Beale Street

Liebe, Rassismus und Hass


FilmClicks:
Tish (KiKi Layne) und Fonny (Stephan James) sind ein liebendes Paar, dem wenig Glück beschieden ist © Filmladen
GESAMTEINDRUCK: „Beale Street“ ist ein stilles und enorm berührendes Filmkunstwerk über einen himmelschreienden rassistischen Skandal.
 
DIE STORY: Harlem in den 1970er Jahren. Tish (KiKi Layne) und Fonny (Stephan James) sind junge Liebende, denen es nicht vergönnt ist, ihre Zweisamkeit auszuleben. Denn Fonny muss ins Gefängnis, weil er von einer Puerto-Ricanerin wider besseres Wissen einer Vergewaltigung bezichtigt wird. Während Fonny unschuldig hinter Gittern sitzt, bringt Tish das erste gemeinsame Kind zur Welt. Und die ganze Familie kratzt jeden Dollar zusammen, damit Tishs Mutter Sharon (Regina King) nach Puerto Rico fliegen kann, um dort die Frau zur Rücknahme ihrer Anschuldigung zu bewegen.

Sharon (Regina King, M.) fliegt aus Recherche-Gründen nach Puerto Rico © Filmladen

DIE STARS: Regisseur Barry Jenkins, der auch das Drehbuch schrieb, wurde 2017 für das Drama „Moonlight“ mit dem Oscar für den besten Film des Jahres ausgezeichnet. Sein neues Werk „Beale Street“ ist die Verfilmung des Romans „If Beale Street Could Talk“ (deutscher Titel: „Beale Street Blues“) von James Baldwin (1924 – 1987), dem berühmten literarischen Chronisten des afro-amerikanischen Lebens in den USA.
Die dreifache Emmy-Preisträgerin Regina King gewann für die Rolle der Sharon den Oscar und den Golden Globe als beste Nebendarstellerin. KiKi Layne und Stephan James, die die Hauptfiguren Tish und Fonny verkörpern, zählen zu den großen Nachwuchstalenten der nordamerikanischen Szene.

Tish (KiKi Layne, M.) findet Halt in der Familie © Filmladen

DIE KRITIK: „Beale Street“ ist ein Drama, in dem zwei Welten aufeinanderprallen: Jene von Liebe und Hass. Die Liebe trägt in dieser Geschichte, die auf wahren Ereignissen beruht, eine dunkle Hautfarbe. Der Hass ist weiß.
Alle Beteiligten wissen, dass Fonny, der junge Bildhauer und Liebende, die ihm zu Last gelegte Vergewaltigung nicht begangen hat. Fonny weiß es. Die Frau, die ihn beschuldigt, weiß es. Und die Polizei weiß es auch. Ein rassistischer hellhäutiger Cop gab der vergewaltigten Frau die Weisung, den dunkelhäutigen Fonny (den sie nie zuvor gesehen hatte) als ihren Peiniger zu identifizieren.
So wird der unschuldige Mann ins Gefängnis gesperrt, während seine Verlobte Tish draußen allein durch die Schwangerschaft geht und einen Sohn zur Welt bringt. Und während Tish und Fonny einander vor Sehnsucht nacheinander verzehren.
Solch eine Geschichte schreit förmlich danach, voller Zorn und Wut erzählt zu werden. Doch der 39-jahrige Regisseur Barry Jenkins, der schon mit seinem zweiten Spielfilm „Moonlight“ den Oscar gewann,  beweist auch bei seinem Opus Drei, „Beale Street“, welch außergewöhnlicher Filmkünstler er ist. Er fand eine fast einzigartige Form, die man als stillen Expressionismus bezeichnen könnte: Während auf der Leinwand die dröhnenden Ungerechtigkeiten und Bösartigkeiten ablaufen, kommen aus den Lautsprechern fast ausnahmslos leise Töne. Der Sprechstil ist über weite Strecken eine hochartifizielle Form des raumfüllenden Flüsterns.
In den (teilweise als Rückblenden eingespielten) Liebeszenen zwischen Tish und Fonny erzeugt diese Form eine besondere Intensität. KiKi Layne und Stephan James porträtieren mit größter Zartheit und Zärtlichkeit ein Paar, das im Himmel füreinander gemacht zu sein scheint.
In jenen Sequenzen hingegen, in denen Hass und Rassismus das Idyll attackiert, wirkt die verhaltene Spielweise wie ein Emotionsverstärker: Still geäußerte Wut kann ja, wie man weiß, viel bedrohlicher wirken als so mancher Anfall von Jähzorn.
Visuell wird der  Stil des Films durch dunkle, weiche Bilder unterstützt; akustisch durch einen klangschönen Soundtrack, der eine Brücke von der Kammermusik zum Cool Jazz schlägt. „Beale Street“ ist ein Film, der vom Betrachter viel Geduld und die Bereitschaft fordert, sich auf den verhaltenen Rhythmus des Werks einzustellen. Wer die Bereitschaft dazu mitbringt, wird mit einem wunderbaren Arthaus-Meisterwerk belohnt, das jeden Cineasten beglückt.
Wunderbar? Das gilt nicht nur für die vollendete Form des Films und für die großartige Arbeit der Schauspieler. Es gilt auch für die Story, trotz aller physischen und psychischen Gewalt: Der Hass, lautet die Botschaft von „Beale Street“, kann noch so sehr lodern, um die Menschen zu knechten – doch gegen die Kraft der Liebe steht er letztlich auf verlorenem Posten.   
 
IDEAL FÜR: Cineasten, die herausragende Arthaus-Filme schätzen.






Trailer
LÄNGE: 119 min
PRODUKTION: USA 2018
KINOSTART Ö: 08.03.2019
REGIE:  Barry Jenkins
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 10


BESETZUNG
KiKi Layne: Tish Rivers
Stephan James: Fonny Hunt
Regina King: Sharon Rivers
Colman Domingo: Joseph Rivers
Diego Luna: Pedrocito
Emily Rios: Victoria Rogers
Brian Tyree Henry: Daniel Carty
Ed Skrein: Officer Bell