Viennale 2019

„Ein wunderbares Festival des Sehens“

25.10.2019
von  Gunther Baumann
Viennale-Eröffnung 2019: Direktorin Eva Sangiorgi (re.) begrüßt Frankreichs Filmstar Adèle Haenel © Katharina Sartena
Wer könnte da noch sagen, dass Film eine Männerdomäne sei? Die Eröffnung der Viennale 2019 war am 24. Oktober fest in weiblicher Hand. Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi, ganz in eleganten Goldtönen gewandet, begrüßte Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler und die französische Star-Aktrice Adèle Haenel auf der Bühne des Gartenbaukinos. Bemerkenswert war, dass Adèle Haenel, Hauptdarstellerin des Eröffnungsfilms „Porträt einer jungen Frau in Flammen“, in fließendem Deutsch zum Publikum sprach (die Pariserin hat einen österreichischen Vater). Und noch bemerkenswerter war die Tatsache, dass Kanzlerin Bierlein nicht nur mit Applaus, sondern geradezu mit Ovationen begrüßt wurde (zu denen auch Grünen-Chef Werner Kogler beitrug, der in seiner Eigenschaft als Filmfreund im Publikum saß). Jetzt warten bis zum 6. November mehr als 300 Viennale-Filme auf die Cineasten. FilmClicks bringt die wichtigsten Zitate aus den Eröffnungsreden. 
Brigitte Bierlein: „Die Viennale schafft ein Bewusstsein für höchste Filmkunst“ © Katharina Sartena

Brigitte Bierlein (Bundeskanzlerin)

„Ich habe an diesen Ort, das Gartenbau-Kino, besondere Erinnerungen: Im Jahr 1960 habe ich hier den Film ,Windjammer‘ gesehen. Die Viennale bietet natürlich etwas mehr als nur die Gelegenheit, Filme zu bestaunen. Sie schafft ein Bewusstsein für höchste Filmkunst. Wir gewinnen einen anderen Blick auf uns selbst. Wir leben in einer Zeit der Polarisierung, wenn es um das vermeintlich Andere geht. Doch Demokratie bedeutet, andere Positionen zuzulassen. Dass sich junge Leute heute vermehrt für Politik interessieren, ist ein wichtiges Signal. Die Viennale wird heute mit dem französischen Film ,Porträt einer jungen Frau in Flammen‘ eröffnet. Er erzählt eine Geschichte aus dem 18. Jahrhundert, die die schwierigen Lebensbedingungen für Frauen in jener Zeit zeigt.“

Veronica Kaup-Hasler: „Das Medium Film ist ein Widerständiges“ © Katharina Sartena

Veronica Kaup-Hasler (Wiener Kulturstadträtin)
„Die Viennale ist ein wunderbares Festival des Sehens, des gemeinsamen Schaffens von Räumen. Sie ist ein Ort, an dem ein Blick auf die Welt gewagt wird; auf die Lebensbedingungen am Rande der Gesellschaft. Mit dem Blick des Widerspruchs ist sie ein Korrektiv dessen, was uns in den Medien als Normalität umgibt. Das Medium Film ist ein Widerständiges. Es trägt die Aufforderung in sich, zu einfache Sichtweisen abzulehnen. In diesem Jahr schärft die Viennale auch den Blick für weibliche Positionen, von Filmemacherinnen wie Angela Schanelec oder Louise Kolm-Fleck oder Sabine Derflinger, die eine Dokumentation über die Frauenpolitikerin Johanna Dohnal gedreht hat. Ich habe mir für die nächste Woche freigenommen und hoffe, dass ich möglichst viele Filme der Viennale sehen kann. Und ich hoffe, dass das Feuer des Festivals  später weitergetragen wird durch guten Besuch der Arthaus-Kinos.“

Eva Sangiorgi: „Unsere Filme reflektieren den Zustand der Welt“ © Katharina Sartena

Eva Sangiorgi (Viennale-Direktorin)
„Willkommen bei der Eröffnung der 57. Viennale. Ich bin wie im letzten Jahr überwältigt von der Atmosphäre und von diesem Anblick im Saal. Die Eröffnung des letzten Jahres stand im Zeichen der Erinnerung an den verstorbenen Hans Hurch, meinen Vorgänger als Viennale-Direktor. Dieses Jahr gedenken wir Eric Pleskow, der vor zwei Wochen starb, nachdem er mehr als 20 Jahre lang als Präsident der  Viennale tätig gewesen war. Eric Pleskow hatte eine wichtige Stimme im politischen Leben Österreichs. Er war ein humorvoller, sarkastischer und leidenschaftlicher Mann. Und er hörte nie damit auf, seine politischen Ansichten auszudfrücken.
Die Filme der Viennale 2019 reflektieren den aktuellen Zustand unserer Welt, die sich rasch verändert. Nicht nur Brasiliens Urwald brennt – auch in Venezuela, Chile oder Ecuador lodert politisches Feuer. Von Hongkong über die Ukraine bis in die Türkei gibt es Besorgnis über die Bedrohungen für den Frieden. Das Kino ist eine Zeit- und Erinnerungsmaschine, und ein Instrument der Veränderung. Unsere Filme zeigen Licht und Schatten mit den Mitteln des Dramas, der Science-Fiction oder auch der Komödie. Der Film feiert jene, die sich auflehnen.“

Adèle Haenel: „Das Kino kann die Perspektive der Welt verändern“ © Katharina Sartena

Adèle Haenel (Hauptdarstellerin des Eröffnungsfilms „Porträt einer jungen Frau in Flammen“)
„Ich bin sehr glücklich darüber, Ihnen diesen Film heute zeigen zu können. Das Kino kann die Perspektive auf die Welt verändern, in diesem Fall durch eine Liebesgeschichte. Als Künstler haben wir die Verantwortung, immer neue Geschichten zu erzählen, die noch nie erzählt worden sind.“




News
Viennale 2019
Mehr als 300 Filme aus mehr als 40 Ländern: Viennale-Chefin Eva Sangiorgi (Bild) präsentierte des Programm des Wiener Filmfestivals, das vom 24. Oktober bis zum 6. November wieder zu aufregenden Streifzügen durch das Weltkino einlädt. Mehr...