Pasolini

Die letzten Stunden Pasolinis


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Dichter, Filmemacher, Denker und Aktivist: Pier Paolo Pasolini (Willem Dafoe) am Schreibtisch © Filmladen
DIE STORY: „Pasolini“: Das letzte Interview seines Lebens gab er am Tage seines Todes. Pier Paolo Pasolini, italienischer Dichter, Filmemacher („Die 120 Tage von Sodom“), Denker und (politischer) Aktivist. In der Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen des Jahres 1975 wurde Pasolini brutal ermordet; seine Leiche fand man am Strand von Ostia, vor den Toren Roms.
Viele Mythen ranken sich um sein Ableben, und doch: Die unbewiesenen Verschwörungstheorien, die hinter seinem Tod einen Auftragsmord vermuteten, sind berechtigt, weil Pasolini kurz zuvor noch über eine Verstrickung des italienischen Staates in Terroranschläge recherchierte und dazu auch öffentlich den Mund aufmachte. Das Drama „Pasolini“ von Abel Ferrara rekonstruiert die letzten 24 Stunden im Leben dieses italienischen Vorzeige-Intellektuellen.

Ein Großbürger, der die Bourgeosie nicht liebte: Pasolini (Willem Dafoe) im Film © Filmladen

DIE STARS: Willem Dafoe spielt Pier Paolo Pasolini apathisch, nachdenklich und kämpferisch und ist in der Rolle im Vergleich zum Original auch optisch absolut überzeugend.

Erotik: Ein Film im Film im Pasolini-Stil © Filmladen

DIE KRITIK: Bei Regisseur Abel Ferrara ist der ungeklärte Mordfall Pasolini keineswegs verschwörungstheoretisch untermauert. Alles hier ist viel banaler: Pasolini fuhr mit einem jungen Stricher in seinem Alfa 2000 GT an den Strand. Dort wollte er Sex mit ihm haben, aber eine zufällig vorbeikommende Gang beschloss, auf die „dreckige Schwuchtel“ einzudreschen und sie anschließend mit ihrem Alfa zu überrollen.
Doch gar so banal ist dieser Film nicht: Was Abel Ferrara in „Pasolini“ zwischen den Zeilen versteckt hat, macht großen Spaß, wenn es gefunden wird. „Pasolini" ist nicht nur eine Chronologie des letzten Tages im Leben seines titelgebenden Protagonisten, sondern auch der metaphernschwangere Versuch, sich diesem Künstler anzunähern, seine Welt(bilder) zu verstehen, die (nicht nur) im Italien der 70er Jahre angeeckt haben mussten.
Ein scheinbar furchtloser Intellektueller, der sich bei den einfachen Menschen auf der Straße wohler fühlte als in den Kreisen der von ihm verhassten Bourgeoisie, aus der er selbst stammte. Pasolini, der Aufgeklärte, der Journalisten mit einer gewissen Schulmeisterlichkeit gerne seine Ideen vom gesellschaftlichen Zusammenleben diktierte, zugleich auch vor dem drohenden Untergang warnte. Dem Journalisten seines letzten Interviews verordnete er die Artikel-Überschrift: „Schreiben Sie, ‚Wir sind alle in Gefahr‘.“
„Pasolini“ ist auch deshalb ein Meisterwerk, weil Ferrara ganz assoziativ mit seinem Protagonisten umgeht: Da wird das tägliche Wecken durch Pasolinis Mutter mit seinen intellektuellen Ideen von einer idealen Gesellschaft konterkariert, da folgt einer Diskussion über die Pläne für seinen nächsten, ungedrehten Film (den Ferrara dann als Film im Film mit Pasolinis zeitweiligem Lebenspartner Ninetto Davoli inszeniert) ganz selbstverständlich eine Szene in einer Schwulenbar.
Wie Ferrara in „Pasolini“ nur die letzten Stunden eines Lebens inszeniert, und doch Pasolinis ganzes Dasein reflektiert, ist beachtlich. Ein großer Film.
 
IDEAL FÜR: Pasolini-Fans und jene, die ihn entdecken möchten.






Trailer
LÄNGE: 84 min
PRODUKTION: Italien / Frankreich / Belgien 2014
KINOSTART Ö: 20.11.2015
REGIE:  Abel Ferrara
GENRE: Drama


BESETZUNG
Willem Dafoe: Pier Paolo Pasolini
Ninetto Davoli: Epifanio
Adriana Asti: Susanna Pasolini