Crossing Europe 2018

182 Filme und 23.000 Besucher

01.05.2018
von  Gunther Baumann
Verleihung der Crossing Europe Awards: Moderator Markus Zett & Festival-Leiterin Christine Dollhofer © Crossing Europe
182 Vorstellungen, 140 internationale Gäste und knapp 23.000 Besucher: Das Filmfestival Crossing Europe, das am 30. April in Linz endete, zieht eine positive Abschlussbilanz. Die fünfzehnte Ausgabe des Festivals erlaubte einmal mehr einen konzentrierten Blick auf den europäischen Film. Crossing-Europe-Leiterin Christine Dollhofer: „Mit handverlesenen Spiel- und Dokumentarfilmen aus 40 Ländern wurde Europa neu vermessen.“ Ein Höhepunkt des Festivals war wie immer die Vergabe der mit insgesamt 29.000 Euro (Geld- und Sachpreise) dotierten Crossing-Europe-Awards. FilmClicks präsentiert die Sieger. 
Bester Spielfilm: „Antonio One Two Three“ von Leonardo Mouramateus © Crossing Europe

Crossing Europe Competition – Spielfilm

Stifter: Linz Kultur & Land Oberösterreich Kultur
Dotation: 10.000 Euro
Hauptpreis:
Leonardo Mouramateus für „Antonio One Two Three“ (Portugel / Brasilien)
Filmthema: Inspiriert von Dostojewskis Erzählung „Weiße Nächte“, erzählt „Antonio One Two Three“ von den Ängsten und den emotionalen Befindlichkeiten der heutigen Jugend: Als Antonio von seinem Vater aus der Wohnung geworfen wird, sucht er Zuflucht bei seiner Ex-Freundin, wo er auf die geheimnisvolle Brasilianerin Debora trifft. Und er begegnet einem jungen Bühnenautor, der sich mit der Inszenierung seines ersten Stücks abmüht.  
Die Jury: „Ausgehend von einem literarischen Klassiker, öffnet dieser Film die Tür zu einer überraschend gut strukturierten, vielschichtigen Welt. Er befreit sowohl die Charaktere als auch das Publikum von erzählerischen Konventionen, wodurch eine lustvolle Filmerfahrung entsteht.“
Spezialpreise der Jury:
Silvia Luzi und Luca Bellino für „Il Cratere / Der Krater“ (Italien)
Emre Yeksan für „Körfez / The Gulf (Türkei)
 
Crossing Europe Audience Award – Spielfilm
Stifter: Crossing Europe
Dotation: 1.000 Euro
Gewinner: Iram Haq für „Was werden die Leute sagen“ (Norwegen / Deutschland / Schweden)
Filmthema: Die 16-jährige Nisha führt ein Doppelleben: Daheim bei der Familie ist sie die perfekte pakistanische Tochter, aber unterwegs mit ihren Freundinnen ist sie ein normaler norwegischer Teenager. Als ihr Vater sie mit ihrem Freund im Bett erwischt, kollidieren Nishas beide Welten brutal.
„Was werden die Leute sagen“ läuft am 11. Mai regulär in Österreichs Kinos an.  

Beste Doku: „A Woman Captured“ von Bernadett Huza-Ritter © Crossing Europe

Crossing Europe Competition – Dokumentation
Stifter: gfk – Gesellschaft für Kulturpolitik OÖ
Dotation: 5.000 Euro
Gewinnerin: Bernadett Huza-Ritter für „A Woman Captured“ (Ungarn)
Filmthema: Eine Frau wird von einer Familie zehn Jahre in Knechtschaft gehalten. Sie ist eines von mehr als 45 Millionen Opfern moderner Sklaverei. Durch die Präsenz der Filmemacherin fasst sie Mut und wagt, der Unterdrückung zu entkommen.
Die Jury: „Dieser Film deckt ein alarmierendes Problem auf. Millionen Menschen arbeiten als moderne Sklaven, im Verborgenen und unsichtbar für die Gesellschaft. Verstörend ist das Fehlen jeden politischen Willens, dieses soziale Problem in irgendeiner Weise in Angriff zu nehmen.“
 
Local Artist Award: „Schneemann“ von Leni Gruber © Crossing Europe

Crossing Europe Competition – Local Artist

Stifter: Land Oberösterreich Kultur (Geldpreis in Höhe von 5.000 Euro) / The Grand Post – Audio & Picture Post Produktion (Sachpreis in Höhe von 2.000 Euro)

Geldpreis: Leni Gruber für „Schneemann“ (Österreich)
Filmthema: Antonia steckt in ihrem Alltagsleben fest. Sie schläft zu lange, vertändelt ihre Zeit und sucht im Internet nach Wegen zu einem glücklichen Leben. Dann beschließt sie spontan, ihrem Leben eine Struktur zu geben und fragt ihren Freund, eine feste Beziehung mit ihr einzugehen.  
Die Jury: „Leni Gruber zeigt ein beeindruckendes Talent bei der Inszenierung einer jungen Frau auf ihrer Suche nach Glück. Die lockere und feinfühlige Art, mit der die Filmschaffende ganz alltägliche, dabei nicht weniger schwerwiegende Probleme thematisiert, überzeugt inhaltlich wie formal.“

Sachpreis: Fiona Rukschcio für „common.places2“ (Österreich)
Filmthema: 29 Menschen berichten über ihren ganz normalen Belästigungsalltag. Deutlich wird, dass das Patriarchat und seine Machtstrukturen ihre Räume ausgedehnt haben, nun auch auf den virtuellen Raum, wo ganz bequem vom Sofa aus alltägliche Angriffe geführt werden..  
Die Jury: „Sexuelle Angriffe und Übergriffe sind gewiss nicht erst seit der #metoo-Debatte ein relevantes Thema. Fiona Rukschcio trifft den Nerv der Zeit, indem sie deutlich, aber auch humorvoll die Geschichten einzelner betroffener Frauen und Männer in den Mittelpunkt rückt. Der Film gibt nicht nur Einblick in verschiedene Formen sexueller Belästigung, sondern auch Anleitung wie mensch sich dagegen wehren kann.“
 
Crossing Europe Innovative Award – Local Artist
Stifter: OÖ Kulturquartier
Dotation: 3.500 Euro
Gewinner: Bernhard Hetzenauer für „A God’s Shadow“ (Österreich / Deutschland / Mexiko)
Filmthema: Eine reale Geschichte, in der sich ein Mann in Mexiko vor 30 Jahren im Drogenrausch selbst zur Gottheit ernannte und einen Massenmord begangen hat
Die Jury: „Über den Inhalt hinaus überzeugt der Film mit einem präzisen und bewussten Umgang mit dem Material und Medium Film. Durch die Reduktion auf Schwarzweiß setzt der Filmemacher ein politisches Statement zu den stereotypischen, bunt-folkloristischen Darstellungen der indigenen Bevölkerung Mexikos.“
 
Crossing Europe Award – Jugendjury
Stifter: Crossing Europe
Dotation: 1.000 Euro
Gewinner: Nanouk Leopold für „Cobain“ (Niederlande / Belgien / Deutschland)
Filmthema: Auf der Suche nach seiner Mutter streift Cobain allein durch die Straßen. Er ist zerrissen zwischen der Aussicht auf ein anderes Leben in einer Pflegefamilie, vielleicht sogar Geborgenheit, und der Angst um seine Mutter, die alle außer ihm bereits aufgegeben haben.
Die Jury: „Der Film überzeugt durch markante Figuren und herausragende Schauspielleistungen. Starke Kontraste, eine originelle Farbwahl und der Kamerafokus sind uns in Erinnerung geblieben. Plötzlich in die Handlung geworfen, hält der Spannungsbogen bis zum letzten Bild.“
 
Creative Region Music Video – Audience Award
Stifter: Creative Region Linz & Upper Austria
Dotation: 1.500 Euro
Gewinner: Alexej Sigalov für „Soul Fever Blues – Parov Stellar ft. Muddy Waters“ (Österreich)