David Dietl über seine Komödie „Rate Your Date“ und den langen Schatten seines berühmten Vaters


„Ich werde meine eigenen Filme machen“

08.03.2019
Interview:  Matthias Greuling

David Dietl: „Wir zeigen, wie sich das Leben und das Lieben durch Dating-Apps verändert“ © 2019 20th CenturyFox

David Dietl, 39, hat mit „Rate Your Date“ eine Komödie über moderne Formen des Flirtens ins Kino gebracht. Der Sohn des verstorbenen Kult-Regisseurs Helmut Dietl („Schtonk!“, „Monaco Franze“, „Kir Royal“) erzählt beim Filmclicks-Gespräch in München, wie er auf die Idee kam, eine Dating-App-Story für die Teens und Twens der Gegenwart zu drehen. Er sagt aber auch, wie er mit dem Ruhm des Vaters umzugehen gelernt hat.


FilmClicks: Wo setzt man an bei einer Komödie über das moderne Paarungsverhalten?
David Dietl: Der Ausgangspunkt war für mich die rasante Verbreitung dieser Dating-Apps: Wir wollten erzählen, wie sich durch diese Technologie das Lieben und das Leben derzeit massiv verändert, und wie schwer es geworden ist, sich bei der unglaublichen Fülle an Angeboten zu entscheiden.

„Der Zweck der Apps kann rasch kippen“: Szenenbild aus „Rate Your Date“ © CentFox

Im Film zeigt sich rasch die Schwachstelle solcher Apps: Sobald die Menschen die Möglichkeit haben, selbst Kategorien zu entwerfen, wird „Rate Your Date“ zur fiesen Mobbing-App, die andere bloßstellt.
Genau. Und das ist der Grund, weshalb solche Apps nur kuratiert funktionieren. Da kippt der Zweck einer solchen App schnell ins Gegenteil. Als wir vor zwei Jahren mit dem Drehbuch begannen, war das mit dem Bewerten deines Dates wirklich noch Science Fiction, inzwischen hat uns die Realität eingeholt und es gibt diese Funktion der Bewertung von Leuten bei etlichen Dating-Apps bereits.
 
Haben Sie selbst einen Tinder-Account?
Es wäre meiner Frau wohl nicht beizubringen gewesen, wenn ich aus Recherchegründen einen Tinder-Account angelegt hätte (lacht). Ich habe diese Apps sehr genau bei meinen Freunden angesehen und kenne auch viele positive Geschichten, die daraus entstanden sind. Einige meiner Freunde haben ihre Lebenspartner über diese Apps kennengelernt, sind verheiratet und haben Kinder. Die Kehrseite ist aber wirklich, dass viele sich gar nicht mehr die Mühe machen, eine Beziehung aufzubauen. Wenn nur eine Kleinigkeit nicht stimmt, an der man früher vielleicht gearbeitet hätte, dann geht man heute einfach zum nächsten Date über. Man muss als Gesellschaft mit dieser rasanten Veränderung Schritt halten und sich überlegen, wie man damit moralisch und ethisch umgeht.
 
Sind Sie als Regisseur sehr daran interessiert, solche zeitgenössischen Phänomene auszuloten?
Ja. Für mich ist „Rate Your Date“ der Abschluss einer Trilogie über das Thema Daten und Technologie. In „Auf Nummer sicher?“ befasste ich mich mit biometrischen Daten, in „König von Deutschland“ ging es darum, wie unsere Daten von der Meinungsforschung ausgenutzt werden. Und hier, wie Leute bereitwillig ihre privatesten Daten zur Verfügung stellen. Das Thema blieb das gleiche, nur das Genre änderte sich: von einer Doku-Fiction über ein Drama bis hin zur romantischen Komödie.
 
Sie sind mit Film aufgewachsen, waren oft am Set bei Ihrem Vater Helmut Dietl. Entstand so der Wunsch, selbst Filme zu drehen?
Mit 16 machte ich ein Praktikum bei meinem Vater am Set von „Rossini“. Damals wollte ich noch Geschichte studieren, doch mein Vater sagte: „Was willst du denn damit anfangen? Jetzt arbeite erst mal bei mir.“ Ich fand das so toll, dass man mit dem Filmemachen Geld verdienen kann, dass ich mich sehr schnell dafür entschieden habe.
 
Hatten Sie je das Gefühl, sich vom Vater emanzipieren zu müssen?
Ich glaube, jeder muss sich beweisen mit seinem eigenen Ding. Es war nie ein Thema der Abgrenzung, sondern ich habe die Filme und Themen gemacht, die mich interessiert haben. Für mich war es gut, München zu verlassen und nach Berlin studieren zu gehen. Dort hat sich niemand dafür interessiert, wer mein Vater ist. Das wäre in München wohl anders gewesen.
 
Ist der Schatten des Vaters vor allem deshalb so groß, weil er so viele ikonografische Figuren und Filme geschaffen hat?
Das kann sein. Viele Leute wünschen sich, dass es noch mehr Helmut-Dietl-Filme gibt. Diesen Wunsch kann ich ihnen nicht erfüllen. Ich werde meine eigenen Filme machen. Jeder Filmemacher, egal ob er einen berühmten Vater hatte, der auch Filme gedreht hat oder nicht, muss seinen eigenen Weg finden, und man entwickelt sich ja von Film zu Film weiter.

„es gibt nichts Wichtigeres als die Schauspieler“: David Dietl mit Alicia von Rittberg © CentFox

Gibt es einen Rat, den Ihnen Ihr Vater mit auf den Weg gegeben hat?
Mein Vater hat immer gesagt: Es gibt nichts Wichtigeres beim Film als die Schauspieler. Weil sie sind es, die man im Endeffekt auf der Leinwand sieht. Diesen Hinweis habe ich immer beherzigt.



Kritik
Rate Your Date
„Rate Your Date“ ist eine deutsche Komödie über das Flirten in den Zeiten des Internet: Männer und Frauen, die einander über Dating-Apps wie Tinder kennenlernen, können auf einer neu konstruierten App bewerten, wie ihre Treffen verlaufen sind. Mehr...