Die Poesie des Unendlichen

Mathematik kann sinnlich sein


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Das Genie und sein Mentor: Dev Patel (re.) und Jeremy Irons in „Die Poesie des Unendlichen“ © Polyfilm
DIE STORY: „Die Poesie des Unendlichen“ ist ein Film über Forschergeist, Freundschaft, Liebe – und Mathematik. Es geht um die wahre Geschichte des Büroangestellten Srinavasa Ramanujan (Dev Patel), der im Indien des Jahres 1913 als mathematisches Genie erkannt wurde. Seine Formeln und Erkenntnisse brachten ihm schließlich eine Einladung des berühmten englischen Mathematikers G. H. Hardy (Jeremy Irons) an die Universität Cambridge ein.
Dort angekommen, entwickelte Ramanujan gemeinsam mit seinem Mentor Hardy Formeln, die in der Welt der Mathematik bis heute Bestand haben. Menschlich blieb er allerdings isoliert. Die elitären Professoren wollten den Außenseiter aus Asien lange Zeit nicht in ihren Zirkel aufnehmen. Mittlerweile schwer erkrankt, kehrte der geniale Mann nach fünf Jahren Cambridge 1919 zurück nach Indien - zu seiner Frau Janaki (Devika Bhisé), die all die Jahre auf ihn gewartet hatte.

Die Einsamkeit des Mathematikers: Srinavasa Ramanujan (Dev Patel) bei der Arbeit © Polyfilm

DIE STARS: Dev Patel, Engländer aus London mit indischen Eltern, wurde 2008 mit dem Oscar-Hit „Slumdog Millionaire“ berühmt. Zuletzt sah man ihn in den zwei „Best Exotic Marigold Hotel“-Komödien sowie, an der Seite von Hugh Jackman, im SciFi-Reißer „Chappie“.
Der Oscar-Preisträger Jeremy Irons zählt seit mehr als drei Jahrzehnten zu den führenden englischen Charakterdarstellern - 1981 schaffte er den Durchbruch mit „Die Geliebte des französischen Leutnants“. Gleichzeitig mit  „Die Poesie des Unendlichen“ kam bei uns jetzt auch sein Film „High-Rise“ ins Kino.

Große Liebe mit Hindernissen: Ramanujan (Patel) und Janaki (Devika Bhisé) © Polyfilm

DIE KRITIK: Mathematische Formeln zählen wohl zu den letzten Themen, die einem einfallen, wenn es um zündende Film-Ideen geht. Wird die Mathematik noch mit einer schnulzig riechenden Schicksals- und Liebesgeschichte angereichert, schaut es grundsätzlich noch weniger nach einem gelungenen Kino-Erlebnis auf.
Doch, oh Wunder: Im Fall von „Die Poesie des Unendlichen“ geht die Rechnung auf. Weil es Regisseur Matthew Brown gelingt, die Gesetze der Zahlen wirklich irgendwie poetisch wirken zu lassen (weil er sie mit den Gesetzen der Schöpfung in Beziehung bringt). Und weil mit Dev Patel und, vor allem, Jeremy Irons zwei grandiose Darsteller am Werk sind, die ihren Figuren pralles Leben einhauchen. Und die alle Untiefen des Drehbuchs kühn überspringen.
So sitzt man auch als mathematisch Minderbegabter (wie der Rezensent) einigermaßen fasziniert im Kino, wenn der junge Inder S. Ramanujan sein Genie entfaltet. Dev Patel legt den Hochbegabten als scheuen, zurückhaltenden Mann an, dem es zunächst genügt, alle Geistesblitze seiner Geliebten und späteren Frau Janaki (Devika Bhisé) anzuvertrauen. Doch als dann die Schiffsreise ins Wissenschafts-Mekka Cambridge lockt, geht Ramanujan (ohne Frau) an Bord. Allerdings schippert er, ohne es noch zu ahnen, harten Zeiten entgegen.
Im Zentrum des Films steht die Beziehung des Inders zu seinem Mentor H. G. Hardy, der von Jeremy Irons als autistisch angehauchter Hagestolz gespielt wird. Die Magie der Zahlen und auch der gegenseitigen Sympathie lässt die beiden ganz, ganz langsam einander näherkommen.
Dass dieses Wissenschafts-Drama mit einer leicht tranigen Romanze verrührt wird, ist allerdings entbehrlich: Hier dreht Ramanujans Mutter am Rad des Schicksals, weil sie alle Briefe seiner Ehefrau Janaki versteckt, anstatt sie nach England zu schicken (warum geht die junge Frau nie selbst zur Post?). Jedenfalls führen die eifersüchtigen Aktionen der Mutter, die ihren Sohn nicht teilen mag, zu gegenseitigem Unglück bei den Liebenden. Weil er nie Post von ihr bekommt, denkt Ramanujan, seine Janaki habe ihn vergessen. Und weil er nie zurückschreibt, denkt Janaki das umgekehrt auch.
Dieser Teil des Films würde eher ins ewige Sonntagabend-Schicksals-Programm des ZDF passen als in eine ernsthafte Kinoproduktion. Doch die Darsteller machen die Schnulze mit vornehmer Eleganz zumindest erträglich. Und der Rest des Films, von der Mathematik bis zu den kleinen und großen zwischenmenschlichen Konflikten in England, ist halt einfach gut.
 
IDEAL FÜR: Mathematik-Liebhaber und Mathematik-Verächter.






Trailer
LÄNGE: 114 min
PRODUKTION: Großbritannien / Indien / USA 2015
KINOSTART Ö: 08.07.2016
REGIE:  Matthew Brown
GENRE: Biografie|Drama
ALTERSFREIGABE: ab 8


BESETZUNG
Dev Patel: Srinavasa Ramanujan
Jeremy Irons: G. H. Hardy
Devika Bhise: Janaki
Toby Jones: Littlewood
Stephen Fry: Sir Francis Spring