Der Fall Collini

Hochspannung und ein Justiz-Skandal


FilmClicks:
„Der Fall Collini“: Anwalt Leinen (Elyas M'Barek, re.) und sein Mandant Collini (Franco Nero) © Constantin
GESAMTEINDRUCK: „Der Fall Collini“ ist ein großartiger Gerichts-Thriller mit Elyas M’Barek und zugleich eine Lehrstunde über die Versäumnisse der Vergangenheit.
 
DIE STORY: Der junge Anwalt Caspar Leinen (Elyas M’Barek) wird als Pflichtverteidiger im „Fall Collini“ eingesetzt. Der Italiener Fabrizio Collini (Franco Nero) tötet 2001 in einer Berliner Hotel-Suite den Großindustriellen Hans Meyer mit drei Schüssen in den Kopf. Danach lässt er sich festnehmen und schweigt. Egal, wer ihn etwas fragt, Collini äußert sich nicht zu seinem Motiv. Leinen, der das Mordopfer Meyer kannte und deshalb den Fall eigentlich zurückgeben will, beginnt zu recherchieren. Die Spuren führen zu einem der größten Justiz-Skandale der deutschen Nachkriegs-Geschichte.
 
Großartiges Spiel: Nicola Collini (Franco Nero) und Elyas M'Barek (Caspar Leinen) © Constantin

DIE STARS: Elyas M´Barek mag man nach seinen Kino-Hits wie „Fack ju, Göhte“ vielleicht nicht als erstes in der Rolle eines Anwalts im Kopf gehabt haben. Aber er spielt die anfängliche Naivität und die spätere Verbissenheit, den Fall lösen zu wollen, einfach grandios.
An M’Bareks Seite agiert ein Ensemble in Bestform. Alexandra Maria Lara als Enkeltochter des Mordopfers Meyer in all ihrer Trauer und später Verwirrung – einfach toll. Heiner Lauterbach als mysteriöser und karrierebewusster Star-Anwalt – abgrundtief fies und doch menschlich. Rainer Bock hat einen kleineren Auftritt als Staatsanwalt – auch sehr gut.
Aber alle werden locker an die Wand gespielt von Italo-Western-Legende Franco Nero. Er redet wenig als Collini, lässt stattdessen seine Augen sprechen. Und die wiederum geben dem Zuschauer das Gefühl, dass dieser Mann alle vorstellbaren Höllenqualen auf Erden erlebt hat. Unvergesslich!

Der Jurist Mattinger (Heiner Lauterbach) versucht, Caspar Leinen zu beeinflussen © Constantin

DIE KRITIK: Als der Jurist und Bestseller-Autor Ferdinand von Schirach 2011 den „Fall Collini“ als Buch herausbrachte (wie immer basierend auf einer realen Geschichte),  da gab es nicht wenige Experten, die unkten, dass das wie ein enorm spannender Thriller geschriebene Buch schon bald auf die große Leinwand kommen würde. Nun hat es doch acht Jahre gedauert. Und das ist vielleicht auch gut so. Denn so wurde aus dem exzellenten Buch eine kongeniale Verfilmung.
Wer den „Fall Collini“ sieht, wird sich an den Kopf fassen, wie so ein Justiz-Skandal bis ins Jahr 2001, in dem der Film spielt, unentdeckt bleiben konnte. Es soll nicht zu viel verraten werden, aber es geht um eine alte Schuld aus dem Zweiten Weltkrieg – und wie man damit in der BRD umgegangen ist.
Im Zentrum der zwei Filmstunden stehen gut 50 Minuten Gerichts-Verhandlung, von denen nicht eine zu viel ist. Regisseur Marco Kreuzpaintner („Krabat“) griff auf ein Prinzip zurück, dass er schon bei seiner Amazon-Serie „Beat“ verwendet hatte: Er ließ den Schauspielern immer wieder freien Lauf. Kreuzpaintner drehte mit drei Kameras; die Schauspieler konnten ihre Szenen minutenlang am Stück spielen, ohne dass jemand „cut“ rief. Das ist dem Fluss des Films wunderbar bekommen.
Kreuzpaintner hat überdies eine sehr elegante Art, seinen Film zu erzählen. In der Romanvorlage spielt die Geschichte in vier Zeitebenen. Hier ist alles etwas entschlackt und findet in dreien statt: 2001, 1991 und 1944. Immer wieder springt der Regisseur zwischen den Ebenen hin und her. Besser gesagt, er springt nicht. Er blendet hin und her. So federleicht, wie man das in den letzten Jahren im Kino nicht gesehen hat. 
„Der Fall Collini“ sollte - wie das jedem hervorragenden Film über Zeitgeschichte zu wünschen ist - nach seiner Auswertung im Kino in möglichst vielen Schulen gezeigt werden. Der kleine Bonus: Da der Superstar Elyas M`Barek die Hauptrolle spielt, ist die Chance groß, dass alle Kids zuschauen. Auch wenn sie das Thema dieses Thrillers mit historischem Hintergrund nicht sofort anspringen mag.
 
IDEAL FÜR: Kinogänger, die spannende und zugleich packende Geschichts-Stunden mögen.






Trailer
LÄNGE: 118 min
PRODUKTION: Deutschland 2019
KINOSTART Ö: 18.04.2019
REGIE:  Marco Kreuzpaintner
GENRE: Drama|Thriller
ALTERSFREIGABE: ab 12


BESETZUNG
Elyas M'Barek: Caspar Leinen
Alexandra Maria Lara: Johanna
Heiner Lauterbach: Richard Mattinger
Franco Nero: Nicola Collini