Viennale 2017

Waltz-Worte über Kunst und Karriere

26.10.2017
Star-Gala in Wien: Viennale-Interimsdirektor Franz Schwartz (li.) begrüßt Christoph Waltz © Katharina Sartena
„Die Nebengeräusche des Berufs fühlen sich gut an“, sagte ein wohlgelaunter Christoph Waltz. Der Wiener, der dank „Inglourious Basterds“ (und seiner Schauspielkunst) zum Hollywood-Granden wurde, genoss am 24. Oktober den Auftritt als Stargast der Viennale 2017. Die Gala im Wiener Gartenbau-Kino begann mit einem der virtuosesten Waltz-Filme; Roman Polanskis „Der Gott des Gemetzels“ (nach dem Bühnen-Hit von Yasmina Reza). Anschließend lauschten die Zuhörer im randvollen Saal eine Stunde lang, was Christoph Waltz, befragt von Gabriele Flossmann und Michael Lang, über sein Leben, seine Ansichten und seine Karriere zu erzählen hatte. FilmClicks hat die wichtigsten Waltz-Worte aufgezeichnet.
Christoph Waltz über…
…die Nationalratswahlen in Österreich und die Politik: „Selbstverständlich habe ich gewählt. Ich habe das Ergebnis für nicht unbefürchtbar gehalten. Selbst habe ich mich nie mit dem Gedanken getragen, in die Politik zu gehen. Weil ich kein Politiker bin. Ich interessiere mich für die Politik, wie sich ein Staatsbürger zu interessieren hat.“

Film und Politik: Christoph Waltz mit dem Kanzler-Paar Christian & Eveline Kern © Sartena

…seine Popularität:  „Die Nebengeräusche des Berufs fühlen sich gut an. Ich kümmere mich aber nicht darum. Ich bin gottlob beschäftigt. Ich würde zum Beispiel nicht auf die Idee kommen, nachzuschauen, was es über mich auf YouTube gibt. Wenn, dann schaue ich mir dort den letzten Clip der Minions an. Auftritte am roten Teppich mag ich. Denn ich begegne gern Menschen,  wenn ich weiß, dass es danach auch wieder vorbei ist. Dort herrscht ein erhöhtes Energiepotenzial, und wenn ich mich darauf einlasse, surfe ich so entlang. Auch das fühlt sich wirklich gut an. Ich mache es, und wenn ich es machen muss, dann mache ich es gern.“

…seine öffentliche und seine private Person: „Meine Arbeit findet auf der Leinwand statt. Ich finde nicht auf der Leinwand statt. Wenn ich hier sitze, hat das mit den Figuren auf der Leinwand nur insofern etwas zu tun, als dass diese Figuren sich nicht gegen mein Äußeres wehren konnten.“
 
…die Gefahr, immer wieder auf die gleiche Rolle festgelegt zu werden: „Ich lehne das Typecasting nicht von vornherein ab. Man kann als Darsteller nur gut sein, wenn man richtig besetzt  ist. Es gibt für jeden Schauspieler eine Rolle, in der er richtig sein kann – da geht es  nicht um gut und schlecht. Immer wieder die gleiche Rolle zu spielen, ist aber einfach fad. Ich will nicht zwei Mal dasselbe machen. Nicht, weil ich es prinzipiell ablehne, sondern weil es mich langweilt.“
 
…das Thema Besetzungscouch: „Ich fürchte. das ist nicht nur im Film so. Jetzt die Filmbranche als Ausnahmefall anzunehmen, was sexuelle Belästigung betrifft, ist ausgesprochen sträflich. Vielleicht steckt Absicht dahinter? Sodass man mit den Fingern auf andere zeigen kann, damit man nicht auf sich selbst schauen muss? So quasi: Der schon, aber Trump nicht. Ich bin dafür, dass zum Thema sexuelle Belästigung ein ganz unmissverständlicher Standard  eingeführt wird.
 
...das Regieführen: Ich habe vor vier Wochen aufgehört, meinen ersten amerikanischen Film „Georgetown“ (mit Annette Bening und Vanessa Redgrave, Anm.) zu drehen. Noch ist mir nicht ganz klar, was für ein Film das sein wird. Ich bin keine Autorität als Regisseur, habe nur zwei Filme gemacht. Was das Improvisieren betrifft, bin ich als Regisseur gnadenlos. Ich frage die Schauspieler dann: ,Steht das im Drehbuch, was du gerade gesagt hast? Nein? Dann brauchst du es auch nicht zu sagen.‘ Ich selbst bin als Schauspieler furchtbar im Improvisieren. Ich hasse es; finde es ganz, ganz schlecht.“
 
…Drehbuch-Autoren:  „Ich matschkere gern, aber ich nehme keinen Einfluss auf ein Drehbuch im Sinne von Umschreiben. Das Drehbuch-Schreiben ist eine Kunst, eine sehr schwierige und komplexe Aufgabe. Ein guter Drehbuchautor zu sein, fordert, dass man sein Leben diesem Beruf widmet. Das mache ich nicht. Und ich grätsche mich nicht gern in die Kunst anderer hinein. Wobei eines klar ist: Ich kann als Schauspieler nur gut sein, wenn das Buch gut geschrieben ist.“
 
…TV-Serien: „Ich kann mich mit Serien nicht über mehr als zweieinhalb Folgen anfreunden, auch wenn sie großartig sind. Denn dann habe ich begriffen, um was es geht. Der Rest ist Wiederholung.“
 
…Wien: „Wien hat eine Lebensqualität, die beispielhaft ist. Gelegentlich vermisse ich das Tempo der Stadt. Wien hat einen  Rhythmus, der mir liegt. Wien bedeutet einen Tonfall, der mir so vertraut, ist; eine Sprache, die ein sehr spezifisch geformtes Bewusstsein gebildet hat. Wenn ich hier bin, kann ich mich in den Groove begeben.“

 …das Wiener Burgtheater: „Ich habe mal dort gespielt, das ist kaum 30 Jahre her. Ich kann aber nicht behaupten, dass es mich wirklich zum Theater drängt. Zwar habe ich habe das gern gemacht, aber mein Hauptinteresse war immer Film.“
 
…das Leben auf Reisen und seinen Wohnsitz Los Angeles: „Ich bin so viel unterwegs, dass ich nicht viel zuhause sein kann. Es spielt also keine so große Rolle, wo ich wohne, Ich bin aber gern in Kalifornien. Entgegen meiner eigenen Erwartungen habe ich wirklich meine Ruhe dort. Los Angeles entwickelt sich in rasantem Tempo neu, so dass man das vor den eigenen Augen beobachten kann. Das ist sehr interessant.“
 
…Österreich und die USA:  „Rückemigration nach Österreich? Ich kann mir fast alles vorstellen. Aber im Moment habe ich genug Widerstandskraft. das Trump-Amerika reizt mich sogar. auch wenn ich als Ausländer ein bisschen leisetreten muss."
 
…den Erfolg: „Der Erfolg hat mir eine bestimmte Sicherheit gegeben. Natürlich braucht man Bestätigung. Ich bin nicht stark und nicht Künstlerpersönlichkeit genug, als dass mir die Umwelt egal wäre. Die Selbstsicherheit, zu der mir der Erfolg verholfen hat, die missbrauche ich nicht. Ich habe keinen Lebensplan; möchte einfach die guten Gelegenheiten, die sich mir bieten, beim Schopf fassen. Ich habe keine Angst, etwas zu verpassen.“