Inside Llewyn Davis

Musik, Tiefschläge und der Traum vom Ruhm


FilmClicks:
Zwei Männer und ihre Gitarren: Oscar Isaac (li.) und Justin Timberlake in „Inside Llewyn Davis“ © Studiocanal
DIE STORY: Der junge Folkmusiker Llewyn Davis (Oscar Osaac) zieht 1961 durch das winterliche New York:  Von Bühne zu Bühne, aber auch von Schlafplatz zu Schlafplatz, denn eine eigene Wohnung kann er sich nicht leisten. Die Hauptfigur von „Inside Llewyn Davis“, dem neuen Film der Coen Brothers, hat definitiv Talent, aber keine Fortüne. Llewyn beherrscht es meisterhaft, künstlerische Chancen zu vermasseln und Sympathisanten gegen sich aufzubringen. Selbst die Katze, mit der er unterwegs ist, läuft ihm bei jeder Gelegenheit davon.
DIE STARS: Der 33-jährige Oscar Isaac, bisher auf Nebenrollen festgelegt, spielt (und singt!) als Llewyn Davis mit so viel dunkler Leidenschaft und Sensibilität, dass viele Beobachter  bei diesem Oscar schon den Oscar-Alarm auslösen. Rund um ihn herum haben die Coens ein Elite-Ensemble versammelt. Justin Timberlake ist köstlich als vollbärtiger Folk-Barde,  Carey Mulligan begeistert mit blitzend-zornigem Temperament. John Goodman und Garrett Hedlund sind sehr eigenwillige Insassen eines Autos, mit dem Llewyn eine Spitztour nach Chicago unternimmt.
KURZKRITIK: „Inside Llewyn Davis“ ist der bisher sanfteste Film von Joel & Ethan Coen. Die Filmemacher begleiten ihren glücklosen Barden voll Sympathie  durch die New Yorker Folk-Szene, ohne ihm jedoch zum Erfolg zu verhelfen.  Natürlich sind die Dialoge randvoll mit dem Coen-typischen dunklen Humor. Der Film schaut prächtig aus, ist glorios gespielt und steckt voller Gedanken über den Zusammenhang von Kunst, Talent und Glück. Wenn man in einer Szene den jungen Bob Dylan singen hört, ahnt man, was aus einem Mann wie Llewyn Davis alles hätte werden können…
IDEAL FÜR: alle Coen-Fans, Folk-Fans, Justin-Timberlake-Fans und für  jene Zeitgenossen, die davon träumen, in ihrem Metier den großen Durchbruch zu schaffen.
FilmClicks Kritik. New York, 1961. Der junge Folksänger Llewyn Davis (grandios: Oscar Isaac) hat gerade einen Auftritt im Gaslight Café in Greenwich Village absolviert, als er draußen vor der Tür von einem Mann abgepasst wird. Der schlägt ihn übel zusammen.
 
Warum der arme Llewyn ein blaues Auge bekommt, ist nicht so wichtig. Doch der Faustangriff setzt den Grundton für den ganzen Film: Tiefschläge sind das tägliche Brot für den Mann mit der Gitarre, der ansonsten nicht viel zu beißen hat. Als wahrer und kompromissloser Bohemien lebt er nur für die Kunst, die ihm das freilich nicht honoriert. Der bettelarme Musikant muss praktisch jede Nacht eine neue Bleibe suchen. Die Karriere-Aussichten sind mies. Obendrein vergrätzt er mit sexueller Flatterhaftigkeit (sprich Untreue) und rustikaler Motzerei all jene, die ihm wohlgesonnen sein könnten.       
 
Das klingt nach einer ziemlich tristen Story und ist doch ein Film voller Charme, dunklem Witz und Feingefühl. Eine typische Coen-Produktion halt. Die Filmemacher-Brüder, die für „Fargo“ und „No Country For Old Men“ schon vier Oscars gewannen, lassen sich mit klarem Blick, distanzierter Herzenswärme und einem Strauß voller Überraschungen auf jene Musik-Ära ein, an deren Ende der Aufstieg von Bob Dylan stand.

Überraschungen? Da ist zum Beispiel die Sache mit der Katze, die sich als Running Gag durch den Film zieht. Als wäre Llewyn nicht genug vom Leben gebeutelt, muss er sich auch noch mit einer entzückenden Katze abplagen, die ihm weder gehört noch auf ihn hört. Die Katze huscht durch die Tür, als der Sänger einen seiner Schlafplätze verlässt. Und da er keinen Schlüssel zu der Wohnung besitzt, muss Llewyn sie mitnehmen. Keine leichte Aufgabe:  eine Sekunde  Unaufmerksamkeit, und das Vieh ist wieder weg.
 
Llewyn Davis (Oscar Isaac) und seine Katze in der U-Bahn von New York © Studiocanal

Voller Überraschungen steckt auch der Auftritt von Justin Timberlake. Wer den Mann als smarten Popstar liebt,  wird kichern und staunen.  Denn Timberlake ist als männlicher Part des Folk-Duos Jim and Jean (die weibliche Hälfte spielt Carey Mulligan) derart perfekt in Pullover und Vollbart verpackt, dass man ihn höchstens an seiner Stimme erkennt. Wenn er dann mit unübertrefflicher Bravheit und Temperamentlosigkeit den Folk-Hadern „500 Miles“ anstimmt, ist das zugleich eine Satire und eine Liebeserklärung an die Wanderklampfen-Ära.
 
Trotz  Timberlake, trotz Carey Mulligan und trotz John Goodman, der sich durch eine schräge Episodenrolle wuchtet: Der Film gehört Titeldarsteller Oscar Isaac. Der 33-Jährige, der hier seine erste ganz große Rolle spielt,  legt den Folk-Barden Llewyn Davis als Mann mit extrem rauer Schale und extrem weichem Kern an. Man erlebt einen rastlosen Künstler, der jede Niederlage wegzustecken scheint und der ohne die geringsten Zugeständnisse seinem Metier treu bleibt. Obendrein kann Isaac/Llewyn hinreißend singen.

Fazit: „Inside Llewyn Davis“ ist ein faszinierender Musikfilm, der die Freuden und Härten des Künstlerlebens stimmig ins Bild rückt und der zeigt, wie verschlungen die Wege zu einem Platz im Rampenlicht sind. Die Welt ist voll von Begabungen wie (dem fiktiven) Llewyn Davis: Sie haben das Talent zu einer großen Karriere, müssen jedoch irgendwann ihr Scheitern akzeptieren. Und sei es nur deshalb, weil ihnen ein Quäntchen Glück fehlt oder weil der Zufall nicht an ihrer Seite steht.

 





Trailer
Interview
„Wir wollten einen Film über einen talentierten Loser drehen“
Joel & Ethan Coen bringen mit „Inside Llewyn Davis“ einen hinreißenden Musikfilm über einen erfolglosen Folkmusiker ins Kino, der kurz vor Beginn der Dylan-Ära an seinen eigenen Karriere-Träumen scheitert. FilmClicks traf die Coens zum Interview in London. Mehr...
LÄNGE: 105 min
PRODUKTION: USA 2013
KINOSTART Ö: 06.12.2013
REGIE:  Joel Coen, Ethan Coen
GENRE: Drama, Musikfilm
ALTERSFREIGABE: ab 6


BESETZUNG
Oscar Isaac: Llewyn Davis
Carey Mullligan: Jean
Justin Timberlake: Jim
John Goodman: Roland Turner