Jimmy's Hall

Ein Arbeiterführer bittet zum Tanz


FilmClicks:
„Jimmy’s Hall“: Eine wahre Geschichte aus Irland mit Simone Kirby und Barry Ward (unten Mitte) © Polyfilm
DIE STORY: „Jimmy`s Hall“ liegt mitten im allerschönsten irischen Nirgendwo. Im Jahr 1909 hat James „Jimmy“ Gralton (Barry Ward) dieses Gemeindezentrum ins Leben gerufen. Man kann dort Sport treiben und sich über den neuesten Dorftratsch unterhalten. Aber auch singen und tanzen. Besonders der Kirche ist all dies sehr suspekt. Als Gralton in die USA gehen muss, weil er in Irland kein Auskommen mehr hat, sind die Obrigkeiten sehr froh. Allerdings kehrt er 1932 zurück. Und nun versucht er erneut, „Jimmy`s Hall“ Leben einzuhauchen. Was die Kirche nicht lange tatenlos geschehen lässt.

In „Jimmy’s Hall“ wird auch getanzt. Die Kirche findet das unmoralisch © Polyfilm

DIE STARS: Auf die kann Regie-Legende Ken Loach so gut wie immer verzichten. Auch dieses Mal ist die Geschichte der Star. Wie er den Aufrührer und Unruhegeist James Gralton der Vergessenheit entreißt, das nötigt allergrößten Respekt ab.
 
DIE KRITIK: Ken Loach mag in die Jahre gekommen sein. Und vielleicht wird der Altmeister nie wieder an seine großen Meisterwerke wie „Kes“ oder „Riff-Raff“ heranreichen. Aber der fast 80 Jahre alte Engländer wird nicht müde, immer und immer wieder Geschichten vom sozialen Elend zu erzählen.
Dieses Mal hat Loach gemeinsam mit seinem Drehbuchautor Paul Laverty eine Story ausgegraben, die viele Iren wohl lieber nicht an die Öffentlichkeit gezerrt gesehen hätten. Es geht um den vergessenen irischen Arbeiterführer und Querkopf James Gralton (Barry Ward). Zweimal zwangen ihn die Umstände ins Ausland. 1909 ging er in die USA, um dort sein Glück zu suchen. Aber er vergaß nie die Heimat. Und kehrte 1932 – da setzt der Film ein – nach Irland zurück.
Stück für Stück erfährt der Zuschauer, was es mit diesem alten und verfallenen Gebäude am Rande des Ortes auf sich hat. Was sich genau zu Beginn des 20. Jahrhunderts in „Jimmy`s Hall“ abgespielt hat. James Gralton will eigentlich seine Ruhe und einen Neuanfang in Irland. Aber die Jugend sieht in ihm einen Hoffnungsträger, bedrängt ihn, dass „Jimmy`s Hall“ vielleicht wieder auferstehen kann. Jimmy sagt nach langem Zögern zu und zuerst scheinen auch alle glücklich zu sein. Die Menschen haben einen Ort, an dem sie sich versammeln können.
Was der Kirche und anderen Bedenkenträgern aber vor allem zu Ohren kommt: Gralton hat ein Grammophon aus den USA mitgebracht. Und nun wird zu „sündiger Musik“ getanzt. Es dauert nicht lange, bis wieder Konflikte ausbrechen und die Obrigkeit in Gralton eine Gefahr sieht und ihn inhaftieren will.
Ken Loach erzählt vom Leben des James Gralton mit großer Ruhe und Überlegtheit. Übertriebene Effekte sucht man hier ebenso vergebens wie schnelle und hektische Schnitte. Ein poetischer Ausflug beinahe 100 Jahre zurück und ein weiteres Stück kluger Erklärung, warum auf der Insel Irland nur schwerlich Ruhe einkehrt.    
 
IDEAL FÜR: Irland-Fans und alle Kinogänger, die es mögen, wenn im Kino in aller Ausführlichkeit eine längst untergegangen Epoche wieder aufersteht.






Interview
Der Revolutionär, der aus den Archiven verschwand
Drehbuchautor Paul Laverty erzählt im FilmClicks-Interview über den irischen Bürgerrechtler Jimmy Gralton, dem Regisseur Ken Loach mit „Jimmy’s Hall“ ein filmisches Denkmal setzte. Mehr...
LÄNGE: 109 min
PRODUKTION: Großbritannien / Frankreich 2014
KINOSTART Ö: 03.10.2014
REGIE:  Ken Loach
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Barry Ward: James Gralton
Simone Kirby: Oonagh