Die Augen des Engels

Das Leben, der Mord und das Scheitern


FilmClicks:
Recherche in Sachen Mord: Der Filmemacher (Daniel Brühl) und die Journalistin (Kate Beckinsale) © Filmladen
DIE STORY: Das kunstvoll verschachtelte Drama „Die Augen des Engels“ folgt locker einem realen Fall, der weltweit Schlagzeilen machte. Es geht um den Prozess gegen die US-Amerikanerin Amanda Knox, die ja jüngst freigesprochen wurde. Im Verfahren gegen sie – es wurde Anklage wegen Mordes an der Austausch-Studentin Meredith Kercher erhoben – war schnell die Rede vom „Engel mit den Eisaugen“.
Der britische Ausnahme-Regisseur Michael Winterbottom („24 Hour Party People“, „Ein mutiger Weg“) ist aber nicht an einem Doku-Drama interessiert. An Hand der Figur des Filmemachers Thomas (Daniel Brühl) zeigt er, wie man sich in all den Fakten und Mutmaßungen zu dem Mordfall verlieren kann. Thomas, der den Fall zur Basis für einen neuen Film machen will, droht grandios zu scheitern.   

Ein spannendes Gespann: Daniel Brühl und Cara Delevigne © Filmladen

DIE STARS: Respekt Daniel Brühl! So unfassbar schlecht – versoffen und neben der Spur - sah schon lange kein Schauspieler auf der Leinwand mehr aus. Hat einen guten Grund. Denn Brühl spielt sehr souverän den deutschen Filmemacher Thomas, der nach Italien kommt, um dort als Auftragswerk einen Film über den Mordprozess zu machen. Aber er verliert sich in Betrachtungen über sein eigenes Leben und Scheitern.
An seiner Seite bleibt Kate Beckinsale als Journalistin Simone Ford eher unauffällig. Der wahre Hingucker des Films aber ist das Model Cara Delevigne als Studentin Melanie, die Thomas einen Teil des Weges begleitet. Demnächst – und das mit gutem Recht – wird man sie öfter im Kino zu sehen bekommen.   
 
DIE KRITIK: Gerichtsfilme haben die Eigenart, dass sie selten das halten, was man sich von ihnen verspricht. Insofern ist es nur recht, dass  Michael Winterbottom mit seinem Statement zum Prozess gegen die Amerikanerin Amanda Knox (im Film heißt die Angeklagte Jessica Fuller) in eine Richtung geht, die man nicht erwarten durfte. Und die sicher auch etliche Zuschauer vor den Kopf stoßen dürfte.
Winterbottom nimmt zwar den spektakulären Prozess zum Aufhänger seines Films. Aber nicht viel mehr. Er macht sehr zeitig deutlich, dass es ihm um etwas anderes geht.
Schnell wird Thomas (Daniel Brühl) eingeführt, ein deutscher Regisseur, der mit einem Filmerfolg mal seine „15 Minuten Ruhm“ hatte. Aber nun hat sich seine mittlerweile beim Fernsehen sehr erfolgreiche Frau von ihm getrennt und lebt mit dem gemeinsamen Kind in den USA.
Thomas bräuchte eigentlich Zeit für seine Familie. Aber um seine Karriere wieder anzuschieben, akzeptiert er das Angebot, nach Italien zu fliegen und dort zu schauen, ob der Mord-Prozess nicht Thema seines neuen Films sein könnte.
Recht bald merkt Thomas, dass sein Interesse eher beim Mordopfer als bei der Angeklagten liegt und dass er jede Menge Fragen zu Schuld und Sühne, Vergeben und Vergessen und der ewig währenden Liebe hat.
Als ob das nicht  ausreichen würde, kehrt Autor/Regisseur Winterbottom auch den Bildungsbürger heraus und spickt die Geschichte mit Andeutungen auf Leben und Werk des legendären Dichters – und Höllenbesuchers – Dante Alighieri.
Dieser Mix bietet alle paar Minuten neue Anregungen, über die man trefflich grübeln könnte. Da aber Winterbottom auch noch die Geschichte der Journalistin Simone Ford (Kate Beckinsale) und der Studentin Melanie (Cara Delevigne) einbindet, entsteht ein Wust an Informationen und leider kein organischer Film, den man genießen könnte.
Doch viele der angesprochenen Themen – von „Warum interessieren sich immer alle Menschen für Gewalt?“ bis „Warum bekommen Kriminalfälle in unserem Leben eine derart große Aufmerksamkeit?“ – sind es wert, darüber zu diskutieren.                  
 
IDEAL FÜR: Kinogänger, die das Experiment lieben und sich im Kino jenseits der ausgetretenen Pfade gern mal überraschen lassen.






Trailer
LÄNGE: 101 min
PRODUKTION: Italien / Großbritannien 2014
KINOSTART Ö: 22.05.2015
REGIE:  Michael Winterbottom
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Daniel Brühl: Thomas
Kate Beckinsale: Simone Ford
Cara Delevingne: Melanie