DIE STORY: Job oder Bonus – darum geht’s im fesselnden Drama „Zwei Tage, eine Nacht“. Während einer Erkrankung der Fabriksarbeiterin Sandra (Marion Cotillard) fand in ihrer Abteilung eine Abstimmung statt: Der Jahresbonus von 1.000 Euro pro Person würde nur dann gewährt, wenn Sandra rausgeschmissen wird. 14 von 16 Arbeitern votierten für das Geld.
Als Sandra von ihrer Entlassung erfährt, redet sie unter Schock noch einmal mit dem Geschäftsführer der kleinen Solaranlagen-Fabrik. Der macht ihr die Tür zurück einen Spalt breit auf. Wenn es Sandra gelingt, ihre Abteilungskollegen zum Verzicht auf den Bonus zu bewegen, dann darf sie ihren Job behalten.
Die finanzielle Not lässt ihr keine Wahl. Am Wochenende fährt Sandra los, um bei ihren Kollegen der Reihe nach an der Tür zu läuten. Immer mit der gleichen, schweren, Frage auf den Lippen: Würdest Du mir helfen – und auf Geld verzichten? Die Entscheidung soll wieder in einer Abstimmung fallen. Sandra braucht also mindestens neun Unterstützer.
DIE STARS: Die Französin Marion Cotillard hat in den letzten Jahren eine Traumkarriere hingelegt. Für die Rolle der Edith Piaf in „La vie en rose“ gewann sie 2007 den Oscar – und damit ein Ticket für Hollywood. Die Pariserin spielte in US-Blockbustern wie „Inception“ oder „The Dark Knight Rises“, blieb aber auch dem Arthaus-Kino treu – etwa im rauen Drama „Der Geschmack von Rost und Knochen“ von Jacques Audiard.
Dass sie jetzt in „Zwei Tage, eine Nacht“ als Fabriksarbeiterin auftritt, daran haben die Regisseure Jean-Pierre und Luc Dardenne großen Anteil. Cotillard erzählt, sie habe schon immer mit den Brüdern aus Belgien arbeiten wollen, die zu den Meistern des Sozialdramas gehören. Und zu den Königen von Cannes: Die Brüder Dardenne gewannen schon zwei Mal, für „Rosetta“ (1999) und „Das Kind“ (2005), die Goldene Palme. 2011 hatten sie einen Arthaus-Hit mit „Der Junge mit dem Fahrrad“ (mit Cécile de France).
DIE KRITIK: „Zwei Tage, eine Nacht“ basiert auf einer zynischen, aber heutzutage wirklichkeitsnahen Konstellation, aus der Jean-Pierre und Luc Dardenne ein ungemein wirkungsvolles Kinostück zum Thema Solidarität in der Arbeitswelt machen.
Zwei Tage und einer Nacht folgt der Film der verzweifelten Sandra bei ihrem Versuch, die Kollegen zum tätigen Mitgefühl zu bewegen. Es ist für alle Beteiligten eine schwere Entscheidung. Denn reich ist hier niemand. Die 1.000 Euro Bonus sind in den meisten Familien längst verplant.
Marion Cotillard schafft es von der ersten Sekunde an, in der Rolle einer einfachen Frau aus dem Volk zu überzeugen. Ihre Sandra, gerade von einer Depression genesen, wird durch die Entlassung komplett aus der Bahn geworfen. Nur mühsam gelingt es ihrem Mann Manu (Fabrizio Rongione), sie zu den Bitt-Besuchen bei jedem einzelnen ihrer Kollegen zu bewegen. Sandra überwindet sich schließlich. Und obwohl sie weiß Gott nicht überall freundlich empfangen wird, machen ihr die Gespräche neuen Mut.
Der Film ist spannend wegen der verschiedenen Standpunkte, die beim Thema Solidarität zutage treten. Trotz der zwangsläufig etwas eintönigen Dramaturgie – ein Besuch folgt auf den anderen – bieten alle Szenen packende neue Aspekte. Jeder Zuschauer kann sich mit der einen oder anderen Figur identifizieren.
Spannung erzeugt natürlich auch das Warten auf die Abstimmung der Arbeiter. Nicht nur bei Sandra, sondern auch beim Publikum, das ganz automatisch immer stärker für die junge Frau Partei ergreift.
IDEAL FÜR: alle Freunde realistischer Filme, in denen echte Probleme auf mitreißende Art verhandelt werden.