Malte Ludin


Ein Denkmal für Werner Pirchner

30.03.2014
Interview:  Gunther Baumann

Fröhlicher Freigeist, Jazz-Star und großer Komponist: Werner Pirchner © Filmladen

„Ich wollte Werner Pirchner ein filmisches Denkmal setzen“, sagt Malte Ludin. Der Berliner Regisseur ist der Mann hinter der famosen Musik-Doku „D.U.D.A.!“, die den 2001 verstorbenen Pirchner, diesen witzig-eigenwilligen Komponisten, Komödianten und Jazz-Star aus Tirol, wieder dorthin holt, wo er hingehört: Ins Rampenlicht. Jahrelang, erzählt Ludin, musste er um die Finanzierung für das Projekt kämpfen. Bis er mit der Tiroler Filmproduktion Wildruf (und dem ORF) die richtigen Partner fand.


Malte Ludin: „Ich habe versucht, einen Film im Geiste Pirchners zu machen“ © privat

FilmClicks: Herr Ludin, wie kamen Sie auf die Idee, einen Film über Werner Pirchner zu drehen?

Malte Ludin: Ich bin der Musik Pirchners 1974 begegnet, als auf Umwegen seine LP„ Ein halbes Doppelalbum“ in meine Wohnung kam. Ich war vollkommen von den Socken über eine Art von Musik, die ich bis dahin nie gehört hatte und die mich ungeheuer inspirierte. Sowohl, was die Perfektion und die Virtuosität anging, als auch, was den Inhalt und die politische Botschaft betraf. Ich dachte dann, dass ich den Schöpfer dieser Musik kennenlernen muss und habe ihn auf der Durchreise nach Italien in Tirol besucht. Ich sagte ihm wohl schon damals, dass ich gern einen Film mit ihm machen würde. Dazu ist es leider nie gekommen.
 
Mit welchen Intentionen gingen Sie an das Projekt „D.U.D.A.!“ heran?
Nun, zunächst einmal wollte ich Werner Pirchner ein filmisches Denkmal setzen.  Es war mein Ziel, seine Musik bekannter zu machen, und ich wollte einem Freund – ich habe ihn immer als einen Freund betrachtet – meine Referenz erweisen. Ich hatte aber großen Bammel, den Film zu drehen. Denn natürlich lag die Gefahr nahe, zu versuchen, genauso originell, virtuos, perfekt, witzig und geistreich wie Werner Pirchner in seiner Musik zu sein. Das habe ich, glaube ich, vermieden, indem ich ihn nicht nachgeahmt habe. Ich habe versucht, einen Film in seinem Geist zu machen.  
 
„D.U.D.A.!“: Das Filmplakat © Filmladen

Der Titel Ihrer Doku, „D.U.D.A.!“ besteht aus den Anfangsbuchstaben von Pirchners legendärer Filmsatire „Der Untergang des Alpenlandes“ aus dem Jahr 1974. Wie wichtig war dieser Film für Ihr Projekt?

Der Film stand uns zur Verfügung. Wir konnten maximal fünf Minuten daraus abklammern und zitieren – das haben wir reichlich genutzt. Diese Zitate haben dem neu gedrehten Material sehr gut getan. „Der Untergang des Alpenlandes“ ist ein Kultfilm geworden, und wenn man von Pirchner erzählt, dann kann man dieses Werk nicht verschweigen.
 
Sie haben eine Reihe von sehr guten und auch sehr prominenten Kommentatoren gefunden, die im Film über Pirchner sprechen – Tobias Moretti zum Beispiel, Josef Hader, André Heller oder Erwin Steinhauer.
Werner Pirchners Witwe hat mir viele Tipps gegeben, und aufgrund dieser Tipps konnte ich  bestimmte Personen kontaktieren. Von denen wurde ich dann an andere Leute verwiesen – es war so eine Art Schneeballsystem, das hervorragend geklappt hat. Heinrich Mis vom ORF, der von vornherein zu dem Projekt stand, hat mich beispielweise mit Tobias Moretti zusammengebracht. So, wie Moretti im Film auftritt, merkt man, dass er ein Fan von Werner Pirchner ist.


 
Woran, glauben Sie, liegt es, dass Werner Pirchner nicht jene breite Popularität hat, die ihm gebühren würde?
Wohl daran, dass er keine eingängige Musik gemacht hat.  Als er 1973 „Ein halbes Doppelalbum“ herausbrachte, da hörten die Jugendlichen seines Alters die Beatles oder die Rolling Stones, den beginnenden Punk oder Frank Zappa. Ein anderer Punkt: Pirchner interpretierte Blas- und Volksmusik auf eine sehr eigenwillige Weise. Auch seine höchst originellen Jazz-Stücke waren gegen den Strich gebürstet. Das entsprach überhaupt nicht dem, was der Durchschnittshörer damals hören wollte.
 
Was den Jazz betrifft, bin ich anderer Meinung: Als Vibraphonist, im „Jazz-Zwio“ mit dem Gitarristen Harry Pepl, war Pirchner in den Siebziger und Achtziger Jahren einer der populärsten Musiker der europäischen Szene.
Ja. Natürlich war er damals ein Star, und er war sicher einer der besten Vibraphonisten, die es gab. Ich persönlich konnte damals aber ehrlich gesagt nicht so viel damit anfangen, weil ich fand, dass seine Musik sehr nahe am Free Jazz war. Aber sein berühmtes Konzert in Montreux und die Aufnahmen, die er mit US-Schlagzeuger Jack DeJohnette einspielte, sind nach wie vor unübertroffen.
 
Wieso kommt „D.U.D.A.! Werner Pirchner“ gerade jetzt in die Kinos?
Die Finanzierung war unheimlich schwierig. Wenn ich nicht durch einen Zufall die junge Tiroler Filmproduktion Wildruf kennengelernt hätte, hätte es wahrscheinlich gar nicht geklappt. Zuvor habe ich drei Jahre versucht, Klinken zu putzen. Aber in Deutschland kennt man Werner Pirchner einfach nicht, und die Fernsehanstalten, die immer dabei sein müssen, wenn es ein abendfüllender Dokumentarfilm wird, die sind so prominentenfixiert, dass sie nicht bereit waren, mitzumachen. Und die Deutsche Filmförderung war es dann auch nicht. Ich musste es also mit österreichischen Produzenten versuchen, den Film zu realisieren, und das hat dann auch geklappt.
 
 Wenn Sie „D.U.D.A.“ einem Kinobesucher, der Werner Pirchner nicht kennt, nahelegen wollten: Mit welchen Worten würden Sie das tun? Warum sollte man den Film anschauen?
Weil man ein völlig neues Musik-Universum betritt. Weil man eine völlig unkonventionelle, originelle und die Sinne wie den Geist mitreißende Musik kennenlernt.



Kritik
D.U.D.A.! Werner Pirchner
Der große Tiroler Musiker, Komponist, Satiriker und Filmemacher Werner Pirchner (1940 - 2001) steht im Zentrum der famosen Musik-Doku „D.U.D.A.!“. Mehr...