Gegen den Strom

Humor, Spannung und Hochspannungs-Masten


FilmClicks:
Halla (Halldora Geirhardsdottir) sucht nach einem Anschlag Deckung vor einem Helikopter © Polyfilm
GESAMTEINDRUCK: „Gegen den Strom“ ist eine sehr komische und zugleich sehr ernsthafte Komödie über eine Umwelt-Aktivistin aus Island, die mit strafrechtlich höchst zweifelhaften Methoden (sie kappt Hochspannungs-Leitungen) gegen die Industrie kämpft.
 
DIE STORY: Daheim in Reykjavik lebt die Endvierzigerin Halla (Halldora Geirhardsdottir) ein besinnliches Leben als Chorleiterin. Doch sie kann auch anders. Mit Pfeil und Bogen, später sogar mit geklautem Sprengstoff, attackiert sie eine Stromleitung, die zu einer Aluminiumfabrik führt. Da das offizielle Island Hallas Ansicht nicht teilt, Großkonzerne seien des Teufels, ist bald die Polizei hinter ihr her. Zum Glück findet Halla Hilfe bei ihrer Zwillingsschwester und bei ihrem dicken Cousin Sveinbjörn. Ewig kann sie ihren Aktionismus eh nicht durchhalten. Denn in der Ukraine wartet ein vierjähriges Waisenmädchen darauf, von Halla adoptiert zu werden.
 
DIE STARS: Von Stars zu sprechen, wäre bei „Gegen den Strom“ höchstens in Island angemessen. In unseren Breiten kann man konstatieren, dass es in dem Inselstaat im Norden ganz ausgezeichnete DarstellerInnen gibt; voran die famose Halldora Geirhardsdottir, die nicht nur höchst sensibel spielt, sondern auch unermüdlich wie eine Triathletin durch die kargen Landschaften Islands wetzt.
Benedikt Erlingsson, der Regisseur und Co-Autor, erfreute 2015 das Arthaus-Publikum auch bei uns mit der schrägen Island-Komödie „Von Menschen und Pferden“.
 
DIE KRITIK: Die Grenze zwischen engagiertem Protest und jener Form des Widerstands, bei der besorgte Bürger jedweder Couleur das Recht in die eigenen Hände nehmen, ist bekanntlich ein schmaler Grat. Die Umwelt-Aktivistin Halla überschreitet diese Grenze in „Gegen den Strom“ ohne schlechtes Gewissen. Sie ist überzeugt, etwas Gutes zu tun, wenn sie die Stromversorgung einer großen Fabrik lahmlegt. Schließlich sind die profitgierigen Konzerne doch mit-, wenn nicht gar hauptverantwortlich für viel Elend in der Welt. Oder etwa nicht?
Regisseur Benedikt Erlingsson inszeniert seine schwarzhumorige Öko-Groteske so, dass die Sympathien automatisch der Protagonistin zufliegen. Man drückt Halla die Daumen, wenn sie die Stromleistungen knistern oder gar fallen lässt. Man wünscht ihr Glück, wenn sie sich anschließend vor den Drohnen und Hubschraubern versteckt, mit denen die Staatsmacht das Terrain absucht. Und man grinst über die Schelmenstücke ihres Helfers Sveinbjörn, der Halla schon mal unter Schafen versteckt, um sie mit dem Lieferwagen aus der Gefahrenzone zu schmuggeln.
So ist „Gegen den Strom“ eine sehr unterhaltsame Komödie mit jenem herrlichen ultratrockenen Humor geworden, der zu den Markenzeichen von Filmen aus Europas Norden gehört. Erlingsson setzt auf coole Pointen und auf perfekt getimte Situationskomik. Eine zusätzliche und köstliche Besonderheit ist die Tatsache, dass die Schöpfer der Filmmusik (ein Instrumental-Trio aus Island und ein Gesangs-Trio aus der Ukraine) häufig selbst ins Bild kommen, während vor ihnen die (besinnlich inszenierte) Action tobt.
So ist „Gegen den Strom“ ein skurriler und witziger Film geworden, der keinen Zweifel daran lässt, dass er humanistische Anliegen vertritt (die auch dadurch deutlich werden, dass sich Halla ganz heftig auf das Adoptivkind freut,  das ihr das Drehbuch beschert). Allerdings lässt der Film das Publikum mit der Frage allein, ob es nun wirklich vertretbar ist, Strommasten mit einer Ladung Semtex-Sprengstoff umzulegen. Recht so: Man soll ja nach dem Kinobesuch etwas zum Diskutieren und zum Nachdenken haben.  
 
IDEAL FÜR: Umweltbewegte Filmfreunde, die eine Ader für den grotesken nordischen Humor haben.






Trailer
LÄNGE: 101 min
PRODUKTION: Island / Ukraine / Frankreich 2018
KINOSTART Ö: 14.12.2018
REGIE:  Benedikt Erlingsson
GENRE: Drama|Komödie
ALTERSFREIGABE: ab 8


BESETZUNG
Halldora Geirhardsdottir: Halla / Asa
Johann Sigurdarson: Sveinbjörn
Juan Camillo Roman Estrada: Juan Camillo
Jörundur Ragnarsson: Baldvin