Gemini Man

Der Killer und der Klon


FilmClicks:
Doppelter Will Smith: Der Auftragskiller Henry Brogan (Hintergrund) wird vom geklonten Junior gejagt © Paramount
GESAMTEINDRUCK: „Gemini Man“ ist ein optisch brillanter, inhaltlich aber altbackener Science-Fiction-Actionreißer, der an der Aufgabe scheitert, das Publikum für den Kampf zwischen einem Killer und einem Klon (beide verkörpert von Will Smith) zu begeistern.
 
DIE STORY: Nachdem er im Auftrag des US-Geheimdiensts DIA 72 Menschen umgebracht hat, findet der 51-jährige Auftragskiller Henry Brogan (Will Smith), nun sei er reif für die Rente. Doch seine größte Auseinandersetzung steht ihm noch bevor. Sein Boss Clay Verris (Clive Owen) ist nämlich der Meinung, nur ein toter pensionierter Attentäter sei ein guter pensionierter Attentäter. Deshalb setzt er einen Killer auf den Killer an, dem Brogan mit Müh und Not entkommen kann – und der aussieht, als wäre er eine jüngere Ausgabe seiner selbst. Brogan findet heraus, dass ihn sein Chef heimlich klonen ließ. Nun muss er sich dieser Kampfmaschine, genannt Junior, zum Duell stellen.

Verbündete: Henry (Will Smith) und Danny (Mary Elizabeth Winstead) © Paramount

DIE STARS: Will Smith, zuletzt als Flaschengeist Ginni in „Aladdin“ zu sehen, ist ja hauptsächlich für Komödien berühmt, macht aber zwischendurch gern Abstecher ins düstere Fach. Die Doppelrolle als Killer und Klon in „Gemini Man“ ist natürlich eine besondere Herausforderung, wobei der ältere Henry Brogan von Smith leibhaftig gespielt wird, während der um 23 Jahre jüngere Junior mit Will Smiths Gesichtszügen im Computer entstand.
Mary Elizabeth Winstead, die als Agentin an Henry Brogans Seite steht, errang große Aufmerksamkeit mit der Hauptrolle im Psychothriller „10 Cloverfield Lane“. In „Gemini Man“ beweist die smarte Amerikanerin ihr Talent für höhere Aufgaben.
Produzent Jerry Bruckheimer („Pirates Of The Caribbean“) holte als Regisseur einen zweifachen Oscar-Preisträger an Bord: Der taiwanesisch-amerikanische Filmemacher Ang Lee wurde für „Brokeback Mountain“ und „Schiffbruch mit Tiger“ mit dem Academy Award für die beste Regie ausgezeichnet.

Geheimdienst-Boss Clay Verris (Clive Owen) und die geklonte Kampfmaschine Junior © Paramount

DIE KRITIK: Das Interessanteste am Actionreißer „Gemini Man“ ist ein technischer Aspekt. Der Film wurde von Regisseur Ang Lee in einem neuen Verfahren namens 3D+ gedreht. Dabei werden nicht, wie üblich, 24 Bilder pro Sekunde aufgenommen, sondern 120, die später für die Projektion wieder auf 60 Bilder pro Sekunde reduziert werden. Die Proponenten preisen die Technik als „das beeindruckendste Kinoerlebnis, das derzeit in einem Filmtheater möglich ist.“
Was die Bildqualität betrifft, ist das nicht zu viel versprochen. „Gemini Man“ ist visuell von einer Klarheit und Tiefe, wie man sie sonst aus dem Kino nicht kennt. Freilich würde man sich die tolle Optik in einer stärkeren Geschichte wünschen als in diesem flachen und langatmigen Reißer.
„Gemini Man“ – das Drehbuch kursiert, wie man im Netz nachlesen kann, schon seit 20 Jahren in Hollywood – steht sich von Beginn an selbst im Weg. Zunächst fordert der Film vom Publikum, einen Massenmörder als Helden zu akzeptieren. In der ersten Sequenz wird man Zeuge, wie dieser Henry Brogan einen vermeintlichen Terroristen aus großer Distanz in einem fahrenden Schnellzug  erschießt und dabei natürlich auch die Mitreisenden des Opfers schockt.
Das ist definitiv keine sympathische Aktion von Mr. Brogan, auch wenn er sein Attentat im geheimen, aber offiziellen Auftrag der Vereinigten Staaten von Amerika verübt. Kurze Zeit später wird Brogan vom Jäger zum Gejagten, was es etwas leichter macht, ihm gelegentlich die Daumen zu drücken. Obendrein gibt Will Smith der Figur mit sensiblem, nachdenklichem Spiel durchaus Substanz.
Wenn Brogan auf der Leinwand seinen Helfern begegnet – der burschikosen Agentin Danny (Mary Elizabeth Winstead) und dem kühnen Piloten Baron (Benedict Wong) –, macht der Film noch Spaß. Das beginnt sich zu ändern, wenn Clive Owen als eiskalter und zwielichtiger Geheimdienst-Boss auftritt. Und jede Faszination für die Story erlischt (zumindest ging’s dem Rezensenten so), wenn sich der geheimnisvolle Gegner, der Brogan umbringen will, als dessen Klon herausstellt.
Denn die Geschichte vom künstlich hergestellten Menschen wirkt – Science Fiction hin oder her – in diesem Film nicht glaubhaft, sondern schwerstens konstruiert. Obendrein ist man von nun an mit arg viel Will Smith konfrontiert. Während der echte Will, wie schon erwähnt, prächtig spielt, ist Junior, dem Klon, seine Herkunft aus dem Trickcomputer anzumerken. Zwar bewegt er sich wie ein Weltmeister, aber seine Mimik ist so hölzern, als würde auch beim Klonen mit Botox gearbeitet.  
Nach guter, alter Action-Manier müssen Henry und sein Klon immer wieder übereinander herfallen; vorzugsweise vor prächtigen Kulissen wie etwa in der Altstadt von Budapest. Hier kann sich zwar die Kamera mit tollen Effekten in 3D+ austoben, doch die Geschichte wird durch die zu langen Sequenzen gebremst.
Die vielen Autoren von „Gemini Man“ haben für die Dialogszenen zwei Vater-Sohn-Geschichten ins Drehbuch geschrieben (zwischen Junior und seinem Ebenbild Henry sowie zwischen Junior und seinem Auftraggeber Clay Verris).  Die haben jedoch, angesichts vieler Platitüden, eher lähmenden Charakter. Ang Lee, dem großen Filmkünstler am Regie-Pult, fällt zu dem schwachen Material wenig ein.  Was den Oscar-Preisträger dazu bewogen haben mag, diesen Film zu inszenieren, bleibt ein Rätsel.
 
IDEAL FÜR: Fans von Will Smith und für Technik-Fans, die eine neue Dimension an 3D-Qualität erleben wollen.






Trailer
LÄNGE: 118 min
PRODUKTION: USA 2019
KINOSTART Ö: 03.10.2019
REGIE:  Ang Lee
GENRE: Action|Science Fiction
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Will Smith: Henry Brogan / Junior
Mary Elizabeth Winstead: Danny Zakarweski
Clive Owen: Clay Verris
Benedict Wong: Baron