Antonio Banderas über Pedro Almodóvar, seine US-Karriere und seine Pläne


„Ich habe gelernt, was Wahrheit bedeutet“

26.07.2019
Interview:  Matthias Greuling

„Leid und Herrlichkeit“: Antonio Banderas in der Rolle eines Almodóvar nachempfundenen Regisseurs © Studiocanal

Spaniens Top-Star Antonio Banderas, 58,  besitzt, so das Portal IMDb, insgesamt 42 Auszeichnungen für seine Filme (und dazu vier Golden-Globe-Nominierungen). Aber der Preis, der ihm in Mai in Cannes verliehen wurde, war etwas Besonderes für den Hollywood-Granden aus Malaga. Für die Hauptrolle in Pedro Almodóvars Drama „Leid und Herrlichkeit“ wurde er als bester Schauspieler des Festivals ausgezeichnet. Im Interview erzählt Banderas über den Film und seine Freundschaft mit Almodóvar, über seine US-Karriere – und darüber, wie sich sein Leben durch die Heilung nach einem Herzinfarkt verändert hat.


Premiere in Cannes: Banderas mit Almodóvar und Co-Star Penélope Cruz © Katharina Sartena


FilmClicks: Senor Banderas, was hat Sie daran gereizt, mit Pedro Almodóvar „Leid und Herrlichkeit“ zu drehen?

Antonio Banderas: Der Film erzählt sehr viel Persönliches aus Pedros Leben. Ich hatte das Glück, meine Karriere mit ihm starten zu können, als einer der sogenannten Almodóvar-Schauspieler. Seither haben wir immer wieder zusammengearbeitet. Und bei „Leid und Herrlichkeit“ geht es um das, was der Titel aussagt: um Lebensleid und Lebenslust gleichermaßen. Wir alle kennen das, weil alle Menschen in ihrem Leben durch Hochs und Tiefs schreiten. Für Pedro war es ein Film, der wie eine Befreiung wirkte: sich das alles einmal von der Seele zu schreiben. Es ist kein Film, den er machte wollte, sondern einer, den er machen musste.
 
Waren Sie überrascht darüber, dass Almodóvar Sie in der Rolle seiner selbst besetzen wollte?
Wir haben eine lange Verbindung und sind alte Freunde. Der Film dreht sich allein um ihn. Ich gehe da voll in der Rolle auf, sie hat nichts mit mir zu tun. Ich habe ihn dasselbe gefragt: Warum willst du, dass ausgerechnet ich dich spiele, Pedro? Er sagte: Weil ich die Wahrheit sehen will. Und du gibst mir die Wahrheit auf der Leinwand. Das empfand ich als sehr schönes Kompliment. Und es ist auch mein Zugang zur Schauspielerei. Ich hatte vor zweieinhalb Jahren einen Herzinfarkt, und davon lernt man unglaublich viel, unter anderem auch, was Wahrheit bedeutet. Wenn man dem Tod direkt in die Augen sieht, so wie das bei mir war, dann realisiert man sofort, welche Prioritäten sich verschieben. Ich fragte mich: Das war es also, dein Leben? Man denkt ja lange Zeit im Leben, man sei tatsächlich unsterblich.
 
Wie hat sich Ihr Leben nach dem Infarkt geändert?
Ich habe begriffen, dass das Herz nicht nur die Pumpe des Körpers ist, sondern auch das Zentrum für jegliche Emotion. Ich lasse mich seither mehr auf meine Gefühle ein und gehe damit auch offensiver um. Das hat mir viel Seelenfrieden gegeben. Plötzlich habe ich bei traurigen Filmen geweint, das gelang mir früher nie. Als Pedro mit dem Projekt „Leid und Herrlichkeit“ auf mich zukam, wusste er von dem Infarkt. Und das ist wohl der Grund, weshalb er von Wahrheit spricht. Weil ich heute alles zulasse, was früher vielleicht unterdrückt wurde. Ich habe Antonio Banderas getötet, um endlich Raum für das zu haben, was mich eigentlich schon immer ausgemacht hat.
 
Sie zählen zu den wenigen Schauspielern aus Europa, die zu Hollywood-Stars wurden.
Die Hollywood-Karriere hat sich damals irgendwie ergeben. Ich habe danach nicht gesucht - man hat mich gerufen. Plötzlich fand ich mich in Hollywood wieder und drehte eine Warner-Produktion namens „Mambo Kings“ – wow! Wie toll! Das war schon verführerisch. Für mich war Hollywood ein Abenteuer. Das Abenteuer meines Lebens. Ich drehte mit den Schauspielern, die ich immer bewundert hatte. Es war die Erfüllung eines Jugendtraums.

Traumrolle: Banderas als Zorro (mit Catherine Zeta Jones) © Columbia Tristar

Was hatte Hollywood, das Ihnen die spanische Filmlandschaft nicht geben konnte?
Dass ich Zorro sein durfte. Das kann ich ganz klar sagen (lacht).
 
Und die Zukunft?
Mit Hollywood habe ich abgeschlossen. Ich habe diesen Stern auf dem Walk of Fame, habe viele Filme gemacht, kenne viele Leute, habe eine amerikanische Tochter. Was will man mehr? Aber meine Freunde und mein Leben sind hier in Europa. Meine Heimat ist Spanien. Und ich habe mir kürzlich einen Traum erfüllt, der imstande ist, mich auf romantische Weise zu ruinieren. Ich habe in meiner Heimatstadt Malaga zwei Theater gekauft, in denen ich nun mit jungen Menschen Stücke einstudiere. Das kostet ein Vermögen, aber es erfüllt mich total. Wenn Sie mich also künftig nur mehr in schlechten Filmen sehen sollten, denken Sie daran: Ich mache das nur, um die Rechnungen bezahlen zu können.
 



Kritik
Leid und Herrlichkeit
„Leid und Herrlichkeit“ ist ein neues Meisterwerk des spanischen Regie-Granden Pedro Almodóvar. Der Filmemacher entwirft das kunstvolle (Selbst-)Porträt eines alternden Filmemachers, der von Antonio Banderas gespielt wird. Mehr...