The Cut

Familie, Verfolgung und Völkermord


FilmClicks:
„The Cut“: Heile Welt zu Beginn - der Armenier Nazaret Manoogian (Tahar Ramin) mit seinen Töchtern © Filmladen
DIE STORY: „The Cut“ ist ein Geschichts-Epos des deutsch-türkischen Star-Regisseurs Fatih Akin, das sich um den türkischen Genozid an den Armeniern im Jahr 1915 dreht. Akin hat aber kein Polit-Drama inszeniert, sondern er lenkt den Fokus auf ein Einzelschicksal.
Im Mittelpunkt von „The Cut“ steht der armenische Schmied Nazaret Manoogian (Tahar Ramin), der eines Tages durch die Türken von seiner Familie getrennt und in ein Lager gesteckt wird. Eine Massen-Hinrichtung überlebt er nur knapp, wird aber durch einen Messerstich („The Cut“) so schwer am Hals verletzt, dass er seine Stimme verliert.
Der nunmehr stumme Mann kann fliehen und beginnt eine jahrelange Odyssee mit dem Ziel, seine Familie wiederzufinden. 1922 erfährt er, dass seinen zwei Töchtern die Ausreise nach Amerika gelungen sei. Also folgt Nazaret ihnen nach – erst nach Kuba, und dann weiter in die USA.

Unterdrückt von den Türken: Die Armenier werden zur Fronarbeit gezwungen © Filmladen

DIE STARS: Fatih Akin ist seit seinem Debüt mit „Kurz und schmerzlos“ (1998) und dem Melodram „Gegen die Wand“, mit dem er 2004 den Goldenen Bären der Berlinale gewann, einer der führenden Filmemacher aus Deutschland. Sein Spektrum reicht von Komödien wie „Soul Kitchen“ bis zu Dokumentationen wie „Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul“ (Drehbuchpreis in Cannes 2007). 
Für „The Cut“ gelang es Akin, als Co-Autor den legendären Scorsese-Mitstreiter Mardik Martin zu gewinnen, der an den Skripts zu Welterfolgen wie „Wie ein wilder Stier“ oder „New York, New York“ beteiligt war. Hauptdarsteller Tahar Rahim gewann für die Hauptrolle in Jacques Audiards „Un Prophète“ den französischen Filmpreis César und den Europäischen Filmpreis.
 
DIE KRITIK: Eine bewegende Story, große Gefühle, grandiose Bilder: „The Cut“ hat vieles von dem, was ein Kino-Epos braucht, um so richtig abzuheben. Und doch zwingt es den Film gelegentlich zu Boden. Das ehrgeizige Projekt ist zu unrund und manchmal auch zu behäbig, um vom Beginn bis zum Schluss volle Wirkung zu entfalten.
Akin nähert sich dem Genozid des Jahres 1915 nicht analytisch. Man erfährt wenig über die Auslöser und die Hintergründe der Armenier-Verfolgung durch die Türken. Die historischen Ereignisse dienen dem Film nur als Fundament, auf dem das Familiendrama aufgebaut wird. „The Cut“ mutiert zur Vater-Tochter-Geschichte, die humanistisches Gedankengut preist.
So lässt man sich als Zuschauer mit dem Helden Nazaret Manoogian durch die unruhigen Geschehnisse im Morgenland treiben. Tahar Rahim legt den Armenier als glutäugigen und unbeugsamen Zeitgenossen an, der sich trotz aller Nieder- und Rückschläge nie entmutigen lässt, zu seiner Familie zurückzufinden.
Je mehr Zeit auf der Leinwand vergeht, umso mehr rückt das Armenien-Thema in den Hintergrund. In den Jahren nach dem  Ersten Weltkrieg reist Nazaret von seinem Zufluchtsort Aleppo in den Libanon, wo er in einem Waisenhaus erfährt, dass seine Töchter mittlerweile in Kuba verheiratet sind. Also will  und kommt auch er in die Karibik – nur um dort zu erfahren, dass die jungen Frauen in die USA weitergezogen sind.

Aufbruch nach Amerika: Nazaret sucht seine Töchter © Filmladen

Wenn Nazaret und der Film dann schließlich im kalten North Dakota ankommen, sind die Politik und die historischen Ereignisse im verblichenen osmanischen Reich endgültig Nebensache. „The Cut“ nähert sich einem Finale, in dem es nur noch um die Frage geht, ob Nazarets von Hoffnung und Spiritualität getragene Hartnäckigkeit, seine Töchter wieder in die Arme zu schließen, belohnt wird.
So ist der neue Akin-Film ein thematisch wie geografisch ausuferndes Werk, das vielleicht gerade wegen seiner Vielschichtigkeit immer mal wieder den Fokus verliert. „The Cut“ ist ein Kino-Ereignis, das den Zuschauer über weite Strecken durchaus zu fesseln vermag. Doch ein großer Film ist es nicht.
 
IDEAL FÜR: Fans der Filme von Fatih Akin, die den Regisseur bei seinem anspruchsvollsten Projekt begleiten wollen.






Trailer
LÄNGE: 138 min
PRODUKTION: Deutschland / Frankreich 2014
KINOSTART Ö: 09.01.2015
REGIE:  Fatih Akin
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Tahar Ramin: Nazaret Manoogian
Simon Abkarian: Krikor
Makram Khoury: Omar Nasreddin
Hindi Zahra: Rakel