Terry Gilliam über seinen Film „The Man Who Killed Don Quixote“


„Komme ich ins Buch der Rekorde?“

02.10.2018
Interview:  Peter Beddies

Regisseur Terry Gilliam mit Don-Quixote-Darsteller Jonathan Pryce: © Filmladen

Terry Gilliam muss niemandem mehr etwas beweisen. Er hat die legendäre Comedy-Anarchisten-Truppe Monty Python mitgegründet. Er hat als Regisseur so wunderbare Filme wie „Brazil“, „König der Fischer“ oder „12 Monkeys“ gedreht. Der 77-Jährige könnte sich zur Ruhe setzen. Aber nun gerät er noch einmal in die Schlagzeilen. Denn sein neuer Film „The Man Who Killed Don Quixote“ ist mit einer Produktionszeit von zwei Jahrzehnten rekordverdächtig. Finanz- und Besetzungsprobleme brachten das Projekt immer wieder an den Rand des Ruins. FilmClicks hat mit Terry Gilliam bei der Weltpremiere in Cannes gesprochen.


Was lange währt, wird endlich gut: Don Quixote lebt! © Filmladen

FilmClicks: Wie fühlt es sich an, „´The Man Who Killed Don Quixote“ nach fast zwei Jahrzehnten endlich an die Zuschauer übergeben zu können?

Terry Gilliam: Es ist ein wunderbares Gefühl. So wie ein Super-Happy-End nach einem langen Albtraum. Obwohl: Albtraum ist zu viel gesagt. Nach einer langen schweren Reise. Das trifft es besser. 
 
Es schwirren viele Zahlen durch den Raum. Wie lange haben Sie wirklich an diesem Film gearbeitet?
Wenn man den Zeitpunkt nimmt, an dem ich dachte: „Das wird mein nächster Film“, dann sind es exakt 25 Jahre. Soweit ich weiß, hat noch kein Filmemacher für einen einzigen Film länger gebraucht. Komme ich jetzt ins Guinness Buch der Rekorde? 
 
Würden Sie denn gern dort aufgenommen werden?
Das wäre schon lustig. Schon allein, um zu sehen, wie lange mein Rekord halten wird. Irgendein Verrückter wird sich schon finden, der mehr Zeit braucht.       
 
Nicht einmal ein leichter Schlaganfall vor ein paar Monaten konnte Sie aufhalten, den Film jetzt endlich fertigzustellen.
Da sehen Sie mal. Auch Schlaganfälle sind nicht mehr, was sie mal waren (lacht).
 
Mal im Ernst: Ist nach dem Schlaganfall alles wieder gut? Energie wie früher?
Energie wie früher - nein, auf keinen Fall. Ist auch manchmal ein Problem für mich. Mein Geist fegt wie Don Quixote durch die Welt, während mein Körper sich wie Sancho Pansa anfühlt. Wesentliche Körperteile wollen nicht mehr so wie ich will. 
 
Was sagen Sie Menschen, die wissen wollen, warum es so lange gedauert hat, bis Ihr „Don Quixote“ im Kasten war?
Denen empfehle ich den wunderbaren Dokumentarfilm „Lost In La Mancha“. Da erzähle ich die ganze Geschichte. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.  
 
Hat der Film den gleichen Kern wie vor einem Vierteljahrhundert oder hat sich alles verändert? 
Im Kern ist er so geblieben, wie ich mir das gedacht hatte. Eine moderne Lesart des legendären „Don Quijote“-Stoffes von Miguel de Cervantes. Aber alles andere hat sich verändert. Zum Glück. Der Film ist mit den Jahren immer mehr gewachsen und - so wie ich es sehe - immer besser geworden.  
 
Aber die Zeiten haben sich geändert.
Da haben Sie völlig Recht. Wenn Sie sich zum Beispiel „Das Leben des Brian" anschauen. Wie wir uns in einer Szene darüber unterhalten, dass Stan  jetzt Loretta genannt werden möchte. Hallo, Monty Python haben die komplette Transgender-Debatte vorweggenommen. Und zwar vor 35 Jahren!     


 
Oder „Brazil", wo Sie den ganzen Schönheitswahn auf die Schippe genommen haben…
 …und nicht nur das! Denken Sie an die Homeland Security. War schon damals ein Thema für mich. Ich habe - da waren noch Bush und Dick Cheney an der Macht - immer wieder gespaßt, dass ich die USA verklagen würde wegen des unerlaubten Remakes von „Brazil". Nur dass Sie das in der Realität mit dem ganzen Land gemacht haben. Und es wird immer schlimmer.  
 
A propos immer schlimmer…
 …ich hatte es befürchtet. Jetzt wollen Sie bestimmt wissen, ob mich Donald Trump als Filmthema interessieren würde.
 
Und würde es?
Nein, so boshaft bin nicht einmal ich. Zu Trump fällt mir wirklich überhaupt nichts ein. Jahrelang habe ich Freunde in Amerika gewarnt und gesagt: „Eines Tages wird ein Demagoge kommen und die Macht übernehmen“. Dass es nun so einer geschafft hat und dass er Twitter zu seinem Hauptkommunikations-Mittel erklärt hat, wie soll man das denn bitte in einer Komödie toppen?! Einen verrückten Film wie „The Man Who Killed Don Quixote“ dürfen Sie gern von mir erwarten. Aber bei einem Mann wie Donald Trump versagt meine Fantasie.     
  
Ihre alten Kollegen von Monty Python erlebt man dieser Tage hin und wieder live auf der Bühne. Stoßen Sie irgendwann mal dazu?
Nein, das schließe ich aus. Das ist jetzt die Baustelle von Eric Idle. Das soll er auch machen. Das Kapitel Monty Python hat sich – so schön es war – für mich erledigt. Hin und wieder gibt es Tantiemen. Das ist immer wieder eine schöne Sache (lacht).    
 
Haben Sie nach „The Man Who Killed Don Quixote“ jetzt neue Projekte?
Nein. Zumindest nichts, was Filme betrifft. Wenn jemand einen Job für mich hat, immer her damit!  
 
 



Kritik
The Man Who Killed Don Quixote
Monty-Python-Legende Terry Gilliam hat 18 Jahre nach Drehbeginn seinen Film „The Man Who Killed Don Quixote“ fertigstellen können. Das pointenreiche, aber ausufernde Werk hat mehr mit dem Monty-Python-Humor als mit dem „Don Quijote“-Original von Cervantes zu tun. Mehr...