Kino Wien Film

Eine Liebeserklärung an den Film, das Kino und Wien


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Eines der ältesten Kinos Europas: Das Wiener Admiral Kino zeigt heute Arthaus-Hits © Rosdy
GESAMTEINDRUCK: Die Doku „Kino Wien Film“ ist eine informative, fesselnde und manchmal auch ans Herz gehende Expedition durch mehr als 120 Jahre Wiener Kino-Geschichte – von 1896 bis heute.

DIE STORY: „Kino Wien Film“ blickt zurück auf längst vergangene Zeiten, in denen fast an jeder Straßenecke der österreichischen Hauptstadt ein Kino lockte. Die Dokumentation von Paul Rosdy beleuchtet zugleich die Situation von heute, in der die Gesamtzahl der Lichtspieltheater merklich gesunken, jene der Leinwände pro Kino aber massiv gestiegen ist. Vom ersten Vorführraum der Brüder Lumiére in der Wiener Innenstadt bis zu den Multiplex-Palästen unserer Zeit: Die Doku ist eine Liebeserklärung an alle Kinos und prunkt mit vielen Anekdoten und Geschichten.

Nur noch Erinerung: Das große Forum-Kino an der Zweierlinie in Wien © Rosdy

DIE STARS: Das Eos, das Forum, das Zentral oder das Schwedenkino (am Schwedenplatz): „Kino Wien Film“ bringt eine Wiederbegegnung mit legendären Wiener Lichtspieltheatern,  die nur noch in der Erinnerung existieren. Regisseur Paul Rosdy, selbst ein gebürtigerWiener, besucht aber auch alte Kinos, die den Sprung in die Gegenwart geschafft haben – das Bellaria, das Admiral, die Breitenseer Lichtspiele oder das große Haydn-Kino. All diese Lichtspieltheater sind die Stars der Dokumentation, die man gerne auch in der perfekten Projektionstechnik eines modernen Kino Centers genießen kann.

Das Apollo: Frühe Bilder eines Filmpalasts, der (verändert) bis heute floriert © Rosdy

DIE KRITIK: Wer kennt heute noch den ehrenwerten (aber längst ausgestorbenen) Beruf des Kinopendlers? Da müssen selbst Fachleute passen. Also: Ein Kinopendler war in früheren Jahrzehnten ein Angestellter, der Filmrollen von einem Kino zum anderen schleppte.
Denn bei kleinen Häusern war es Usus, zeitversetzt die gleichen Filme zu spielen. Doch weil sich nicht alle Kinos die teuren Kopien leisten konnten, walteten die Pendler ihres Amtes. Ein früher Fall von On-Time-Lieferung, quasi: die gerade abgespielte erste Rolle aus Kino A musste zeitgerecht zum Vorstellungsbeginn im Kino B eintreffen. Und so fort mit Rolle zwei, drei und vier... Ein stressiger Job, der beim Publikum großen Verdruss auslösen konnte, wenn der Pendler einmal im Stau stecken blieb.
In „Kino Wien Film“ erfährt man viele solche Geschichten aus der Vergangenheit, die heute reichlich exotisch klingen. Man begegnet Kinotechnikern, die mit allen Formaten der großen Projektionsmaschinen umgehen konnten – eine Kunst, die jetzt, im Zeitalter der digitalen Projektion, kaum noch gefragt ist.
Man macht in den Zeiten des Aufbruchs Station (1928 gab es in Wien 178 Kinos) und in jenen des Niedergangs – in den Fünfzigern, als das Fernsehen populär wurde, setzte das große Kinosterben ein (1986 zählte man in der Hauptstadt nur noch 58 Kinos mit 96 Leinwänden).



All das hat Regisseur Paul Rosdy mit großer Akribie, alten Dokumenten, aktuellen Interviews und neuen Bildern in eine Dokumentation verpackt, die keinen Filmliebhaber unberührt lässt. Manchmal ist „Kino Wien Film“ ein Film zum Staunen. Manchmal wird man wehmütig, wenn’s um Glanz & Gloria früherer Zeiten geht. Und gar nicht so selten hat man auch Gelegenheit zum Schmunzeln.
Letzteres gilt allerdings nicht, wenn es um die dunkelsten Kapitel der Wiener Kino-Geschichte geht. Christian und Herbert Dörfler, die Besitzer des heute mit Originalfassungen florierenden Haydn-Kinos, erzählen als exemplarisches Beispiel über die Geschichte ihres Hauses.
Das alte Haydn-Kino wurde den jüdischen Eigentümern, der Familie Honig, von den Nazis weggenommen. Zwar erhielten es die Erben nach Kriegsende wieder zurück, doch der Elan war gebrochen. Die Dörflers machten sich in enger Abstimmung mit der Familie daran, das Haus wieder zu reaktivieren.
Heute stehen alle Kinos durch die Konkurrenz von Netflix & Co vor neuen Herausforderungen.  Doch „Kino Wien Film“ mag aufgrund der digitalen Konkurrenz nicht vor einem neuen Kinosterben warnen. Ganz im Gegenteil. Paul Rosdy lässt den Cineplexx-Chef Christof Papousek zu Wort kommen, der Optimismus verströmt: „Wir haben heute mehr Kinobesucher als Anfang der Neunziger Jahre. Es gibt mehr Filme denn je, die auf den Markt kommen.“ Und damit auch ins Kino.

IDEAL FÜR: Alle Filmfreunde, die das Kino (und speziell die Wiener Kinos) lieben.  






Trailer
LÄNGE: 97 min
PRODUKTION: Österreich 2018
KINOSTART Ö: 15.03.2019
REGIE:  Paul Rosdy
GENRE: Dokumentation
ALTERSFREIGABE: jugendfrei