Die Dohnal

Freundlich, aber unbeugsam: Die große Frauenpolitikerin Johanna Dohnal


FilmClicks:
Sie setzte im Frauenrecht viele Reformen durch, die heute selbstverständlich sind: Johanna Dohnal © Elfie Semotan
GESAMTEINDRUCK: Der Dokumentarfilm „Die Dohnal“ ist ein eindrucksvolles Porträt der österreichischen Politikerin Johanna Dohnal, die, vor allem in ihrer Zeit als Regierungsmitglied (1979 – 1995), die Frauenpolitik des Landes neu definierte und eine Vielzahl wichtiger Reformen durchsetzte.  

Bürgernähe: Johanna Dohnal bei einer Sprechstunde mit einer Wählerin © Filmdelights

DIE STARS: Die Wienerin Johanna Dohnal (1939 – 2010) stammte aus kleinen Verhältnissen, lernte den Beruf einer Industriekauffrau und trat bereits mit 17 Jahren in die SPÖ ein. 1972 wurde sie zur Landesfrauensekretärin der Wiener SPÖ ernannt. Bundeskanzler Bruno Kreisky berief Dohnal 1979 als Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen in die Bundesregierung. 1990 wurde sie zur ersten österreichischen Bundesministerin für Frauenangelegenheiten ernannt – eine Position, die sie bis 1995 innehatte. Nach dem Ende ihrer Regierungstätigkeit bliebt sie weiterhin in der Frauenpolitik hochaktiv.
Sabine Derflinger, Jahrgang 1963, zählt zu den renommiertesten österreichischen Filmregisseurinnen. Ihr Spektrum reicht von Serien-Hits wie „Vorstadtweiber“ (zehn Episoden) oder „Die Füchsin“ bis zu Dokumentationen wie „Geraubte Kindheit“, „Schnelles Geld“ oder jetzt „Die Dohnal“.

Erinnerung: Dohnal-Gefährtin Annemarie Aufreiter mit einem Porträt der Politikerin © Filmdelights

DIE KRITIK: „Aus taktischen Gründen leise zu treten, hat sich noch immer als Fehler erwiesen“, lautete einer der Leitsätze von Johanna Dohnal. Nach diesem Prinzip handelte die Politikerin, die den Ehrgeiz (und die Fähigkeit) hatte, große Frauenthemen auf die Regierungs-Agenda zu setzen und anschließend in Gesetzesform gießen zu lassen.
Regisseurin Sabine Derflinger zeichnet in „Die Dohnal“ das Bild einer freundlichen und zugleich unbeugsamen Frau, die sich allen Widerständen (auch in der eigenen Partei) zum Trotz auf einer lebenslangen Mission befand, die Position der Frauen in Österreich zu verbessern.
Wie viel hier vor 40 Jahren noch zu tun war, erfährt man in zahlreichen Rückblenden nicht nur durch Volkes Stimme („Karenzurlaub für Männer? Des is a Bledsinn!“) und durch die rechtschaffen reaktionären Positionen von Macho-Mandataren aller politischen Lager. Es sollte bis in die Neunziger Jahre dauern, dass auf Dohnals Initiative wichtige (und heute selbstverständliche) Reformen beschlossen wurden: Die Aufhebung der Amtsvormundschaft bei ledigen Müttern etwa, das Diskriminierungsverbot am Arbeitsplatz oder das gesetzliche Verbot sexueller Belästigung.  
„Die Dohnal“ ist eine mitreißende Doku, in der man nach einem etwas holprigen Start (zu Beginn geht es um Johanna Donahls unfreiwilligen Abschied aus der Regierung 1995) der Politikerin, ihren Gedanken und ihrer Lebenswelt sehr nahe kommt. Je länger der Film dauert, umso eindrucksvoller und vielschichtiger wird das Porträt. Man begegnet einer Kämpferin und Humanistin, die mit beharrlicher Engelsgeduld ihren Weg ging, jedoch keinem Konflikt auswich: „Nur eine Frauenorganisation, die lästig ist, hat eine Existenzberechtigung.“
Sabine Derflinger lässt in vielen geschickt montierten Rückblenden Johanna Dohnal selbst zu Wort kommen (ein erheiternder Nebeneffekt ist der Blick auf die aus heutiger Sicht schaurig biedere Mode der Achtziger und Neunziger Jahre). Aktuelle Interviews mit WegbegleiterInnen der Politikerin verleihen dem Film zusätzliche Power.
Starke Frauen wie Alice Schwarzer oder Emmy Werner, die langjährige Direktorin des Volkstheaters Wien, erläutern ihre Sicht auf die Protagonistin. Aus der Politik begegnet man unter anderem Ex-Kanzler Franz Vranitzky und Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina. Sehr privat wird es bei den Interviews mit Johanna Dohnals Tochter Ingrid und, vor allem, mit der Ex-Politikerin und Aktivistin Annemarie Aufreiter, Dohnals Lebensgefährtin.   
Fazit: „Die Dohnal“ ist eine rundum gelungene, informative und zugleich sehr emotionale Dokumentation, die einer großen Politikerin ein lang verdientes filmisches Denkmal errichtet.

IDEAL FÜR:  alle FilmfreundInnen, die mehr über die Entwicklung Österreichs in den Jahrzehnten seit 1980 erfahren wollen – in diesem Fall anhand des so bedeutenden Themas der Frauenpolitik und deren wichtigster Vorreiterin Johanna Dohnal.






Trailer
LÄNGE: 108 min
PRODUKTION: Österreich 2019
KINOSTART Ö: 14.02.2020
REGIE:  Sabine Derflinger
GENRE: Biografie|Dokumentation
ALTERSFREIGABE: jugendfrei


BESETZUNG
Johanna Dohnal: sie selbst