Womit haben wir das verdient?

Wenn die Tochter plötzlich Kopftuch trägt


FilmClicks:
„Womit haben wir das verdient?“ Wanda (Caroline Peters) mit Tochter Nina (Chantal Zitzenbacher) © Luna Film
GESAMTEINDRUCK: „Womit haben wir das verdient?“ ist eine sehr witzige und sehr kluge Culture-Clash-Komödie aus Wien. Eine feministisch gesinnte Ärztin muss damit zurechtkommen, dass ihre Teenager-Tochter plötzlich zum Islam übertritt.
 
DIE STORY: Sie hat einen tollen Beruf, eine formidabel funktionierende Patchwork-Familie und zwei aufgeweckte Töchter: Die Wiener Oberärztin Wanda (Caroline Peters) lebt in einer fast perfekten Welt. Trotzdem stöhnt sie „Womit haben wir das verdient?“ Die 16-jährige Nina (Chantal Zitzenbacher) verkündet nämlich von einem Tag auf den anderen, fortan als Muslimin durchs Leben zu gehen. Das Kopftuch der Tochter ist für die Mutter ein rotes Tuch. Doch als Frauenrechtlerin kommt es für sie nicht in Frage, der pubertierenden Nina auf autoritäre Weise die Flausen auszureden. Also beginnt sie notgedrungen, sich mit der neuen Situation zu arrangieren. Alhamdulilla.

Wanda (Caroline Peters) sucht Informationen, wie das so ist mit dem Islam © Luna

DIE STARS: Caroline Peters, vor kurzem vom Magazin Theater Heute zur Schauspielerin des Jahres gewählt und mit dem Wiener Nestroy-Preis ausgezeichnet, zählt als Star des Burgtheater-Ensembles schon seit 2004 zu den Wahlwienerinnen. Vor der Kamera spielte die Mainzerin, die in Köln aufwuchs, bis dato aber vorwiegend in Deutschland – sei es in Kino-Hits wie der Komödie „Der Vorname“ oder in TV-Erfolgen wie der Krimi-Serie „Mord mit Aussicht“. „Womit haben wir das verdient?“ ist Caroline Peters‘ erster österreichischer Film.
Rund um Peters agiert viel Prominenz aus Österreich: Unter anderem Simon Schwarz, Pia Hierzegger, Hilde Dalik, Emily Cox, Johannes Zeiler oder Christopher Schärf. Die junge Chantal Zitzenbacher, die die Neo-Muslimin Nina spielt, machte letztes Jahr im Coming-of-Age-Drama „Siebzehn“ auf sich aufmerksam.
Der Beirut-Berliner Kida Khodr Ramadan, in Deutschland häufig auf die Rollen von harten Jungs festgelegt („4 Blocks“), spielt einen gütigen Imam.
Die gelernte Schauspielerin und Drehbuchautorin Eva Spreitzhofer („Tigermännchen sucht Tigerweibchen“; „Schnell ermittelt“) feiert mit „Womit haben wir das verdient?“ ihr Spielfilm-Regiedebüt. Selbstverständlich hat sie auch das Drehbuch geschrieben.

Beim Burkini-Einkauf: Caroline Peters, Chantal Zitzenbacher und Duygu Arslan © Luna

DIE KRITIK: „Kannst du nicht einfach katholisch werden? Für mich wär’s schlimm genug“, fragt Mutter Wanda ihre kopftuchverhüllte Tochter Nina. „Und was bringt das?“, kommt es schnippisch zurück: „Merkt ja keiner!“
Kein Zweifel: Mutter und Tochter haben ein Problem. Die 16-jährige Nina, mitten in der Phase der Selbstfindung, sehnt sich nicht nur nach ihrem persönlichen Platz im Leben, sondern auch nach Aufmerksamkeit. Mama Wanda wiederum muss all ihre Toleranz aufbieten, um das frische Glaubens-Bekenntnis ihres Sprösslings zu akzeptieren. „Mit 16 Jahren – da machen die Hasenohren aufsetzen. Da machen die Koma-Saufen“, bricht es einmal aus ihr heraus. Aber Kopftuch tragen? Da wird’s der überzeugten Atheistin Wanda ganz anders.
„Womit haben wir das verdient?“ behandelt ein ernstes Thema. Doch Eva Spreitzhofer ist es als Autorin wie als Regisseurin gelungen, daraus eine Komödie zu destillieren, in der man viel und befreit lachen kann, ohne den realen Hintergrund des Spiels aus den Augen zu verlieren.
Was kommt bei der Muslimin Nina auf den Teller? Wie verhält sie sich in der Schule? Wie geht sie damit um, wenn sie in einem jungen Mann zärtliche Gefühle weckt? Themen wie diese geben reichlich Stoff für Konflikte und werden auf der Leinwand als kleine Grotesken abgehandelt.
Da sieht sich Wanda plötzlich mit einer muslimischen Mutter konfrontiert, die Ninas neuen Kleidungsstil  mit der Anmerkung kritisiert, Kopftücher seien unfeministisch. Was Nina allerdings nicht daran hindert, auch im Schwimmunterricht nur noch mit voller Verhüllung erscheinen zu wollen. Die Szene, in der Wanda mit ihrer Tochter und deren widerstrebender muslimischer Freundin (Duygu Arslan) loszieht, um Burkinis zu kaufen, zählt zu den komischsten des Films.
„Womit haben wir das verdient?“ begeistert mit rasanten und pointengespickten Dialogen, die dahinperlen wie eine Wiener Screwball Comedy. In ihrer Inszenierung bringt Eva Spreitzhofer dieses Tempo ungebremst auf die Leinwand. Die exzellenten DarstellerInnen, voran die ratlose Caroline Peters und die schmollende Chantal Zitzenbacher, füllen die Story mit prallem Leben und herrlichem Schmäh.
So liefert der Film dem Publikum ein besonders gelungenes Kino-Erlebnis: Man wird bestens unterhalten und hat nachher jede Menge Stoff für Diskussionen.
 
IDEAL FÜR:  Fans von wienerischen Komödien, die die Kombination aus Spaß und Ernsthaftigkeit goutieren.






Trailer
LÄNGE: 93 min
PRODUKTION: Österreich 2018
KINOSTART Ö: 30.11.2018
REGIE:  Eva Spreitzhofer
GENRE: Komödie
ALTERSFREIGABE: jugendfrei


BESETZUNG
Caroline Peters: Wanda
Chantal Zitzenbacher: Nina
Simon Schwarz: Harald
Hilde Dalik: Sissy
Duygu Arslan: Maryam
Alev Irmak: Hanife
Pia Hierzegger: Elke
Emily Cox: Therapeutin
Kida Khodr Ramadan: Imam

Interview
Ein fröhlicher Disput über den Islam
Die Wiener Filmautorin Eva Spreitzhofer („Schnell ermittelt“) hat mit „Womit haben wir das verdient?“ ihren ersten Spielfilm als Regisseurin gedreht. Im FilmClicks-Gespräch berichtet sie über die Hintergründe ihrer Kopftuch-Komödie, in der westliche Lebensart und Islam aufeinander prallen. Mehr...