Otto Waalkes über seine Karriere und seine Synchron-Rolle in „Der Grinch“


„Ich bin auch privat ein heiterer Mensch“

28.11.2018
Interview:  Gunther Baumann

Der Kopf und die Stimme: Otto spricht in „Der Grinch“ die Titelfigur © Universal

So grün haben wir Otto Waalkes noch nie erlebt. In der neuen Animations-Komödie „Der Grinch“ leiht der Ostfriese seine Stimme der Titelfigur. Der übellaunige Kobold Grinch ist ein Zeitgenosse, der nichts auf der Welt so sehr hasst wie Weihnachten – was sich auf der Leinwand in vielen komischen Slapstick-Szenen niederschlägt. Die Arbeit im Synchronstudio hat Otto viel Spaß gemacht: „Am Schluss kommt heraus, dass der vermeintlich böse Grinch doch ganz nett ist. Und das ist eine gute Botschaft.“ Beim FilmClicks-Gespräch in Wien erzählte der Komödiant auch über seinen 2019 kommenden neuen Spielfilm, in dem er einen Magier spielt. Und er verriet, dass es ihn nicht stört, wenn er auf der Straße erkannt wird: „Ich brauch‘ das, als Stimmungsbarometer.“


FilmClicks: Herr Waalkes, Sie sprechen in der Komödie „Der Grinch“ die Titelfigur, den Weihnachtshasser Grinch. Der ist in Europa bei weitem nicht so bekannt wie in den USA. Sollen Sie mit Ihrer Popularität da ein bisschen Entwicklungshilfe leisten?
Otto Waalkes: Wenn ich kann, gerne. Bei uns gibt es die Gebrüder Grimm, in den USA Dr. Seuss, den Autor der Geschichte vom Grinch, den die Amerikaner sehr lieben. In unserem  Film ist seine Geschichte sehr liebevoll animiert, und am Schluss macht der Weihnachtshasser Grinch einen Gesinnungswandel mit, er entdeckt sein weiches Herz. Das fand ich hübsch. Also habe ich mich bereiterklärt, diese Rolle, die mir nicht auf den Leib geschrieben wurde, zu übernehmen.

Täglich acht Stunden vor dem Mikrofon: Otto im Synchronstudio © Universal

Sprechen Sie als Grinch einfach die Texte des deutschen Synchronbuchs oder hört man auch original Otto-Sprüche?
Nun, im englischen Original wird der Grinch von Benedict Cumberbatch gesprochen, der ihn sehr distinguiert angelegt hat.  Ich hingegen habe versucht, dem Grinch etwas Otto-Spezifisches einzuhauchen – was gar nicht einfach war, denn die Bilder kommen hier ja schon fertig an und müssen lippensynchron neu vertont werden. Jeder Atmer wird synchronisiert. Das dauert. Ich bin jeden Tag acht Stunden im Synchronstudio gestanden. Bei der Figur des Faultiers Syd in „Ice Age“ war das einfacher, da hatte ich mehr Freiheiten.
 
Sie spielen ja fast ausschließlich lustige Rollen. Wie war es da beim „Grinch“, eine ernste Figur zu sprechen?
Das war sehr, sehr ungewohnt und eine gewisse Herausforderung für mich. Irgendwie soll meine Mitwirkung ja einen Sinn haben: das Publikum soll nicht den Eindruck haben, da ist ein fieses Biest, zufällig mit der Stimme von Otto. Mein Wunsch und mein Auftrag war es, dass die Figur und die Stimme zu einer Einheit werden, die sowohl Grinch- wie auch Otto-Anteile hat, ohne dass dieser grüne Griesgram  seine Glaubwürdigkeit verliert. Ich hoffe, das ist mir ganz gut gelungen – aber es war nicht einfach.
 
Was haben Sie zur Einstimmung getan? Ein paar traurige Filme angeschaut?
Nein, böse Filme (lacht). Zur Vorbereitung habe ich mir das Original sehr aufmerksam angehört und Stellen gefunden, die ich veränderungswürdig fand. Der amerikanische Produzent hat mir voll vertraut. Das gab mir alle Möglichkeiten, mich einzubringen.

Otto: „Der Grinch hat ein gutes Herz - nur mag er das nicht so gerne zeigen“ © Universal

In der Geschichte von Dr. Seuss ist der Grinch ein übellauniger alter Mann. Im Animationsfilm hat er jetzt aber auch sehr positive Seiten.
Das wurde im Film gut gelöst. Man spürt, dass der Grinch ein gutes Herz hat – nur mag er das nicht so gerne zeigen. Das merkt man zum Beispiel an seiner Tierliebe. Und am Schluss kommt heraus, dass er nicht Weihnachten hasst, sondern das Alleinsein. Das ist doch eine gute Botschaft, wenn der vermeintlich Böse dann doch ganz nett ist. Diesen Gesinnungswandel nachzuvollziehen, auch stimmlich, hat mir Spaß gemacht.
 
So eine Synchron-Arbeit ist ja nun der krassest denkbare Gegensatz zu Ihren Live-Auftritten auf der Bühne…
Absolut. Du sitzt in einem dunklen Raum, du fühlst dich wie in Einzelhaft. Eine Woche sitzt man da allein vor der Leinwand, rundherum nur ein paar Leute, die einen streng beobachten – Regisseure, Toningenieure, Leute vom Filmstudio. Das ist eine ganz dunkle Welt und hat mit einem Live-Auftritt überhaupt nichts zu tun. Aber wenn man dann das Gesamtpaket erlebt, mit Zuschauern, denen der Film gefällt, dann freut man sich darüber. Bei einem Spielfilm ist es ja auch nicht anders. Da dreht man zehn Stunden pro Tag, nicht einmal chronologisch, und am Ende des Tages werden von diesen zehn Stunden gerade mal anderthalb Minuten genommen. Aber zum Schluss, wenn alles zusammengeflickt ist, dann kommt im Idealfall etwas dabei raus, das vielen Menschen Spaß macht. Später Lohn.
 
Eine ganz andere Frage: Wenn man sich den Zustand der Welt heute anschaut – ist das eine gute Zeit für Kabarettisten und Komödianten?
Klar. In Amerika loben die Komödianten den Herren, der ihnen so einen Präsidenten beschert hat. Für Comedians ist das sensationell. Bei uns ist es zum Glück noch nicht ganz so weit. Soweit ich das beurteilen kann – aber ich bin eben kein Kabarettist. Dazu fehlen mir die profunden Kenntnisse und die Einsichten in gesellschaftliche Entwicklungen. Die Absicht habe ich allerdings auch nicht – ich bleibe lieber Komiker.
 
Sie waren ja im Grunde nie ein politischer Entertainer.
Wenn, dann allenfalls so versteckt, wie beim Grinch sein weiches Herz. Bei mir ging es immer mehr ums Allzumenschliche – das garantiert übrigens eine längere Haltbarkeit. Politiker kommen und gehen. Aber das Menschliche bleibt bestehen.
 
Haben Sie einen Bezug zur österreichischen Komödianten-Szene?
Ja. Von Helmut Qualtinger bis Josef Hader und Kollegen – das sind große Talente. Einerseits pflegen sie einen etwas morbiden Sinn für Komik – andererseits verstehen sie, gut zu leben. Deswegen bin ich bin ja so oft und gern in Österreich; schon in den Siebziger Jahren trat ich in Wien auf, inzwischen auch in Graz, Linz, Innsbruck, Salzburg und einmal sogar in Wiener Neustadt. Mit den Österreichern bin ich immer und überall gut klargekommen. Und die mit mir. Die mochten den Ostfriesen-Schmäh.
 
Macht es Ihnen nach all den Jahren noch Spaß, auf Tournee zu gehen?
Ja. Man denkt sich was aus, man komponiert was, dann geht man damit auf die Bühne – und die Leute lachen. Das ist im Idealfall die schönste Bestätigung meiner Arbeit, eine ehrliche Anerkennung. Lachen kann man nicht markieren.
 
Gibt es alte Nummern, die Sie bei jedem Auftritt spielen müssen?
Na klar. Die Leute bekommen immer ein Wunschkonzert zu hören bei Otto. Und ich spiele alles. Mit neuen Nummern jemand zum Lachen zu bringen, das ist einfach. Aber mit alten Nummern – das ist schwierig. Die Mischung macht´s.
 
Drehen Sie bald wieder einen neuen Kinofilm als Schauspieler?
Ja, nächstes Jahr geht es los. Grundlage ist eine englische Serie aus den Siebziger Jahren, „Catweazle“. Die Titelfigur ist ein Magier aus dem Mittelalter, ein Druide, der auf seiner Zeitreise in die Neuzeit kommt. Otto wird „Catweazle“. 
 
Man sagt manchmal über Komödianten, dass viele von ihnen privat zur Melancholie neigen…
Das kann schon sein. Bisher neige ich nicht dazu, aber vielleicht kommt das ja noch. Ich bin auch privat ein heiterer Mensch. Ich komme aus einer heilen Welt, die Eltern haben sich immer lieb gehabt, da gab es keine großen Diskussionen. Dann habe ich eine Band gegründet. Und so weiter: Komik, Musik, Malerei – alles, was Spaß macht.
 
Wir treffen uns hier in der Wiener Innenstadt. Wenn Sie jetzt auf die Straße hinausgehen – wie weit würden Sie kommen, bis Sie angesprochen werden?
Selbst mit Kappe und Brille bleibe ich nicht lange unerkannt. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Ich war auf dem Wiener Schwedenplatz, da war eine Menschenmenge und plötzlich rief einer: Da ist Otto! Alle drehten sich um und schauten mich an. Ich wurde ganz verlegen. Vielleicht hätte ich doch nicht so laut rufen sollen (lacht). Wenn keiner mich bemerkt, mache ich was dagegen. Ich will ja erkannt werden; ich brauch das, als Stimmungsbarometer.
 



Kritik
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