Eltern

(K)eine ganz ideale Familie


FilmClicks:
Spaziergang in Berlin: Charlie Hübner und Christiane Paul mit Film-Töchtern und Au Pair © Thim Film

DIE STORY: „Eltern“ mag nicht den originellsten Titel dieses Filmjahres haben. Aber er trifft ganz gut. Denn Regisseur Robert Thalheim bleibt ganz dicht dran an seinem Pärchen. Konrad (Charly Hübner) und Christine (Christiane Paul) hatten vereinbart, dass er sich eine Auszeit nimmt und die beiden Kinder erzieht. Sie stattdessen hat Karriere als Ärztin gemacht. Nun will er zurück in den Job als Theaterregisseur. Zur Entlastung wird ein Au-Pair-Mädchen aus Argentinien eingeflogen. Und damit beginnt das allerfeinste Chaos.
DIE STARS: Charly Hübner (der starke Kommissar aus dem Rostocker „Polizeiruf 110“) und Christiane Paul (die Schauspielerin und promovierte Medizinerin) tragen den Film in einer Art, dass man sie nur bewundern kann. Die Kinder nerven, sie fordern Liebe und Zeit und Nahrung (am besten alles gleichzeitig) ein und die beiden bleiben herrlich ruhig. Man sieht, dass sie Erfahrung im richtigen Leben haben.  
KURZKRITIK: Filme über die Familie arten schnell aus. Man denke nur an zahlreiche Dogma-Filme. Die kleine Vorhölle lässt niemanden unverwundet zurück. Oder die Familie wird zum puren Wohlfühlort. Tausendmal in Hollywood-Filmen gesehen. Robert Thalheim, der schon mit „Netto“ und „Am Ende kommen Touristen“ starke Marken gesetzt hat, entscheidet sich für einen anderen Weg. Er versucht, in seiner Tragikomödie so viel Alltag wie möglich zu zeigen. Da Thalheim ein sehr genauer Beobachter und sensibler Regisseur ist, gelingen schöne Szenen in diesem Film, der das alltägliche Leben auf eine Woche verdichtet.      
IDEAL FÜR: Filmfans, die mehr als einen Hauch Realismus mögen. Man darf allerdings kein Kinderhasser sein. Ansonsten könnte man mit den eigenwilligen Kids arge Probleme bekommen.

FilmClicks Kritik. Wie viel Zukunft hat das Modell Mutter-Vater-Kind? Wie viel Freiheiten darf ich mir noch nehmen, wenn ich mich entscheide, Kinder in die Welt zu setzen und mit der Mutter der Kinder – um es mal ganz sachlich zu beschreiben – Bett und Tisch teile? Bis zu welcher Grenze dient mein Engagement dem Allgemeinwohl und wo fängt die Selbstverleugnung an?
 
Dem Berliner Robert Thalheim dürften diese und noch viele andere Fragen durch den Kopf gegangen sein, als er sein Projekt „Eltern“ begann. Das wirklich Schöne an diesem Film: Alle Fragen werden irgendwie beantwortet. Aber nicht platt. Und zugleich stellen sich ein Dutzend Fragen mehr. 

Thalheim zeigt in seinem Film das Leben einer Berliner Familie, wobei diese auch in Wien oder Bern oder anderswo hätten angesiedelt werden können. Konrad ist Theatermacher aus Leidenschaft und hat seinen Beruf für zehn Jahre ruhen lassen, um sich der Erziehung der beiden Töchter zu widmen. Christine hingegen geht weiter als Ärztin arbeiten. Vor fünfzehn Jahren hätte man noch von verkehrter Welt im Kino gesprochen. Heute ist dieses Modell „Vater daheim, Mutter arbeitet“ sicher nicht allgegenwärtig, aber es kommt hin und wieder vor.

Nach der Dekade Auszeit will er zurück in den Beruf. Um den Alltag für die Familie etwas stressfreier zu gestalten, wird ein Au-Pair-Mädchen aus Argentinien gebucht. Kaum ist Isabel gelandet, beginnt das nächste Chaos. Denn das Mädchen ist schwanger und weiß nicht, ob sie das Kind behalten soll. Konrad und Christine – das ist das einzige Manko an diesem großartigen Film – geben Isabel Zeit und wollen sie unterstützen. Die Realität würde wohl so aussehen, dass ein Anruf bei der Au-Pair-Agentur das Problem löst.
 
Aber Robert Thalheim mag den Konflikt und auch die szenische Überhöhung sowie Verdichtung, weshalb all das, was normalerweise in mehreren Wochen oder Monaten passieren würde, hier in einer Woche stattfindet. Christine kümmert sich nach wie vor zu sehr um den Beruf und zu wenig um die Familie. Konrad verliert die Nerven und zieht erst einmal aus.
 
„Eltern“ von Robert Thalheim ist feines Sozialkino. In etwa  später Mike Leigh oder Ken Loach. Keine der Figuren stürzt total ab. Niemand wird der Lächerlichkeit preisgegeben. Und am Ende – egal wie mal selbst zum Modell der Familie steht – wünscht man dem Haufen um Konrad und Christine, dass sie es gemeinsam schaffen. 






Trailer
Interview
„Ich würde mich immer wieder für das Modell Familie entscheiden“
Christiane Paul, studierte Medizinerin und zweifache Mutter, musste für ihren neuen Film nicht viel recherchieren: in der Tragikomödie „Eltern“ spielt sie eine Ärztin und Mutter. Doch hinter einer Heile-Welt-Fassade brechen Konflikte auf: Christiane Paul über Lust und Leid des Familienlebens. Mehr...
LÄNGE: 100 min
PRODUKTION: Deutschland 2013
KINOSTART Ö: 21.11.2013
REGIE:  Robert Thalheim
GENRE: Tragikomödie
ALTERSFREIGABE: jugendfrei


BESETZUNG
Charly Hübner: Konrad
Christiane Paul: Christine