T2: Trainspotting

Die Vergangenheit ist ein fieses, gefräßiges Tier


FilmClicks:
„T2: Trainspotting“: Ewen Bremner, Ewan McGregor, Jonny Lee Miller & Robert Carlyle (v. li.) © Sony
DIE STORY: „T2: Trainspotting“ setzt 20 Jahre nach den Ereignissen des ersten „Trainspotting“-Films ein. Der Junkie Mark Renton  (Ewan McGregor) hatte damals daheim in Edinburgh seine besten Freunde beklaut und sich mit 12.000 Pfund nach Amsterdam abgesetzt.
Nach einem Herzinfarkt überdenkt er nun sein Leben und fliegt zurück in die Heimat. Die alte Mannschaft findet er noch dort, wo sie immer war. Aber nicht alle aus der Clique sind froh, ihn wieder zu sehen. Zum Teil schlägt Mark offener Hass entgegen. Bis zum Schluss bleibt es offen, ob er den Trip in die Heimat überleben wird. Denn wie heißt es so schön im Film: „Erst kommt die Gelegenheit und dann der Verrat“.         

Renton (Ewan McGregor) und Sick Boy (Jonny Lee miller) waren einst enge Freunde © Sony

DIE STARS: des „Trainspotting“-Originals sind alle, und das ist eine verdammt gute Nachricht, wieder mit an Bord. Insgesamt ein großartig aufspielendes Ensemble.  
Ewan McGregor, der ja auch im echten Leben die größte Karriere von den Jungs hingelegt hat, dominiert „T 2“ – allerdings als großes Fragezeichen. Immer wieder scheint sich sein Renton im Film umzudrehen und zu fragen: „Was mache ich hier bloß?“ oder „Wie kann ich das Leben, das mir bleibt, noch einigermaßen genießen?“
Jonny Lee Miller alias Sick Boy, Rentons  bester Kumpel aus dem ersten Teil, ist nun ein Mensch mit möglicherweise finsteren Plänen. Soll er Renton den 12.000-Pfund-Verrat verzeihen oder ihn ans Messer liefern? Die Leinwand-Furie Begbie (Robert Carlyle) würde Renton nämlich zu gern umbringen.
Zwischen allen Fronten spielt Ewen Bremner („Sterben für Anfänger“) alias Spud den wahrhaft ehrlichen Typen, der allerdings immer wieder wie ein Häufchen Elend wirkt. Er will einfach nur sterben oder jemanden finden, der ihn von seiner Drogensucht befreit.

Spud (Ewen Bremner, re.) ist des Drogen-Lebens überdrüssig © Sony

DIE KRITIK: Die zahlreichen Fans von „Trainspotting“ hatten schon lange danach geschrien. Sie wollten unbedingt eine Fortsetzung des Kultfilms haben.
An der Romanvorlage kann es nicht gelegen haben, dass so viele Jahre ins Land gehen mussten. Denn „Trainspotting“-Autor Irvine Welsh hatte schon 2002 seinen Roman „Porno“ vorgelegt, der die Geschichte der schottischen Drogenvernichter und Kleinkriminellen weiterspinnt.
Doch Regisseur Danny Boyle hatte offenkundig wenig Lust, diesen Roman zu verfilmen (in „T 2“ sind nur winzige Spuren des Buches enthalten). Boyle, der über die Jahre hinweg immer gut beschäftigt war (zum Beispiel mit „Slumdog Millionär“), wollte den Kult nicht mit einer schwer zu verfilmenden Geschichte oder einer mittelmäßigen Fortsetzung ruinieren. Doch nun, mehr als 20 Jahre später, scheint die Zeit reif für den zweiten Teil der schottischen Drogen-Saga.
Eine Handlung braucht dieser neue, etwas ruhigere Trip noch weniger als der erste Film. Hier stehen nur zwei Gedanken im Zentrum: Wo sind all die Jahre hin? Und: Welches Schwein hat uns die Jugend geklaut?
Es gibt Rudimente einer Geschichte. So soll mitten in einer absolut abgefuckten Umgebung eine „High-Class-Sauna“ (ein Bordell) entstehen. Bis der örtliche Gangster auftaucht und die Sache drastisch beendet. Auch die Versuche von Begbie, sich irgendwie an Renton zu rächen und nebenbei seinen Sohn zum Gangster zu erziehen, könnte man als Story werten. Aber das zieht sich nicht stringent durch den Film.
Es wird – ohne geschwätzig zu sein – viel reflektiert. Ewan McGregor darf seinen berühmten „Choose Life“-Dialog aus dem ersten Teil – an unsere iPhone-Zeit angepasst – wiederholen. Ständig überlegen die Männer, was man denn ändern könnte am Leben. Dass sie nichts ändern werden, weiß man sofort.
Auch Danny Boyle ist in die Jahre gekommen. Das merkt man dem Film an, der einen nicht mehr aus dem Sessel haut. Spannend wäre die Frage, wie das ein junger Mensch sieht, der den ersten Teil, wenn überhaupt, dann nur vom Hörensagen kennt. „T2“ ist sehr elegant. Die Kameraarbeit hervorragend. Danny Boyle spielt noch immer sehr gern mit den Bildern und friert sie in entscheidenden Situationen ein.
Was den Film extrem unterhaltsam macht, ist der Einsatz der Musik. Viele alte Nummern aus dem ersten Teil werden wiederholt, aber nicht auf plumpe Weise. Mal ist es ein Remix, dann hört man (etwa bei Lou Reeds „A Perfect Day“) nur ein paar Takte.
In einer der besten Szenen versucht Renton, die alte Hymne „Lust for Life“ auf einer Schallplatte abzuspielen. Aber schon nach einer Sekunde reißt er die Nadel wieder hoch. Was er uns sagen will: Die Vergangenheit ist ein fieses gefräßiges Tier. Aber ohne sie geht es nun mal auch nicht.      
               
IDEAL FÜR: Menschen, die auf verdammt cooles Kino stehen, das aber nicht nur verdammt schick aussieht und sexy klingt, sondern auch sehr viel über das Leben und über die Zeit zu sagen hat.     






Trailer
LÄNGE: 118 min
PRODUKTION: Großbritannien 2017
KINOSTART Ö: 09.03.2017
REGIE:  Danny Boyle
GENRE: Drama|Komödie
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Ewan McGregor: Renton
Jonny Lee Miller: Sick Boy
Robert Carlyle: Begbie
Ewen Bremner: Spud

Interview
„Männer haben ein Problem mit dem Alter!“
„Trainspotting“-Regisseur Danny Boyle berichtet im FilmClicks-Interview, warum er sich 20 Jahre Zeit ließ, um den Nachfolgerfilm „T2“ zu drehen. Die lange Pause passt zum Thema des Films: „Dies ist ein Film über Zeit“.                  Mehr...