Ich war noch niemals in New York

Evergreens, Klamauk und Kitsch


FilmClicks:
Jetzt sind sie doch in New York: Das Film-Ensemble in den (Studio-)Straßen von Manhattan © Universal
GESAMTEINDRUCK: „Ich war noch niemals in New York“ ist ein sehr schriller Schwank, der auf dem gleichnamigen Musical beruht und somit viele Lieder von Udo Jürgens zu Gehör bringt.
 
DIE STORY: Die TV-Moderatorin Lisa Wartberg (Heike Makatsch) hat ein Problem. Ihre Mutter (Katharina Thalbach) verlor bei einem Sturz das Gedächtnis, entert jedoch, beseelt vom plötzlichen Wunsch, einmal nach New York zu kommen, als blinde Passagierin einen Dampfer nach Amerika. Lisa hetzt mit ihrem Stylisten Fred (Michael Ostrowski) hinterher. Doch während sie die Mama vom Boot holen wollen, legt das Schiff ab. Alle drei sind nun zu einer Seefahrt verdonnert – und auf hoher See wird ihr Sehnen nach Zweisamkeit geweckt. Lisa verliebt sich in einen Professor (Moritz Bleibtreu), Mutter Maria in einen alten Bekannten (Uwe Ochsenknecht) und Fred in den Schiffs-Zauberkünstler (Pasquale Aleardi).

Eine Seefahrt, die ist lustig: High Life auf dem Dampfer nach Amerika © Universal

DIE STARS: Der Star dieses Film-Vehikels ist natürlich der 2014 verstorbene Udo Jürgens, dessen Evergreens schon das Bühnenmusical „Ich war noch niemals in New York“ zum großen Hit machten. Regisseur Philipp Stölzl („Der Medicus“) versammelte ein Ensemble voll bekannter Namen: Der Film gibt dem Publikum die seltene Gelegenheit, Schauspieler wie Heike Makatsch, Moritz Bleibtreu, Katharina Thalbach oder Michael Ostrowski singen zu hören.

Hoch die Beine: Uwe Ochsenknecht und Katharina Thalbach tanzen auf dem Tisch © Universal

DIE KRITIK: Wer das Bühnenmusical „Ich war noch niemals in New York“ gesehen und vielleicht auch geliebt hat, wird sich bei der Filmversion erstaunt die Augen reiben. Der Titel und auch die Grundstruktur blieben zwar unverändert, doch ansonsten wurde das Stück fürs Kino entkernt und neu aufgebaut.
Die Bühnenproduktion war eine Hommage an Udo Jürgens. Die Hits des Schlager-Granden, von „Merci, Chérie“ über „Griechischer Wein“ bis „Siebzehn Jahr, blondes Haar“, dienten als flott arrangierte Höhepunkte der Show. Eine harmlose und heitere Seefahrts-Romanze (geschrieben von Gabriel Barylli und Christian Struppeck) lieferte den dünnen Handlungsfaden, an dem die Lieder aufgefädelt wurden.
Im Film rücken die Songs vergleichsweise ein wenig in den Hintergrund – schlicht und einfach deswegen, weil die Story mehr Bedeutung gewinnt. Das Dumme ist nur, dass die Story wenig Bedeutung hat:
Auf der Leinwand geht es um Eitelkeiten und Karriere, um kleine Lügen und Betrügereien, um Träume und Sehnsüchte -  und natürlich um die Liebe, die Liebe und nochmals um die Liebe. Doch die Dialoge besitzen nicht mehr Substanz als die deutschen Lustspiele aus den Fünfziger oder Sechziger Jahren, die Samstag nachmittags gern im Fernsehen ausgestrahlt werden.
Die Figuren sind sehr eindimensional gezeichnet – die zickige Moderatorin, der tuntige Stylist, der schleimige alte Charmeur. Die Darsteller verwenden bewundernswert viel Energie darauf, mit derbem Spiel noch eins draufzusetzen. Man sieht also hochbegabten Knatterchargen zu, die die Sensibilität, die sie in vielen anderen Rollen gezeigt haben, diesmal in der Garderobe lassen.
Es gibt noch einen zweiten Grund, warum die Musik von Udo Jürgens im Film nicht so stark zur Geltung kommt wie auf der Bühne: Statt ausgebildeten Musical-Sängern hat man Schauspieler engagiert, deren Sangeskünste (auch nach eigenem Bekunden) teilweise eher amateurhaft sind.
Uwe Ochsenknecht und Pasquale Aleardi, die viel Gesangs-Erfahrung haben, seien hier ausdrücklich ausgenommen. Aber wenn Moritz Bleibtreu, Michael Ostrowski oder Heike Makatsch zu singen beginnen, dann merkt man plötzlich, wie anspruchsvoll die Evergreens von Udo Jürgens sein können. Weil die Darsteller, höflich ausgedrückt, daran scheitern, der Qualität der Songs gerecht zu werden.
Regisseur Philipp Stölzl sorgt für ansehnliche Tableaus an Bord des Dampfers oder in den Straßen von New York, wo das große Ensemble exaltiert, aber erfrischend seine Lebensfreude preist. Der Wiener Kameramann Thomas Kiennast fängt knallbunte und pralle Bilder ein. Doch unterm Strich sitzt man hier in einem aus der Zeit gefallenen Schwank mit einigen schweren Kitsch-Elementen, der trotz allen Klamauks so kreuzbrav und spießig wirkt, als hätte er schon etliche Jahrzehnte auf dem Buckel.
 
IDEAL FÜR: Udo-Jürgens-Fans, die gnädig über die musikalischen Schwächen des Films hinwegsehen.






Trailer
LÄNGE: 129 min
PRODUKTION: Deutschland / Österreich 2019
KINOSTART Ö: 17.10.2019
REGIE:  Philipp Stölzl
GENRE: Komödie|Musikfilm
ALTERSFREIGABE: jugendfrei


BESETZUNG
Heike Makatsch: Lisa Wartberg
Katharina Thalbach: Maria Wartberg
Moritz Bleibtreu: Axel Staudach
Uwe Ochsenknecht: Otto
Michael Ostrowski: Fred
Pasquale Aleardi: Costa
Andreja Schneider: Edita
Stefan Kurt: Kapitän

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