Les Grandes Ondes

Wo geht's hier zur Revolution?


FilmClicks:
Im VW-Bus zur Nelkenrevolution: Michel Vuillermoz, Valérie Donzelli und Patrick Lapp © Thimfilm
DIE STORY: „Les Grandes Ondes“ ist eine sehr subtile Polit-Komödie aus der französischen Schweiz über eine versunkene Zeit des Radios (der Filmtitel bedeutet „Langwelle“) und über eine große Revolution.
Der Plot: Das biedere Radio de la Swisse Romande schickt im April 1974 ein Reporterteam aus, um über helvetische Entwicklungsprojekte in Portugal zu berichten. Dort ist zu jenem Zeitpunkt noch die faschistische Junta an der Macht. Die Schweizer finden wenig Stoff für gute Reportagen und lenken ihren VW-Bus bereits wieder Richtung Heimat. Da werden sie am 25. April 1974 von der friedlichen „Nelkenrevolution“ überrascht: Das portugiesische Militär hat sich gegen die Diktatur erhoben. Plötzlich haben die Journalisten viel zu tun. Privat stellen sie erfreut fest, dass so eine Revolution sehr erotisch sein kann.

Stets aufnahmebereit: Reporter Cauvin (Michel Vuillermoz) bei der Arbeit © Thimfilm

DIE STARS: Die Schauspieler von „Les Grandes Ondes“ sind im frankophonen Sprachraum bekannter als bei uns. Valérie Donzelli und Michel Vuillermoz, die Darsteller der Reporter, zählen zu den Stützen des französischen Films. Patrick Lapp, ihr Tontechniker und Chauffeur, ist ein Schauspieler und Radiomoderator aus der Schweiz. Regisseur Lionel Baier drehte mit „Les Grandes Ondes“ seinen vierten Spielfilm. 

Die Reporterin Julie (Valérioe Donzelli) entdeckt die sinnliche Seite der Revolution © Thimfilm

DIE KRITIK: „Hört ihr denn nie Radio?“ fragen die belgischen Reporter entgeistert. Eine peinliche Frage, wenn sie sich an Radio-Profis richtet. Aber die Schweizer Journalisten Julie (Valérie Donzelli) und Cauvin (Michel Vuillermoz) müssen in „Les Grandes Ondes“ zugeben: Sie haben da etwas überhört.
Es ist der 25. April 1974, und in Portugal ist Revolution. Das Militär vertreibt die faschistische Junta von der Macht. Geschossen wird wenig. Es fliegen kaum Kugeln aus den Gewehrläufen, stattdessen werden von den Bürgern rote Nelken in die Gewehrläufe der Soldaten gesteckt. Daher der bis heute geläufige Name „Nelkenrevolution“.
Die Komödie, die der Schweizer Regisseur Lionel Baier rund um diese Ereignisse gestrickt hat, verführt vom ersten Moment an zum Schmunzeln.
Zunächst ist man Zeuge, wie engstirnig und kleinkariert es im Schweizer Radio des Jahres 1974 zugeht, wenn dort ein spießiger, aber mächtiger Mandatar seine Befehle an die Redaktionsleitung ausgibt.
Dann steigt man mit den Reportern Julie (eine abenteuerlustige und lustvolle Karrieristin) und Couvin (ein hartgesottener und eingebildeter Veteran) ins Flugzeug nach Lissabon, wo schon der kauzige Chauffeur und Ton-Mann Bob mit seinem Dienstfahrzeug auf die beiden wartet.
Weil es dem Film gut tut, sind die beiden Journalisten eher Konkurrenten als Kollegen. Und dem Film tut es auch gut, dass die beiden an ihrem Reportage-Auftrag scheitern: Schweizer Entwicklungsprojekte in Portugal? Davon ist kaum etwas zu finden. Statt dessen  schrecken die Reporter verschlafene Einheimische auf, die mit Schweizer Hilfsgeldern möglicherweise ein bissl korrupt umgegangen sind. Oder die zu offenem Rassismus neigen. Eine von der Schweiz finanzierte Neubausiedlung entpuppt sich als potemkinsches Dorf: Das einzige, was dort steht, ist eine verwitterte Plakatwand.
„Les Grandes Ondes“ streut mit bösartiger Freundlichkeit Pointe um Pointe aus, was den Kinobesuch zum Vergnügen macht. Doch wenn dann die Revolution ausbricht, verliert die Satire an Biss. Da lässt sich der Film von der Freude über die neu errungene Demokratie mitreißen.
Gewiss, es ist ziemlich komisch, wenn der Reporter Couvin mit seinem laut vorgetragenen pseudo-portugiesischen Kauderwelsch zu einem kleinen Volkshelden der Revolution wird. Doch wenn dann ein nächtlicher Demonstrationszug als Musical-Tanzszene mit Gershwin-Musik endet, wird die Farce sehr surreal.
Trotzdem: „Les Grandes Ondes“ ist ein  feiner Film, der das Politische und das Private auf sehr charmante und präzise Weise vermengt.
 
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die feinsinnigen Polit-Komödien etwas abgewinnen können.






Trailer
LÄNGE: 84 min
PRODUKTION: Schweiz 2013
KINOSTART Ö: 17.07.2015
REGIE:  Lionel Baier
GENRE: Komödie


BESETZUNG
Michel Vuillermoz: Cauvin
Valérie Donzelli: Julie
Patrick Lapp: Bob
Francisco Belard: Pelé