Mehr...