Greta Gerwig


„Man muss sich seinen Ängsten stellen - erst dadurch wird man lebendig!“

11.09.2013
Interview:  Anna Wollner

„Frances Ha“: Greta Gerwig spielt nicht nur die Hauptrolle. Sie hat auch das Drehbuch geschrieben © Filmladen

„Frances Ha“, die Komödie über New York und Freundschaften, gehört schon jetzt zu den besten Filmen des Jahres 2013. Und die Hauptdarstellerin Greta Gerwig ist eine der schönsten Neuentdeckungen (wenn man sie nicht schon längst kennt aus „Greenberg“ oder „Freundschaft Plus“). Gerwig wirkt in der Begegnung so natürlich und unscheinbar, dass man ihr den Star gar nicht abnehmen will. Und sie will auch auch gar kein Star sein. Das macht sie noch sympathischer. Dabei ist sie nicht nur „Frances Ha“, sondern hat mit ihrem Lebensgefährten, dem Regisseur Noah Baumbach, auch das Drehbuch geschrieben und einen Film geschaffen, der einer ganzen Generation aus der Seele spricht.



„Frances Ha“ handelt vom Erwachsen werden, vom Wohnen und von Freundschaft. Ist die eigene Wohnung ein wichtiger Schritt zum Leben als Erwachsener?
Allein schon die Idee, eine eigene Wohnung zu haben, ist doch mehr als aufregend. Es klingt blöd, fühlt sich aber sehr erwachsen an: man lässt sich nieder. Der Gedanke an eine eigene Wohnung in New York war schon immer mein Traum. Dadurch ist man plötzlich auch ein echter New Yorker. Immerhin muss man ja die Hypothek abzahlen und wird die Stadt also nicht so schnell verlassen. Nein, ehrlich: Wohnungsbesitzer zu sein, stand immer auf der Liste der Dinge, die ich im Leben erreichen will, bevor ich 40 werde.
 
Das zweite große Thema des Films ist Freundschaft. Wie schwierig ist es mit Ende 20, Freundschaften zu pflegen?
Es ist eine sehr prägende Zeit im Leben - jene Zeit, in der die einzig echte Beziehung die zur besten Freundin ist. Es ist eine Beziehung, die natürlich nicht ewig hält. Viele Leute meiner Generation machen das durch. Die beste Freundin ist auf einmal nicht mehr der Mittelpunkt des eigenen Lebens. Bisher war es immer so, dass Freunde kamen und gingen, aber die beste Freundin, die blieb. Eines Tages aber bleiben auf einmal die Freunde, werden zu Ehemännern und Vätern der Kinder. Diese Wandlung der Freundschaft ist hart, man selbst rutscht vom ersten Prioritätenplatz auf den zweiten. Ich erinnere mich selbst noch sehr gut an den Tag, an dem ich meine beste Freundin anrufen musste, um mich mit ihr zum Mittagessen zu verabreden und nicht einfach an der Zimmertür nebenan klopfen konnte. Es ist ein unvermeidbarer Schritt, man muss dieses Erwachsenwerden aber einfach zulassen.
 
Es gibt in Frances Ha“ keine Liebesgeschichte mit einem Mann, dafür aber viele starke Frauenfiguren. Ist das ein neuer Trend in Hollywood?
Ich wollte gar nicht bewusst einen Film machen, in dem keine Liebesgeschichte und kein Sex vorkommen. Es geht in unserer Geschichte eben um Ambitionen und Freundschaften und nicht darum, einen Freund zu kriegen, zu haben und wieder los zu werden. Für Frances sind einfach  andere Dinge wichtig. Im wirklichen Leben von Frauen dreht sich doch auch nicht alles um das Eine. Nehmen wir zum Beispiel „Zero Dark Thirty“, wo eine Frau zur Jägerin von Osama Bin Laden wird. Auf der einen Seite sind solche Filme revolutionär, auf der anderen ist es aber auch deprimierend, weil es eben nicht oft vorkommt, Frauen in solchen Rollen zu zeigen. Mit „Frances Ha“ haben wir eine ähnlich hervorstechende Figur erschaffen.


Haben Sie ähnlich viele Erfahrungen mit dem Umziehen in New York wie Frances?
Ja! Ich weiß gar nicht, wie oft ich in New York schon umgezogen bin.  Ich hasse es. Aber junge Menschen in Manhattan müssen einfach umziehen. Es ist ein ständiger Fluss, Mitbewohner wechseln, man selbst zieht um. Und jeder kennt diesen Moment, in dem ein Freund, der ein gesichertes Einkommen hat, nach einer richtigen Wohnung sucht. Man selbst darf da nicht im Weg stehen. Diesen Moment gibt es einfach im Leben, in dem Freunde sich weiterentwickeln und man selbst diesen Punkt noch nicht erreicht hat.
 

Fühlen Sie sich geehrt wenn Sie über sich selbst lesen, dass sie das Gesicht einer Generation seien?
Immer wenn Frauen Geschichten über Frauen machen und damit auf Coverseiten landen, helfen sie damit auch anderen Frauen. Als Schauspielerin hat man wenig Kontrolle über seine eigene Karriere. Gelegenheiten kommen und gehen, man kann sie nicht alle mitnehmen. Ich hoffe, noch lange spielen zu können. In den nächsten fünf Jahren würde ich aber auch gerne Regie führen und in diese Welt hineinwachsen. Ich will meine eigenen Filme machen. Doch  ich habe auch Angst davor. Dennoch muss man sich seinen Ängsten stellen. Erst dadurch wird man lebendig.
 




Kritik
Frances Ha
Der wunderbarste Film des Jahres kommt endlich zu uns ins Kino. Regisseur Noah Baumbach und Gerwig Gerwig gelingt mit „Frances Ha“ das Porträt einer Generation, die von den Medien schon abgeschrieben wurde.  Der Film erzählt von der Angst, erwachsen zu werden, und gleichzeitig das Erwachsenwerden zu verpassen. Mehr...