Verräter wie wir

Ein Mafia-Boss sucht einen Freund


FilmClicks:
Der Oligarch und sein englischer Freund: Stellan Skarsgard, Ewan McGregor in „Verräter wie wir“ © Studiocanal
DIE STORY: „Verräter wie wir“ ist ein schillernder Spionage-Thriller, der aus dem gleichnamigen Bestsellerroman von John Le Carré ein Kino-Event macht.
Der Plot: Der Uni-Dozent Perry Makepiece (Ewan McGregor) möchte beim Urlaub in Marrakesch die ramponierte Beziehung zu seiner Frau, der erfolgreichen Anwältin Gail (Naomi Harris), reparieren. Da stürmt ein offenkundig steinreicher, polternder und charmanter Russe namens Dima (Stellan Skarsgard) auf ihn ein, der mit ihm erst mal Tennis spielen will.
Dann lädt er Perry und Gail zu einer kleinen Party ein, die sich als riesiges rauschendes Fest entpuppt. Und in einem stillen Moment nimmt Dima seinen neuen englischen Freund zur Seite. Er sei der Chef der größten Geldwäscher-Organisation der russischen Mafia, vertraut er ihm an. Und er schwebe in Lebensgefahr, weil er zwischen die Fronten eines internen Konflikts geraten sei. Also will Dima raus aus dem Geschäft.
Der Russe möchte mit seiner Familie unter neuer Identität nach Großbritannien ziehen. Im Gegenzug bietet er den Briten sein komplettes Wissen über die internationale Geldwäscherei an. Und Perry möge bitteschön den Kontakt zum britischen Geheimdienst herstellen.
Perry liefert daraufhin brav einen Datenstick beim MI6 ab, den ihm Dima zugesteckt hat. Der Botendienst führt zu einem hochnotpeinlichen Verhör durch den Agenten Hector (Damian Lewis). Der ist gerade einem britischen Politiker auf der Spur, bei dem er ebenfalls Geldwäscherei vermutet.
Hector leitet, mit Perry als Mittelsmann,  die Übersiedlung  von Dima ein. Das klingt leichter, als es ist. Zum einen sind die Russen mit voller Feuerkraft hinter ihrem abtrünnigen Kapo her. Und zum anderen entwickeln sich auch in Großbritannien die Dinge nicht so, wie sie das sollten.

Perry (Ewan McGregor) und Gail (Naomie Harris) beim Verhör durch Agent Hector (Damian Lewis) © Studiocanal

DIE STARS: Stellan Skarsgard braucht in „Verräter wie wir“ keine zehn Minuten, um vom Rand des Geschehens ins Zentrum zu rücken. Der Schwede, dessen Spektrum von „Mamma Mia!“ bis zu „Nymphomaniac“ reicht, liefert als rauer, protziger, warmherziger und liebenswürdiger Mafia-Oligarch eine hinreißende Leistung ab.
Der Brit-Star Ewan McGregor spielt solide, hat es angesichts der kreuzbraven Naivität seines Perry aber schwer, eine große Figur aufzubauen. Naomie Harris, die neue Miss Moneypenny bei Bond, stellt eine souveräne Erfolgsfrau auf die Leinwand. Und Damian Lewis („Homeland“) porträtiert wunderbar einen Geheimagenten zwischen Jagdlust, Zynismus, Kälte und Moral.

Luxus und Lebensgefahr: Der grandiose Stellan Skarsgard als Dima © Studiocanal

DIE KRITIK: Der Großschriftsteller John Le Carré, bekanntermaßen selbst ein Ex-Geheimdienstmann, hat schon öfters ein prophetisches Gespür für globale Veränderungen bewiesen. So etwa in seinem Thriller „Das Russland Haus“, in dem er – gut zwei Jahre vor der Auflösung der Sowjetunion – die These vertrat, die Rote Armee sei zum Papiertiger degeneriert.
In „Verräter wie wir“ zeichnet Le Carré nun ein England-Bild, in dem es vor ratlosen, verantwortungslosen und egomanischen Figuren nur so strotzt. Dass der Film wenige Tage nach dem Brexit-Entscheid ins Kino kommt, wirkt wie ein aktueller Kommentar zum Zeitgeschehen.  Doch das ist der Film natürlich nicht. Als Roman erschien das visionäre Werk schon 2010.
Le Carré schafft es wie immer, seine Beobachtungen zur Weltlage mit messerscharfen, pointenblitzenden Dialogen und einer spannungsgeladenen Handlung zu verknüpfen. Die englische Regisseurin Susanna White („Jane Eyre“) setzt diese Qualitäten ganz prächtig filmisch um.
Sie spornt die famosen Darsteller, voran Stellan Skarsgard, zu köchelnder Intensität an. Der Film wechselt geschickt die Stimmungen zwischen schlauem Smalltalk, dunklem Humor und tiefer Thriller-Spannung.
Gewiss, manche Szenen sind ein wenig vordergründig (ein Handy-Telefonat einer Dima-Tochter im Schweizer Versteck etwa hat wenig überraschend zur Folge, dass die Sippe dort aufgespürt wird). Aber dann warten wieder Wendungen aufs Publikum, die sehr überraschend sind. Bis zu einem Finale in gewohnt vielschichtiger Le-Carré-Manier.

IDEAL FÜR: Thriller-Fans, die die Spionage-Storys von John Le Carré lieben.






Trailer
LÄNGE: 108 min
PRODUKTION: Großbritannien 2016
KINOSTART Ö: 07.07.2016
REGIE:  Susanna White
GENRE: Thriller
ALTERSFREIGABE: ab 12


BESETZUNG
Stellan Skarsgard: Dima
Ewan McGregor: Perry
Naomie Harris: Gail
Damian Lewis: Hector