Cannes-Tagebuch

Großer Gatsby, großer Rummel und große Stars

15.05.2013
von  Gunther Baumann
„Der große Gatsby": Leonardo DiCaprio, Carey Mulligan, Regisseur Baz Luhrmann © A. Tuma/Starpix
Das Filmfest Cannes begann am 15. Mai mit Baz Luhrmanns spektakulärer 3D-Neuverfilmung von „Der große Gatsby“.  Christoph Waltz, diesmal als Juror engagiert, musste sich mit seiner ungewohnten Rolle erst zurechtfinden.
Cannes. Doppel-Oscargewinner Christoph Waltz begann sein zweites Gastspiel beim Filmfest Cannes am Mittwoch mit einer Beichte. „Als ich vorhin ins Festival-Palais kam“, sagte er vor der versammelten internationalen Presse,  „da vergaß ich, dass ich diesmal ein Juror bin. Die Erinnerung an die Premiere von ,Inglourious Basterds‘ 2009 war zu stark. Aber ich verspreche, dass ich mich auf meine Juroren-Pflichten  konzentrieren werde!“

Auftakt zu den 66. Filmfestspielen von Cannes. Der Wiener Waltz ist Mitglied der mit Oscar-Gewinnern gespickten Jury, die am 26. Mai die Goldene Palme verleiht. Besonderer Gag: In der Jury sitzen zwei Hollywood-Granden, die vor ein paar Monaten im Oscar-Rennen noch Konkurrenten waren. Ang Lee holte damals mit „Schiffbruch mit Tiger“ den Regie-Preis vor Steven Spielberg („Lincoln“). Der darf dafür in Cannes den Regie-Präsident geben.

Jetzt tauschen die beiden gegenseitig Komplimente aus. „Steven Spielberg und ich sind gute Freunde. Er ist mein Held“, sagt Ang Lee. Spielberg: „Ang Lee und ich waren nie Konkurrenten, sondern immer Kollegen. Ich bewundere  ,Schiffbruch mit Tiger‘. Also bewundere ich auch Ang Lee.“

Juroren in Cannes: Die Stars Christoph Waltz und Nicole Kidman © Gunther Baumann


Die wie immer bewundernswert schöne Nicole Kidman, ebenfalls als Preisrichterin im Einsatz, betont einen anderen Aspekt: „Es sind nur neun Leute, die mit ihrer persönlichen Meinung über die Goldene Palme entscheiden. Aber Cannes bietet eine der wichtigsten Plattformen, die ein Film nur bekommen kann. Zu mir war das Festival immer sehr gut.“

Roter Teppich. Die Promi-Juroren zählten zu den umjubelten Stars auf dem Roten Teppich, als am Mittwoch die Eröffnungsgala begann - trotz Regenwetters herrschte starker Fan-Andrang. Die fachkundige Meinung der Jury war am ersten Abend freilich noch nicht gefragt. Die Konkurrenz in Cannes begann wie so oft mit einem Film außer Konkurrenz. „Der große Gatsby“.

Schon am 17. Mai, zwei Tage nach der Cannes-Gala, läuft dieser opulente 3D-Film-Roman ganz regulär in den europäischen Kinos an. In den USA ist „Gatsby“ bereits ein Hit an den Kinokassen.

Das stolze Festival Cannes, sonst stets darauf erpicht, Weltpremieren zu zeigen, brach angesichts des großen Films und seiner Stars mit der eigenen Tradition. Diesmal begnügte man sich mit einer Europapremiere. Doch dafür bekam man Titeldarsteller Leonardo DiCaprio (FilmClicks-Interview) und dazu die Topstars Carey Mulligan (FilmClicks-Interview) und Tobey Maguire, die gemeinsam mit Regie-Visionär Baz Luhrmann („Moulin Rouge“) die berühmten Stiegen zum Film-Olymp von Cannes (dem Festival-Palais) erklommen.

Luhrmann hat aus dem Zwanziger-Jahre-Roman über den steinreichen Dandy Gatsby, der an seiner Liebe zu der flatterhaften Daisy (Carey Mulligan) zerbricht, ein atemraubend schönes Melodram gemacht (lesen Sie die FilmClicks-Kritik von Peter Beddies).  Leonardo DiCaprio im Pressegespräch: „Der Roman von F. Scott Fitzgerald bekam für mich eine ganz neue Bedeutung, als ich ihn vor dem Dreh wieder las. Für mich ist ,Gatsby‘ nicht so sehr eine Liebesgeschichte, sondern die Tragödie eines Mannes, der ein großer Amerikaner, ein zweiter Rockefeller, werden wollte.“

Auch das Leben des Autors hatte Züge einer Tragödie, wie Regisseur Baz Luhrmann meint: „F. Scott Fitzgerald wollte den großen amerikanischen Roman schreiben, und er hat es getan. Aber während er am ,Gatsby‘ arbeitete, hatte seine Frau und Muse Zelda eine Affäre mit einem anderen Mann.  Sein Schmerz darüber ist im Text spürbar. Als der Roman dann herauskam, setzte es Verrisse. Und Fitzgerald war kurz vor seinem Tod so in Vergessenheit geraten, dass er manchmal im Laden seine eigenen Bücher kaufte. Damit das wenigstens irgendwer tat.“

Luhrmanns „Gatsby“-Verfilmung ist nun drauf und dran, zum Kassenknüller zu werden. Das größte  Kompliment für seine Arbeit hörte der Regisseur nach der New Yorker Premiere: „Da schritt aus dem Dunkel eine Frau heran und sagte mit einer Stimme wie Katherine Hepburn:  ,jetzt bin ich den langen Weg aus Vermont hierher gefahren, um zu sehen, was Sie aus dem Buch meines Opas machen. Ich glaube, Scott wäre stolz auf diesen Film.‘“ Nachsatz von Luhrmann: „Schöner hätte der Tag für mich nicht enden können.“