Olga Kurylenko


„Ich habe noch nie meine Seele verkauft“

12.05.2013
Interview:  Anna Wollner

Eine schöne Frau in der Einsamkeit: Olga Kurylenko in „Oblivion" © UPI

Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen, besuchte eine Ballettschule in Paris, modelte sich über die angesagtesten Laufstege der Welt und schaffte es zum Bond-Girl. An dieser Stelle enden viele Karrieren – denn was soll nach dem „Bondgirl“ noch kommen. Für die gebürtige Ukrainerin Olga Kurylenko geht es auf dem vermeintlichen Karrierezenit jetzt erst richtig los. An der Seite von Tom Cruise spielt sie in dem Science-Fiction Film „Oblivion“ und wandelt  ab 31. Mai durch Terrence Malicks Arthaus-Wunder „To The Wonder.“




FILMCLICKS: Frau Kurylenko, in „Oblivion“ geht es mal wieder um nichts anderes als die Rettung der Welt. Glauben Sie an ein nahes Ende?
OLGA KURYLENKO: Eine gute Frage – sicherlich eine, mit der wir uns alle beschäftigen sollten. Die Zukunft ist immer interessant. Immerhin ist sie das Einzige, was wirklich vollkommen unbekannt ist. Wir kennen die Gegenwart und die Vergangenheit, aber wir haben keine Ahnung, was in der Zukunft passieren wird. Das Unbekannte strahlt natürlich etwas Furchteinflössendes aus. Aber ich hoffe, dass die Zukunft uns positiv überraschen wird. Um also ihre Frage zu beantworten: Nein.

Wie stellen Sie sich das Leben 2077 auf der Erde denn vor?
Ich hoffe die Erde sieht zumindest noch so aus wie heute. Vor allem die Natur. Das ist ja auch eine Botschaft des Films. Ich hoffe aber auch, dass es 2077 ein paar coole fliegende Raumschiffe gibt. So wie die „Bubbleships“ in „Oblivion“. Einfach ein paar coole Gadgets wie das spacige Motorrad von Tom Cruise.
 
Könnten Sie es denn selbst fahren?
Ich hatte früher mal Fahrstunden, habe zudem sehr viele Stunden auf dem Sozius verbracht. Mit wehendem Haar durch New York und Paris. Zwar ein Klischee, aber auch ein Traum.
 
Warum haben Sie den Führerschein dann doch nicht gemacht?
Ich hatte Angst. Motorradfahren an sich ist ja schon ziemlich gefährlich. Ein paar Freunde von mir hatten richtig schlimme Unfälle. Das hat mich ein wenig von meiner Leidenschaft abgebracht. Es ist zwar eine coole Sache, aber für Frauen in meinem Alter gibt es auch genug andere Sachen, die Spaß machen.
 
Wenn Sie ein Adrenalinjunkie mit leichter Angst vor Gefahr sind, stört es Sie da nicht, dass in Actionfilmen in der Regel immer nur die Männer die coolen Rollen kriegen und Frauen zum Sidekick degradiert werden?
Ach nein, das stört mich nicht. In „Oblivion“ ist meine Rolle eine sehr wichtige. Sie ist so was wie der Trigger. Ohne sie würde Jack Harper die Welt mit anderen Augen sehen. Erst durch sie stellt er doch alles in Frage. Sie fordert ihn auf, die Wahrheit zu enthüllen. Durch sie rettet er die Welt. Das würde ich nicht unbedingt als Sidekick abstempeln.
 
Sie haben eine sehr große künstlerische Bandbreite. Von Bond über „Oblivion“ bis hin zu Terrence Malick. Da sind Sie in ein paar Wochen an der Seite von Ben Affleck und Rachel McAdams in „To the Wonder“ zu sehen. Wonach suchen Sie Ihre Rollen aus?
Es hängt von vielen Sachen ab. Vor allem vom Skript. Die Geschichte muss interessant sein und sich vom Hollywood-Einheitsbrei unterscheiden. Wenn es – wie im Falle von Terrence Malick – kein Skript gibt, hängt meine Zusage vom Regisseur ab. Es gibt so viele Regisseure, mit denen ich blind zusammenarbeiten würde. Bei „To The Wonder“ war es mir egal, worum es ging. Malick ist kein Regisseur, zu dem man hingehen und sagen kann: zeig mir dein Skript, sonst arbeite ich nicht mit dir. Wenn man das so machen würde, wäre man relativ schnell raus.
 
Hatten Sie bei so vielen Unbekannten keine Angst?
Ganz im Gegenteil. Es macht mir nichts aus, nicht zu wissen, was als nächstes passieren wird. Bei Malick ist alles eine Überraschung. Und ich liebe Überraschungen. Als Schauspielerin muss ich in solchen Momenten mit meinem Instinkt arbeiten. Ohne Instinkt geht gar nichts. Weder im Film noch im echten Leben.
 
Wo fühlen Sie sich denn mehr herausgefordert: an einem Set von Terence Malick oder an einem Science-Fiction-Set wie bei „Oblivion“?
Bei „Oblivion“ war alles real, es gab kaum CGI. Nur unser Flugobjekt ist am Computer entstanden. Es konnte nicht wirklich fliegen, war auf einem Podest mit einem langen mechanischen Arm. Darauf war unser Cockpit befestigt. Der Arm konnte sich in alle möglichen Richtungen bewegen. Rechts, Links, oben, unten. Dann hat es sich auch noch gedreht. Es war also wie Achterbahnfahren und in der Waschmaschine zur gleichen Zeit. Herausgefordert war hier in erster Linie mein Magen.
 
Der krasse Gegensatz zu Malick also?
Ja. (lacht) Malick macht ja keine Science-Fiction. Malick macht Dramen über echte Menschen und echte Erfahrungen. Bei ihm gibt es keinerlei künstliche Installationen, keine Vorbereitungen. Selbst das Licht ist echt. Bei jedem anderen Film geht es in erster Linie ums Warten. Bei Malick ist man ständig auf Trab. Ihm geht es um Bewegung. Und die ist fast wie ein Tanz. Man geht, rennt, springt, dreht sich. Immer. Ohne Pause. Das ist viel anstrengender als 2077 die Welt zu retten.
 
Wir sprachen eben über Instinkte. Was war ihr Instinkt, vom Modeln in die Schauspielerei zu wechseln?
Das war keine spontane Entscheidung. Die Schauspielerei war immer mein Traum. Das Modeln war nur ein kleiner Umweg. Über das Modeln konnte ich mein Land verlassen, anders wäre es damals nicht gegangen. Ich konnte ich meine Familie unterstützen und selbst unabhängig werden. Ich bin ungern abhängig von jemand, hatte schon früh einen Freiheitsdrang. Durch das Modeln habe ich gelernt, genügsamer zu sein. Als ich dann mit der Schauspielerei anfing, stand ich schon auf meinen eigenen Beinen, habe mein eigenes Geld verdient. Ich hatte eine Wohnung und konnte für mich sorgen. Ich brauchte die Filme nicht zum Überleben. Ich konnte mich also auf die Projekte konzentrieren, die mich wirklich interessiert haben. Viele Projekte habe ich abgesagt, um mir selbst treu bleiben zu können. Ich kann ohne schlechtes Gewissen sagen, dass ich noch nie meine Seele verkauft habe.