Jugend ohne Gott

Literarische Leichenfledderei


FilmClicks:
Die Kontrahenten: Titus (Jannik Schümann, li.) und Zach (Jannis Niewöhner) © Constantin
DIE STORY: „Jugend ohne Gott“ basiert zwar auf dem gleichnamigen Roman von Ödön von Horvath (1901 – 1937), ist aber in der näheren Zukunft angesiedelt.
Junge Menschen aus gut situierten Elternhäusern werden in ein Camp im Wald geschickt. Dort wird ihnen ein Chip eingepflanzt und sie müssen gegeneinander in Wettkämpfen antreten. Nur die Besten qualifizieren sich für ein Studium an einer angesehenen Uni.
Das Regime ist hart, es gelten eiserne Regeln. So darf kein Kontakt zu jungen Leuten aufgenommen werden, die illegal im Wald leben. Aber dann geschieht ein Unglück und jeder muss sich selbst befragen, was er oder sie bereit ist, für den Erfolg zu geben.              

Fahri Yardim (re.) als Lehrer ist die moralische Instanz des Films © Constantin

DIE STARS: „Jugend ohne Gott“ vermag vor allem beim Ensemble zu punkten. Jannis Niewöhner, Jannik Schümann, Fahri Yardim, Anna Maria Mühe, Emilia Schüle, Iris Berben und andere mehr: Bis in kleine Rollen hinein ist dieser Film gut besetzt.

DIE KRITIK: Man kann es nicht anders sagen. Es war keine besonders gute Idee, den Roman von Ödön von Horváth gegen den Strich zu bürsten und mit neuen Inhalten zu bestücken. Als das Werk 1937 erschien, war es eine hervorragend gelungene Parabel auf den Faschismus. Ein Lehrer verzweifelte an sich und seinem Glauben an Gott.
Das Team um Regisseur Alain Gsponer (der 2015 mit „Heidi“ zeigte, wie grandios er Klassiker entschlacken und auf ihren Ursprung zurückführen kann) verhebt sich leider grandios bei dieser Neudeutung. Nicht eine Sekunde ist dieser Film eigenständig. Hier wird ganz kräftig nach Hollywood geschielt. Das große Vorbild heißt „Die Tribute von Panem“.
Hier wie da treten Jugendliche gegeneinander an. Dass es bei Horváth nur in zweiter Linie um die Jugend geht, nimmt der Film in Kauf. Sollen doch hier mit schicker Optik junge Menschen ins Kino gelockt werden. Ein Lehrer als Hauptheld wie im Original erschien (obwohl Fahri Yardim als moralische Instanz überragend spielt) wohl nicht sexy genug,
All das hätte vielleicht irgendeinen Sinn ergeben, wenn man den Titel geändert und sich nicht auf den Buch-Klassiker bezogen hätte. Das hätte den Film, der seine Botschaften ständig laut herausschreit, nicht besser gemacht. Aber der Geruch der literarischen Leichenfledderei wäre nicht ganz so penetrant.                        
 
IDEAL FÜR: Menschen, die sich gern düstere Zukunfts-Visionen im Kino anschauen. 






Trailer
LÄNGE: 114 min
PRODUKTION: Deutschland 2017
KINOSTART Ö: 01.09.2017
REGIE:  Alain Gsponer
ALTERSFREIGABE: ab 14


BESETZUNG
Fahri Yardim: Lehrer
Jannis Niewöhner: Zach
Jannik Schümann: Titus
Emilia Schüle: Ewa
Anna Maria Mühe: Loreen
Iris Berben: Direktorin