DIE STORY: Das Gruselmärchen „Before I Wake“ erzählt vom achtjährigen Cody (Jacob Tremblay), der ohne Eltern aufwachsen muss. Der Junge ist allein auf der Welt. Seine Pflegeeltern mögen ihn. Können aber mit seinen ständig wiederkehrenden Albträumen nicht umgehen und geben ihn schnell wieder ab.
Jessie (Kate Bosworth) und Mark (Thomas Jane) wollen das anders machen. Sie wollen Cody ein neues Heim bieten, eine neue Familie sein. Aber auch sie haben seine Träume unterschätzt. Denn immer, wenn Cody einschläft, geschehen eigenartige Dinge.
Bald beginnt er, schlecht zu träumen. Dann kommt der „Kinker Man“. Der tritt aus den Träumen in die Realität hinaus. Wenn er auftaucht, beginnt ein Kampf um Leben und Tod. Aber woher kommt dieses Wesen und wie kann man es bekämpfen?
DIE STARS: Dem zehnjährigen Jacob Tremblay wird jetzt schon eine Riesenkarriere vorhergesagt. Zum Vergleich wird gern Leonardo DiCaprio herangezogen, der ja auch als Kind schon in seinen ersten Filmen brilliert hat. Zuletzt konnte man Tremblay in einem der eindrucksvollsten Filme des Jahres sehen, im Entführungs-Drama „Raum“, das an den Fall Fritzl erinnerte.
Als Tremblays Pflegeeltern überzeugen Kate Bosworth, die seit ihrem „Superman“-Film vor zehn Jahren nicht so richtig den Karriere-Absprung geschafft hat, und Thomas Jane, der bisher mit wenigen Gesichtsausdrücken in Filmen wie „Punisher“ reüssierte.
DIE KRITIK: „Before I Wake“ zeigt sehr schön, woher der uns heute allen geläufige Kino-Grusel mal gekommen ist – aus den Märchen. In den dunklen und oft brutalen Märchenwelten tummeln sich Monster zuhauf. Irgendwann liefen beide Genre-Formen auseinander (Horror für die Erwachsenen und Märchen für die Kinder) und nur noch sehr selten treffen sie sich wieder.
Der US-Filmemacher Mike Flanagan (derzeit auch mit „Ouija 2“ im Kino) bringt nun die Formen erneut zusammen und lässt einen faszinierenden Film entstehen, der große Schauwerte hat und dabei nicht vergisst, sich um seine Charaktere zu kümmern.
Flanagan zeigt zu Beginn drei traumatisierte Wesen. Jessie und Mark haben ihren Sohn verloren. Er ist beim Baden in der Wanne ertrunken. Der kleine Cody hingegen weiß nicht, wohin seine Eltern verschwunden sind. Er erzählt nur immer wieder, dass in seinen Träumen der „Kinker Man“ wohnt, der ihn regelmäßig besucht und der auch schon seine Mutter gefressen habe.
Das Stilmittel „ich darf nicht schlafen“ taucht seit den „Freddie-Krueger“-Filmen mit schöner Regelmäßigkeit im Kino auf. Denn wer schläft, der begegnet in seinen Träumen etwas, das er nicht richtig verarbeitet hat oder verarbeiten konnte. „Before I Wake“ zelebriert die Träume des Cody in einer schon fast poetischen Art.
Wenn er denn wirklich mal einschläft, flattern Schmetterlinge aus seinen Träumen durchs Wohnzimmer. Sehr zum Erstaunen seiner Pflegeeltern. Und dann geschieht etwas, das selbst rationale Erwachsene an ihrem Verstand zweifeln lässt. Jessie und Mark sehen plötzlich ihren verstorbenen Sohn wieder vor sich. Der bleibt so lange, bis Cody aufwacht.
Seine Pflegemutter Jessie fasst darauf einen fatalen Entschluss: Cody soll länger schlafen (dafür mischt sie ihm ein Mittelchen in die Milch), damit sie mehr Zeit mit ihrem Sohn hat. Allerdings laufen alle Träume von Cody darauf hinaus, dass irgendwann das Böse auftritt. Und das ist nicht nur eine Gefahr für den Träumenden, sondern für alle Menschen, die sich gerade in der Nähe aufhalten.
Mike Flanagan gliedert seinen Film sehr schön. „Before I Wake“ beginnt und endet als Märchen (für das Böse gibt es eine plausible und ergreifende Erklärung). Zwischendurch inszeniert der Regisseur den feinsten Grusel, den man sich vorstellen kann.
IDEAL FÜR: Gruselfans, die endlich mal einen Film sehen wollen, der ihren Intellekt nicht durch blanken und stumpfen Horror beleidigt.