Hard Powder

Schwarzer Humor im weißen Schnee (2)


FilmClicks:
Im Prinzip ein friedlicher Mann: Liam Neeson als Schneepflugfahrer Nels Coxman © Studiocanal
GESAMTEINDRUCK: Das Thriller-Remake „Hard Powder“ bietet wunderbar rabenschwarzes Kino über die Unmöglichkeit von Rache.
 
DIE STORY: „Hard Powder“ spielt in der Nähe von Denver, in einem verschneiten kleinen Kaff in den Rocky Mountains. Dort hat der Schneepflugfahrer Nels Coxman (Liam Neeson) die meiste Zeit des Jahres gut zu tun. Weshalb er eines schönes Tages zum „Bürger des Jahres“ ernannt wird. Kurz danach allerdings erfährt er, dass sein Sohn – mit Drogen vollgepumpt – tot aufgefunden wurde. Nels glaubt nicht an eine natürliche Todesursache und beginnt, Fragen zu stellen. Als er erfährt, dass der Gangster Viking (Tom Bateman) seinen Sohn auf dem Gewissen hat, beginnt er, Vikings Mannschaft nach und nach zu dezimieren.

Die Gegner: Drogenboss Viking (Tom Bateman, l.) und Nels Coxman (Neeson) © Studiocanal

DIE STARS: Schon verrückt, wenn man sich mal überlegt, welche Karriere der Ire Liam Neeson genommen hat. Jüngere Menschen dürften nur noch mit den Schultern zucken, wenn man vom Oscar-Preisträger („Schindlers Liste“) und Top-Charaktermimen („Michael Collins“ oder „Kinsey“) spricht. Neeson heute, das ist für die meisten Filmfans der Rächer, vor dem kein Schurke dieser Welt sicher ist.
Auch in „Hard Powder“ variiert er diese Rolle ein weiteres Mal. Aber zum Glück hat ihn Regisseur Hans Petter Moland nicht in eine edle Rächer-Rüstung gesteckt. Dieser Nels Coxman tötet nur sehr ungern. Außerdem fehlt ihm jede Erfahrung („…ich weiß, wie das Töten und Entsorgen der Leichen geht. Habˋs in einem Krimi gelesen“). Das gibt der Hauptfigur einen sehr angenehmen Touch des Imperfekten.
An Neesons Seite hätte die fabelhafte Laura Dern als seine Gattin famos aufspielen können. Leider verschwindet sie sehr bald aus der Story. So dass dieser Film – mal wieder – einer ist, der unter vielen sehr wütenden Männern spielt.

Laura Dern und Liam Neeson als Ehepaar, das kurz vor der Trennung steht © Studiocanal

DIE KRITIK: Wer regelmäßig ins Kino geht und Rache-Thriller zu schätzen weiß, dem ist die Geschichte von „Hard Powder“ alles andere als neu. Denn im Jahr 2014 gab es den Film des norwegischen Regisseurs Hans Petter Moland schon einmal. Er kursierte damals unter drei Namen. Bei der Berlinale-Premiere hieß er „KraftIdioten“, in den Kinos bei uns dann „Einer nach dem Anderen“. Und in den USA startete der Thriller als „In Order Of Disappearance“. Da Amerikaner aber generell nur sehr ungern Filme mit Untertiteln schauen und es dort keine Synchro-Kultur gibt, bekam Moland das Angebot, ein Remake auf Englisch zu drehen.
Statt Stellan Skarsgard macht sich nun Liam Neeson auf die Suche nach den Mördern seines Sohnes. Beide sind fantastische Schauspieler, die so einen Film mit links schultern. Das eigentliche Problem mit Liam Neeson offenbarte sich bei der Pressetour zum Film.
Denn dem britischen „Independent“ berichtete er davon, was Rache in seinem Leben bedeutet und wie er vor über 40 Jahren beinahe zum Mörder geworden wäre. Das Netz schäumte. Simpel gestrickte Menschen wie die Sängerin Lilly Allen beschimpften Liam Neeson. Der das sicher locker weggesteckt hätte. Aber dem Film hat es nicht gut getan. In den USA sind lange nicht so viele Menschen in „Hard Powder“ gegangen wie vorhergesagt.
Man kann Hans Petter Moland deswegen keinen Vorwurf machen. Er sollte seinen norwegischen Film noch einmal drehen. In exakt demselben Ton. Und genau das hat er getan. Es ist aber keine Blaupause - wie dereinst „Psycho“ von Gus van Sant - dabei herausgekommen.
Die Geschichte bleibt im Kern dieselbe. Aber Moland hat sanft an der Veränderungs-Schraube gedreht. Die weiße Schneelandschaft sieht noch ein bisschen schöner aus als im Original. Die Rockys zeigen sich von ihrer besten Seite. Die Dialoge sind noch ein wenig absurder. Es fehlt der kürzlich viel zu früh verstorbene Bruno Ganz als Chef der Serben-Mafia. Dafür gibt es dieses Mal einen wunderbaren Konflikt zwischen einer Indianer-Drogen-Mafia und ihren weißen Kollegen. Es wird auch hier wieder heftig gestorben. Wer das Original allerdings kennt, der muss diesen sehr unterhaltsamen Film nicht unbedingt anschauen.
 
IDEAL FÜR: Kinogänger mit einem Sinn für schwarzen Humor, die das Original von „Hard Powder“ aus dem Jahr 2014 nicht kennen.






Trailer
LÄNGE: 119 min
PRODUKTION: USA / Großbritannien 2019
KINOSTART Ö: 28.02.2019
REGIE:  Hans Petter Moland
GENRE: Action|Thriller
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Liam Neeson: Nels Coxman
Laura Dern: Grace Coxman
Tom Bateman: Viking Calcote
Michael Eklund: Speedo
Emmy Rossum: Kim Dash

Interview
„Früher hatten wir Paparazzi. Heute gibt es die Twitterazzi“
Für den norwegischen Regisseur Hans Petter Moland liegen Hoch und Tief aktuell nah beieinander. Im FilmClicks-Interview spricht er über sein Thriller-Remake „Hard Powder“, das glänzende Kritiken bekam, doch wegen unbedachter Aussagen des Stars Liam Neeson in einen Shitstorm geriet. Mehr...