Festival Cannes

Nicole Kidman, Grace Kelly und der Kino-Adel

14.05.2014
von  Gunther Baumann
Film-Fürst und Film-Fürstin: Tim Roth und Nicole Kidman bei der Gala in Cannes © Katharina Sartena
Große Begeisterung rund um die Stars, doch deutlich weniger Begeisterung für den Film. Mit dieser Kombination begann das 67. Festival von Cannes. Nicole Kidman schritt am 14. Mai erst über den Roten Teppich und dann, in der Rolle von Grace Kelly/Gracia Patrizia, über die Leinwand. Das Adelsdrama „Grace of Monaco“ (hier die FilmClicks-Kritik) blieb allerdings blass. Der Film, ab sofort auch in Österreichs und Deutschlands Kinos zu sehen, erzählt eine eher uninspirierte Geschichte aus der  Welt der höheren Stände.  Aufmerksamkeit erregte die Produktion  vor allem dadurch, dass Produzenten-Mogul Harvey Weinstein gegen die Schnittfassung motzte (FilmClicks berichtete) und dass die monegassische Fürstenfamilie der Cannes-Premiere fernblieb.
Nicole Kidman. „Ich bin natürlich traurig darüber, dass die Grimaldis nicht zur Premiere kommen“, sagte Nicole Kidman. „Ich kann versichern, dass dieser Film keine negative Haltung gegenüber der Familie und Gracia Patrizia  einnimmt. Es ist ein Werk der Fiktion. ,Grace of Monaco‘ wurde mit Liebe gedreht.“
                               
Die Nachfahren von Gracia Patricia wollen also nicht im Kino sehen, wie einer der größten Filmstars von heute (Nicole Kidman) einen der größten Filmstars von früher (Grace Kelly) spielt. Kein Wunder, dass die Kidman beim Pressegespräch in Cannes zu diesem Thema befragt wurde. Doch die Schauspielerin – ganz in Weiß gekleidet, strahlend schön und bestens gelaunt – machte rasch klar, dass sie sich von dieser Absenz nicht den Tag verderben lassen wollte.
 
„Ich liebe Cannes“, strahlte sie und bezeichnete das Festival 2013, als sie Jurorin war, als „zwei der besten Wochen meines Lebens“. Und, welchen Preis hätte „Grace of Monaco“ verdient? „Natürlich die Goldene Palme!“, verkündete Kidman mit einem Augenzwinkern.
 
„Grace of Monaco“: Tim Roth als Fürst Rainier und Nicole Kidman als Gracia Patrizia © Square One/Universum

Außer Konkurrenz. Nun, „Grace of Monaco“ kann weder die Goldene noch eine andere Palme gewinnen,  weil der Film in Cannes außer Konkurrenz läuft. Und das ist vermutlich auch besser so. Das gute Spiel von Kidman, Tim Roth (als Fürst Rainier) und Frank Langella reicht nicht aus, um die blutleere Adels-Elegie mit Leben zu erfüllen.  Der Film leidet darunter, dass er seine Aufmerksamkeit allzu oft von seiner Titelfigur und ihrer Ehe mit Rainier abwendet. Statt dessen wird ein längst vergessener und ziemlich nebensächlicher historischer Konflikt in den Mittelpunkt gestellt: Präsident Charles De Gaulle drohte 1961 damit, das Steuerparadies  Monaco der französischen Republik einzuverleiben.
 
Darüber wollte beim Pressegespräch in Cannes aber niemand etwas wissen. Da ging es vor allem um die Personen Kidman und Kelly. „Ich habe schon öfter reale Figuren gespielt“, sagte Nicole.  „In diesem Fall  konnte ich mich auf  besonders viel Filmmaterial stützen.  Ich hörte ihre Stimme, ich lass eine Menge und hatte fünf Monate Vorbereitungszeit, in ihre Haut zu schlüpfen und mir die Essenz ihrer Persönlichkeit anzueignen. Das war eine sehr schöne Erfahrung.“
 
Sieht sie auch Parallelen zwischen ihrem eigenen Leben und jenem von Grace/Gracia? „Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten. Allerdings habe ich keinen Prinz geheiratet“. Oops, ob das ihr Ehemann, Countrysänger Keith Urban, gern hören würde? Ein glockenhelles Lachen. „Ich habe einen anderen Prinz geheiratet.“
 
Wettbewerb. Doch zurück von den Prinzen und Prinzessinnen zum Festival. Die Eröffnung mit „Grace of Monaco“ ist ein typisches Cannes-Event – eine Glitzer-Gala, die mit den vielen Arthaus-Filmen des Wettbewerbs nichts zu tun hat. Das Rennen um die Goldene Palme beginnt jetzt mit härterer Kost. In den ersten Wettbewerbs-Beiträgen geht es beispielsweise um das Leben unter einem islamistischen Regime („Timbuktu“  von Abderrahmane Sissako), um den berühmten Künstler William Turner („Mr. Turner“ von Mike Leigh), um einen mysteriösen Kriminalfall („Captives“ von Atom Egoyan) oder um ein Familiendrama aus der Türkei („Winter Sleep“ von Nuri Bilge Ceylan). Darüber in Kürze mehr.